Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)
von dieser Bauaktion verstehe, um ihn ohne den Maestro zu leiten.
"Ohne Schwierigkeit", versicherte Carlo ihm mit vor Eifer glühendem Kopf. "Ich bin genauestens über alles informiert, kann alles überwachen."
"Trau ich dir auch zu", nickte Bernardino. "Bene, dann tu das, und ich werde dann und wann ebenfalls einen Blick darauf werfen."
So war jener Teil des Palazzos abermals zum Bauplatz geworden. Für Carlo ein Paradies, die drei Gastkünstler dagegen blieben dem Atelier wieder fern. Und es wurde noch aufregender für Carlo, als die Handwerker schließlich unter seiner und teilweise unter Bernardinos Aufsicht mit dem Auskacheln der Wände begannen.
Währenddessen führte Lucia Carlos Arbeiten im Atelier mit aus. Doch Bernardino und Giovanni beanspruchten jetzt längst nicht so viele Hilfeleistungen wie sonst, da sie nie lange an ihren Staffeleien saßen. Nicht, weil sie die Unruhe der Handwerker störte, vielmehr beeindruckte sie das von Leonardo fertig gestellte Gemälde, so effizient, dass sie an ihrem eigenen Können zweifelten.
Lucia hingegen erging es umgekehrt, sie wollte endlich wieder malen. Denn seit Leonardo ihr an jenem Abend gesagt hatte, er bewundere ihre kraftvolle Seele, zog es sie jeden Tag mehr an die Staffelei. Sie verspürte den Drang, beim Malen nichts mehr zurückzuhalten, vielmehr all ihre Seelenkraft in ein Gemälde einfließen zu lassen. Doch diesen Wunsch musste sie seit Wochen wegen der ständig von ihr geforderten Dienstleistungen zurückstellen.
Ebenso sehr bedauerte sie, dass sie so wenig Zeit für Alphonse hatte aufbringen können, zumal er vermehrt ihres Zuspruchs bedurft hätte, denn Angelina hatte ihm seinen Mailandaufenthalt förmlich versalzen. Und nun reiste er ab. Lucia stand neben ihm vor seiner Kutsche, als er ihr berichtete, Angelina habe ihm vorhin beim Verabschieden das Versprechen abgerungen, sich noch mal ernsthaft zu überlegen, ob er die Trennung wirklich wünsche und ihr bei seinem nächsten Mailandbesuch seine endgültige Entscheidung mitzuteilen. Lucia riet ihm, ihr seine Entscheidung schriftlich mitzuteilen, er jedoch wollte zu seinem Versprechen stehen und im Sommer ein letztes Gespräch mit ihr führen. - Oh Alphonse!, schüttelte Lucia darüber innerlich den Kopf, verabschiedete sich dann aber herzlich von ihm.
Während sie ihm dann nachwinkte, dachte sie daran, wie viel er in den letzten zwei Monden für sie erwirkt hatte, sogar eine eventuelle Versöhnung mit ihrer Mutter, und bei seinen eigenen Angelegenheiten versagte er. Doch sie sah Hoffnung für ihn, denn in Belleville erwartet ihn, wie sie ihm immer deutlicher angemerkt hatte, eine Herzensdame, die womöglich sein künftiges Glück wird.
Für eine Woche hatte Leonardo verreisen wollen, doch nach bereits fünf Tagen kam Salai mit dem Ausruf: "Der Maestro ist zurück!", ins Malatelier gestürzt.
"Schon?", rutschte es Lucia heraus, worauf Giovanni lachte:
"Hast deinen Weitcousin wohl nicht vermisst."
Ihr fiel eine Erklärung ein: "Besser, er wäre erst heute Abend gekommen, dann hätte er den fertig ausgekachelten Raum bewundern können."
"Aber die Handwerker sind fast fertig", ereiferte sich Salai, "und der Maestro steht schon dort und staunt. Ich geh wieder zu ihm, kommt ihr mit?"
"Ehrensache", stimmte Bernardino zu, "lasst uns den Maestro willkommen heißen!"
"Benvenuto!" "Buon giorno!" "Buon giorno!", begrüßten sie dann ihren Maestro ebenso temperamentvoll wie herzlich.
Anschließend sparte Leonardo nicht mit Lob: "Ist das eine Überraschung hier! Die Aufsicht hatte überwiegend Carlo, wie?"
"Richtig", bestätigte Bernardino in seiner souveränen Art, "ich selbst habe nur ab und zu einen Blick darauf geworfen, was nicht mal nötig gewesen wäre."
"Saubere Arbeit", freute sich Leonardo, "und von dir, Carlo, eine tüchtige Leistung. Noch eine Stunde, dann ist wohl die letzte Kachel verlegt."
Carlo nickte: "Si, Maestro Leonardo. Und anschließend sorge ich dafür, dass alles aufgeräumt wird. Bis zum Abendbrot wird niemand mehr glauben können, dass hier eine Baustelle war."
"Bene. Dann wollen wir dich hier nicht länger aufhalten, tüchtiger Bursche", lobte Leonardo ihn abermals und wandte sich ab.
Während darauf alle anderen gemeinsam den Bauplatz verließen, trug Leonardo Lucia auf, Charlotta zu ihm in sein Privatatelier zu bitten, er habe etwas mit ihr zu besprechen. "Und morgen", kündete er allen an, "habe ich eine Überraschung für euch. Mehrere sogar. In unserer Bottega werden einige
Weitere Kostenlose Bücher