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Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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erkannten sie weshalb, Leonardo hatte sich fein gemacht. Er trug jetzt einen indigofarbenen Seidenkittel mit rotem Gürtel und eine dunkelblaue Samthose, die Lucia noch nie an ihm gesehen hatte. Und auf seinem Kopf saß, wieder Mal ein typischer Leonardogeck, ein mehreckiger roter Filzhut, von dessen Rand etliche kleine Schellen herabhingen, die bei jeder Kopfbewegung klirrten.
"Oh, là, là, quel beau", schmeichelte Lucia ihm, wissend, dass er französisch sprach, und während er ihr gegenüber Platz nahm, gab er charmant zurück:
"Das bin ich schließlich unserer heutigen Ehrenperson schuldig."
Er schenkte allen Wein ein, und als Nicola feststellte, dass für Salai kein Saft bereitstand, fragte er ihn mit angehobener Ginastimme, welcher denn sein Lieblingssaft sei.
"Himbeer, weißt du doch, Gina", spielte Salai mit, worauf Nicola unter aller Gelächter zur Küche ging, um ihm Himbeersaft zu besorgen.
Carlo, der sich in dem Moment hinzu gesellt hatte, lachte mit und gratulierte Lucia anschließend zu ihrer Ernennung. Da heute jedoch rechts und links neben Lucia Briosco und Aurelio, zwei Künstler der Gießerei, saßen und keiner der beiden daran dachte, für Carlo seinen Platz zu räumen, musste er sich mit der gegenüberliegenden Tischseite begnügen, wobei jeder sein Schmollen darüber ignorierte.
Nun hob Leonardo seinen Becher an: "Ein Hoch auf unseren Lukas!"
Alle prosteten Lucia zu und nahmen einen Schluck oder auch mehrere, Carlo, wie keinem entging, besonders viele. Dann ließ Leonardo vernehmen: "Ihr werdet mir zustimmen, dass einem ungewöhnlichen Maltalent ein entsprechender Künstlername gebührt."
"Si, unbedingt", bestätigten die Künstler, worauf der Maestro vorschlug:
"Signa, Seele, sollte sich Lukas fortan nennen, nicht nur weil er ein Bellesigna ist, sondern mehr noch, weil seine Gemälde aus tiefer Seele herrühren."
Wieder ein Moment, dem Lucia entfliehen wollte, doch alle Anwesenden teilten Leonardos Meinung, stimmten ihm überzeugt zu, und dem konnte sich Lucia nicht entziehen. Am wenigsten, wie Salai jetzt zu ihr trat, nach ihrer Hand griff und ihr erklärte: "Signa ist ein schöner Name für dich, an den wirst du dich schnell gewöhnen. Ich weiß das, weil auch ich so etwas erlebt habe. Mein Taufname lautet nämlich Gian Giacomo Caprotti, aber den hat hier jeder vergessen, weil mir der Maestro den viel schöneren Namen Salai verliehen hat. Verstehst du?"
"Si", lächelte Lucia, "und deine Erklärung überzeugt mich, alleine, weil ich Lukas schon immer unpassend für mich fand. Also, du bist Salai und ich von dieser Stunde an Signa."
"Abgemacht", freute er sich, prostete ihr mit seinem Himbeersaft zu, und Lucia ging darauf ein: "Salute, Salai!"
"Salute, Signa!",
"Salute S i g n a !", prosteten ihr nun auch alle anderen zu, wobei Leonardo durch Wackeln des Kopfes seine Schellen aufklirren ließ - und damit war Lucias neuer Name besiegelt.
Dann wurde Salai auch schon abgeholt.
Im Laufe des noch langen Abends hörte Lucia ihren Künstlernamen immer wieder, jeder sprach sie gerne damit an, wobei ihn der angetrunkene Carlo stets betont aussprach: "S i n n j a."
"Si, ich weiß", reagierte Lucia nach etlichen Malen drauf, "mit langem N und J."
"Richtig und nicht mit K wie Sikna", spielte Carlo auf ihre frühere Sprechweise an, was keineswegs humorvoll klang, eher boshaft, eifersüchtig, entsprechend seines Blickes, mit dem er sie und Leonardo fortwährend bedachte.
Das aber hielt Lucia und Leonardo heute Abend in dieser italienisch fröhlichen Runde nicht davon ab, sich gegenseitig Nettigkeiten zu sagen, oft bis zur Grenze des Flirts, was sie sich als Weitcousins schließlich leisten konnten. Außerdem wussten beide, dass sich Carlo bereits in den nächsten Tagen für sein ungebührliches Benehmen bei ihnen entschuldigen wird.
Es war fast Mitternacht geworden, als die kleine Festa für Lucia und Leonardo einen zärtlichen Ausklang fand. Nachdem alle aufgebrochen waren und die hiesigen Garzoni ihre Stuben aufgesucht hatten, blieben sie im ersten Stockwerk zwischen ihren Wohnungen stehen, Leonardo umfasste mit beiden Händen Lucias Kopf und flüsterte: "Grazie, Signa bella, dass du in unserer Bottega bleibst, du weißt nicht, wie glücklich du mich damit machst. Und jetzt schlaf schön."
"Schlaf auch schön, mein Liebster", wünschte sie ihm, lehnte kurz ihre Stirn an sein Kinn, was einen Schauer in ihm auslöste und zog sich dann in ihre Wohnung zurück.

    An ihren neuen Namen gewöhnte sich Lucia

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