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Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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Emailschüsseln und sechs Holzlöffel vom Töpfermarkt besorgt hatte, teilte sie ihren künftigen Schülern mit, morgen Nachmittag beginne der Unterricht, allerdings ohne Benutzung der mechanischen Geräte. Damit rief sie allgemeine Empörung hervor - non, dafür nähmen sie sich den Nachmittag nicht frei, meuterten die beiden Künstler, und Leonardo wie auch Carlo und Nicola verdeutlichten ihr mit Blicken, das sei unzumutbar. Auf diese Reaktion war Lucia eingestellt. "Wer trotzdem kommen will, bringt sich bitte einen Hocker mit", sagte sie nur, wandte sich um und verließ das Atelier.
Ihr Ton war unbeabsichtigt resolut ausgefallen. Was sie keineswegs bereute, da sie sich von vorneherein bei ihnen durchsetzen will, sie, den sie bisher nur als ihren Garzone mit Burschenpflichten gekannt hatten und nun als Lehrer kennen lernen sollen. Vor allem will sie den bevorstehenden Unterricht lebendig und interessant gestalten, für jeden, angefangen bei Salai bis hoch zu Leonardo, wobei es entscheidend auf den ersten Tag ankommen wird.
Deshalb ließ sie sich am Abend in ihrer Suite nochmal genau durch den Kopf gehen, was sie sich für morgen vorgenommen hatte. Anschließend peinigten sie die Fragen - und wenn nur die beiden Garzoni erscheinen werden oder gar niemand? Wenn die Künstler gegen ihre Erklärungen aufmüpfen? Wenn ihr die Stimme versagt? - Schluss!, schüttelte sie dann diese Angstgedanken ab und summte zum Ablenken das Lied von den fröhlichen Malergesellen.
    Auf Leonardos Anordnung erschienen am kommenden Nachmittag alle Sechs im Labor, was Lucia momentan Auftrieb verlieh. Und wie sie dann auf ihren mitgebrachten Hockern im Halbkreis vor ihr saßen und erwartungsvoll zu ihr hochblickten, gewann sie zudem Sicherheit.
Nach ein paar Begrüßungsworten begann sie: "Bei jeglicher Farbherstellung geht es grundsätzlich um drei Faktoren - die Rohsubstanzen, das Wissen um die Verbindungsmöglichkeiten dieser Substanzen und schließlich die Fähigkeit, diese Verbindungen zustande zu bringen. Heute wollen wir Temperafarben fabrizieren, da die sich zum Erlernen von Farbherstellung am besten eignen, denn Tempera leitet sich von temperare ab - und das heißt, Salai?"
"Das heißt bewegen - no, verbinden? Auch nicht, mischen heißt das, mischen!"
"Richtig", lächelte sie ihm zu, "mischen, und das soll heute unser Hauptthema werden. Doch zunächst zurück zu den drei Faktoren, die alle gleichviel Aufmerksamkeit erfordern, wenn wir ein zufrieden stellendes Ergebnis erzielen wollen. Das beginnt mit den Rohsubstanzen. Bei ihnen zählt die Qualität, doch damit haben wir in unserer Werkstatt Glück, da unser Maestro keine Kosten scheut, um nur erstklassige Waren einzukaufen."
Sie legte eine kurze Pause ein, um dieser Aussage Nachdruck zu verleihen, ging dabei zwei, drei Schritte auf und ab und fuhr erst dann fort: "Kommen wir jetzt zu den Verbindungsmöglichkeiten, bei der die Alchimie beginnt. Einige Rohfarben gewinnen wir aus Pflanzen, so das schöne Indigo oder das würdevolle Krapprot, einige wenige sind Tierprodukte, die meisten jedoch sind zermahlene Mineralien, Pigmente genannt, ich erinnere nur an das feurige Zinnober, an Kobalt und Ocker, um nur die geläufigsten zu nennen. Nun kann man diese Rohfarben aber nicht, wie sie sind", sie schaute zu Salai hin, "auf den Malkarton auftragen oder könntest du das?"
Er verneinte lachend, worauf Lucia ihn fragte: "Und was macht man da?"
"Weiß nicht."
Sich verzweifelt an die Stirn fassend, seufzte Lucia: "Mir ist das jetzt auch entfallen. Müssen wir den Maestro fragen - oder dich, Carlo?"
In beide geriet dadurch Bewegung, Carlo setzte zu einer Erklärung an, verhedderte sich jedoch, weshalb Nicola, der großes Interesse zeigte, für Carlo einsprang: "Man vermischt sie mit einer geeigneten Masse, und damit hat man dann Misch-, also Temperafarbe."
Salai staunte über diese gescheite Antwort. und die anderen erheiterten sich darüber, jedenfalls hatte Lucia erreicht, dass alle lebendiger geworden waren.
"Nur stößt man bei dem Vermischen auf Schwierigkeiten", knüpfte Lucia an Nicolas Erklärung an, "weil jede Rohsubstanz ihren eigenen Kopf hat. Genau wie wir Menschen hegen sie untereinander Zu- und Abneigungen, also Anziehung und Abstoßung. Und eben das muss ein Farbhersteller wissen, er muss genau wissen, welche Substanz sich mit welcher verbinden lässt, aber auch, welche Verbindungen ein wünschenswertes Ergebnis zeitigen, da sich einige Farben durch falsches Vermengen unschön

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