Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)
vergisst man sich selbst.
"Lukas, was ist dir?"
"Nichts, es ist nur, verzeih, dass ich mir das zu sagen erlaube, mir fallen solch erstaunliche Parallelen bei uns auf. Und jetzt gehe ich besser ins Malatelier, darf ich?"
Sein Blick wurde zärtlich: "Leider muss ich dir das gestatten."
Leonardo hatte die Transportbegleitung doch selbst übernommen, die dazu notwendigen Vorbereitungen allerdings Bernardino übertragen.
Erst nach drei Wochen kehrte er zurück, und Tags drauf durften endlich nach und nach alle Artisti und Garzoni im Labor unter Lucias Aufsicht jedes Gerät bedienen. Eine aufregende Aktion, bei der niemanden der Höllenlärm störte, der vornehmlich von dem Stampfer ausging - sie bedienten die Geräte, und nur das zählte.
Nachdem sich die Männer lang genug an dem Spektakel ergötzt hatten und die Geräte endlich ruhten, wandelte sich Lucias bislang vorgetäuschte Begeisterung in eine echte. Die gleich darauf zu heller Freude werden soll, denn Leonardo bat jetzt um Gehör und verkündete dann:
"So Leute, und hiermit übertrage ich die Verantwortung für unser Labor alleine unserem Lukas. Das bedeutet gleichzeitig für ihn, dass er zwar Garzone bleibt, aber von Stund an kein Dienstbursche mehr ist, sondern Laborleiter. - Lukas . ,"
". . was sagst du dazu?", ergänzte Giovanni vorwitzig den Satz.
Darüber grinste Leonardo verlegen und verwandte dann eine andere Wortwahl: "Äußere dich bitte dazu."
"Richtiger Laborleiter, mit allen Pflichten und Befugnissen?"
"Naja", erklärte Leonardo schelmisch, "da haben mir doch kürzlich einige angeboten, mir in der Bottega Aufgaben abzunehmen, und davon mache ich jetzt Gebrauch. Oder willst du kneifen?"
Sie schüttelte lachend den Kopf, worauf Leonardo fortfuhr: "Va bene, Lukas. Außerdem bitte ich dich, fortan die Garzoni in die perfekte Herstellung von Öl-, Tempera- und Aquarellfarben einzuweisen, wobei Bernardino, Giovanni und ich, sofern du das gestattest, dann und wann mit zuschauen."
"Will ich auch, will da auch mit zuschauen", meldete sich Salai, worauf Leonardo Lucia fragend ansah und sie zustimmte:
"Aber sicher, das ist doch was für ihn."
Leonardo fügte noch an, Lukas könne diese Unterrichtsstunden ganz nach seinem Ermessen gestalten, er habe volles Vertrauen zu ihm.
Damit war seine Verkündung beendet, die Vorführung der Geräte ebenfalls, doch niemand verließ das Labor, alle blieben stehen, mit der Erklärung, unter diesem neuen Aspekt müssten sie nochmal gründlich die Geräte untersuchen, schließlich könnten sie nicht unvorbereitet den künftigen Unterricht antreten. Diesmal gab Leonardo verständnisvoll nach, und Lucia gestatte er noch, ihren Malplatz ins Labor zu verlegen, um dort unbeeinträchtigt ihre Übungen verrichten zu können.
So war es gekommen, dass Lucia nun in der da Vinci-Bottega über ihr eigenes Reich verfügte, über einen großflächigen Raum, ganz für sic alleine. Betrat man ihn durch die Verbindungstür von Leonardos Atelier her, so erstreckte er sich beidseitig etwa zwanzig Schritt in die Breite, wobei man von dieser Palisandertür aus acht Schritt entfernt auf drei Fenster blickte, vor denen nebeneinander die kupfernen Geräte aufgereiht waren. An der linken Wand befand sich neben dem Ofen die Terrassentür und in der rechten Wand, vor der sich jetzt Lucias Malplatz befand, ein Fenster zur Straße. Damit aber der ausgekachelte Raum etwas behaglicher werde, hatte sich Lucia mit Leonardos Erlaubnis neben ihrem Malplatz mit vier Stühlen und einem Tischchen eine nette Pausenecke eingerichtet.
Nun saß sie in ihrer Pausenecke und schaute sich glücklich um, wobei sie sich nicht denken konnte, dass in Italien ein weiterer Garzone so verwöhnt werde wie sie.
Dem wollte sie auch gerecht werden, weshalb sie sich Gedanken machte, wie sie den von Leonardo gewünschten Unterricht in Farbherstellung gestalten soll. Leonardo, Bernardino und Giovanni verfügten zumindest über die Grundkenntnisse der Farbherstellung, und da Carlo, Nicola und Salai gar nichts davon verstanden, muss sie bei diesem Unterricht drei Halb- und drei Garnichtskönner unter einen Hut bringen. Keine leichte Aufgabe. Schließlich entschied sie, zunächst allen sechs mit anschaulichen Worten die Grundregeln darzulegen, verbunden mit einer einfachen Demonstration, die jeder von ihnen auszuführen hat. Allerdings vorab noch nicht mit den Geräten, sondern per Hand, damit sie das rechte Gefühl dafür entwickeln.
Nachdem Lucia für dieses Vorhaben sechs weiße
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