Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)
habe Besuch, Lukas, zwei Signori aus der Schweiz, sie werden in der Gästesuite neben deiner Wohnung übernachten. Nur damit du nicht denkst, es seien Fremde im Haus. - Wo ist denn Carlo?"
"Er begleitet Charlotta nach Hause."
"Ahso", lächelte Leonardo, "einmalig, unser Carlo. Noch etwas, Lukas, ich werde morgen Früh mit den beiden Signori für etwa eine Woche verreisen."
"Grazie, dass du mich darüber informierst."
Er nickte nur und zog sich wieder zurück.
Als dann auch Lucia ihre Wohnung betrat, überlegte sie - es war ungewöhnlich, dass Leonardo jemandem ankündigte, für einige Zeit abwesend zu sein, sollte sie morgen die anderen darüber instruieren? Nein, entschied sie, wenn das in Leonardos Sinn wäre, hätte er sie darum gebeten. Er hatte nur ihr diese Tatsache anvertraut, also wird sie sie für sich behalten.
Am kommenden Morgen geriet sie damit allerdings in Schwierigkeiten. Bernardino und Giovanni hatten gerade ihre frischsauberen Arbeitsplätze eingenommen, als ein Fuhrwerk angepoltert kam, das dann vor dem Palazzo anhielt. Nach Bernardinos Aufforderung sah Carlo aus dem Fenster, was da los sei und berichtete im nächsten Moment aufgeregt: "Ein Fuhrwerk mit Baumaterialien und fünf Handwerkern! Sie bringen die weißen Kacheln für das Farblabor. Klar, der Maestro hat sie schon vor zwei Wochen erwartet, jetzt sind sie endlich da und werden verlegt." Er lief zur Vordertür, wobei er Lucia zurief: "Ich führe die Männer hinters Haus und du holst den Maestro runter!"
"No, das kann ich nicht", widersprach sie, was Carlo nicht mehr hörte, da er bereits zur Tür hinaus hetzte.
Giovanni stand Lucia bei: "Musst nicht zum Maestro gehen, zum Frühstück kommt er von alleine."
Konnte er gar nicht, wusste Lucia, da sie ihn und seine Gäste bereits im Morgengrau den Palazzo hatte verlassen hören. Jetzt saß sie in der Klemme - sollte sie lieber doch preisgeben, was sie wusste? Schließlich hörte man bereits, wie Carlo das Fuhrwerk die Toreinfahrt hoch lotste. Hinter dem Palazzo würde es dann entladen werden, und wenn sich erst danach herausstellte, dass Leonardo nicht hier sei, müsse wahrscheinlich wieder alles aufgeladen und die Leute müssten wieder zurückgeschickt werden. Was nur sollte sie tun?
"Die veranstalten einen Krawall wie eine Kompanie Soldaten", beschwerte sich Bernardino, worauf Giovanni meinte, das werde sicher den Maestro anlocken.
Lucia wurde immer unbehaglicher, doch sie schwieg weiterhin. Der Krawall nahm noch zu, als die Handwerker begannen, unter ständigen Zurufen ihre Materialien zu entladen und sie an den Atelierfenstern vorbei zum Eingang des künftigen Farbherstellungsraums zu schleppen. Die Künstler hatten sich längst ärgerlich von ihren Malhockern erhoben, und da nicht abzusehen war, wann dieses Spektakel ein Ende nimmt, traten auch sie hinaus in den Hofgarten und Lucia hinter ihnen her. Dort sahen sie dann, dass Carlo die Handwerker behandelte, als sei er der Bauherr und gleichzeitig Architekt persönlich.
"Der macht das nicht schlecht", grinste Bernardino über ihn, "dafür kann sich der Maestro nachher bei ihm bedanken."
Sie sahen diesem Treiben noch bis zur Frühstückszeit zu und begaben sich dann ohne Carlo auf die Veranda des Blockhauses an den gedeckten Tisch, wo seit Beginn des Wonnemonds jetzt stets die Mahlzeiten eingenommen wurden. Natürlich warteten die Künstler wie auch der inzwischen hinzugekommene Salai vergeblich auf Leonardo. Dann hatte Lucia die rettende Idee, sie erhob sich: "Der Maestro steht jetzt bestimmt bei Carlo und den Handwerkern, ich werde nachsehen."
Darauf trat sie zum Schein einen Rundgang durch den Hof an, und als sie wieder zurückkehrte, teilte sie den Künstlern mit: "Der Maestro ist gar nicht in der Bottega, sein Wallach steht nicht im Stall und auch die Pferde seiner Besucher nicht. Ist euch das heute Früh bei eurer Ankunft denn nicht aufgefallen?"
Beide verneinten, und Giovanni kombinierte: "Demnach ist er schon gestern mit seinen Freunden fort geritten."
"Und was nun?", fragte Lucia, "müssen wir dann nicht die ganze Aktion hier abbrechen?"
"Tja, was machen wir da", überlegte Bernardino, der ja in Leonardos Abwesenheit die Verantwortung in der Bottega trug. "Hol Carlo her", forderte er Lucia dann auf.
Dieser Auftrag war nicht leicht durchzuführen, denn Carlo konnte sich nur schwer von dem langsam entstehenden Bauplatz lösen. Als er sich endlich auch an den Frühstückstisch setzte, wollte Bernardino von ihm erfahren, ob er genug
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