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Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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Hülle befreit. Jedenfalls mochte sie diese Übungen niemanden sehen lassen, weshalb sie es inzwischen begrüßte, dass außer Charlotta, die sie inzwischen in die Reinhaltearbeiten des Malateliers und des Farblabors eingewiesen hatte, nie jemand zu ihr hereinschaute.
Am ärgsten hatte sie ihre erste Malübung erschreckt, eine Wiedergabe jenes aufknospenden Pfirsichzweigs, den sie an Ostern vom Fenster ihrer Guten Stube aus bewundert hatte. All sein freudiges Frühlingserwachen und seinen Drang nach frischem Leben hatte sie in das kleine Gemälde einfließen lassen, doch diese Kräfte waren so dominant geworden, dass der Zweig als solcher am Ende kaum noch erkennbar war. Deshalb lehnte dieses Gemälde jetzt in ihrem Malplatz neben ihrem früheren Rosenbild mit dem Gesicht zur Wand.
Anschließend beschäftigte sie sich abwechselnd mit zwei verschieden Motiven. Auf dem einen Malkarton stellte sie einen sich aufbäumenden Hengst dar, den sie unlängst auf einer Pferdekoppel beobachtet hatte und auf dem anderen zwei mit Flitzbogen schießende Buben aus der Nachbarschaft. Auch diese Bilder wurden zu expansiv. Dennoch reizte Lucia ihr neuer Stil, und sie ließ ihm freien Lauf, zumal sie den Fehler, ihren künstlerischen Schaffensdrang in falsche Bahnen zu lenken oder gar zu unterdrücken, nicht mehr begehen wollte.
Neben ihren Malübungen fabrizierte Lucia in dem neuen Labor jetzt täglich Temperafarben. Eine zeitraubende Tätigkeit. Alleine das Pulverisieren der Farbsteinchen kostete sie mit ihrem Mörsergerät eine Stunde, anschließend zum Herstellen einer Bindemasse und dann zum Verrühren der Masse mit dem Farbpulver wiederum eine Stunde. Und am Ende konnte sie mit dem fertigen Produkt gerademal drei Handspann hohe Dosen füllen. Sie als Einzige in dieser Bottega scheute diese Mühe nicht. In anderen Bottegi stellten die Künstler, natürlich ohne Bellwillgeräte, ihre meisten Farben selbst her und brachten dieses Können auch ihren Garzoni bei, da es zur Kunstausbildung gehörte.
Carlo war allerdings bisher noch nie in Farbherstellung unterwiesen worden, in diesen Dingen waren die hiesigen Künstler faul. Das Anfertigen von Malkartons sowie das schwierige Ausschneiden von Ornamentschablonen hätten sie ihm ja beigebracht, argumentierten sie, und das reiche vorab, die Farbherstellung habe noch Zeit. Carlo war das nur recht, da auch er diese handwerklichen Notwendigkeiten nur ungern ausübte. Hinzu kam, dass die Bottega ja mit Ölfarben aus dem Bellwillwerk einigermaßen versorgt war, und Temperafarben, die vorwiegend für Ornamentausmalungen verwandt wurden, fabrizierte seit einem Jahr ausschließlich Lucia. Wobei sie den Bedarf längst nicht ausreichend decken konnte, weshalb sie oder Carlo die fehlenden Farben dann auf Geheiß der Künstler für teures Geld in einem Malergeschäft kaufen mussten. Das ärgerte Lucia. Dann sagte sie sich wieder, dass sie all dies nichts angehe, was aber ihren Ärger nicht immer vertrieb, weil sie zu sehr Kaufmann war - Kauffrau natürlich.

    Der Sonnmond hatte den Wonnemond abgelöst, und Pfingsten winkte bereits. Gestern hatte der Maestro seinen Artisti und Garzoni mitgeteilt, Herzog Ludovico habe sie alle, einschließlich der Artisti aus der Gießerei, zu seiner Festa in den Schlosshof eingeladen. Die Festa beginne am frühen Nachmittag des Pfingstsonntags und ende am Montagabend auf dem Turnierplatz. Jeder freute sich über diese ehrenvolle Einladung. Bis auf Lucia. Und als sie Carlo kurz darauf anvertraute, ihr widerstrebten solch höfische Veranstaltungen, stieß sie bei ihm auf Unverständnis, außerdem wies er sie darauf hin, sie würde Herzog Ludovico mit einer Absage beleidigen.
Da ihr das einleuchtete, sann sie jetzt auf eine Ausrede, die es ihr ermöglicht, ohne Schwierigkeiten diesem Schlossfest fernzubleiben. Schon, weil sie sich dort unter dem Hochadel als Don bewähren und sogar Edeldamen zum Tanz bitten müsse - sie, als Führer von Damen bei diesen komplizierten Modetänzen!
Mit dieser Vorstellung beschäftigt, saß sie gerade im Atelier vor ihrer Staffelei, als durch die Hintertür Leonardo eintrat: "Hallo, Lukas! Och, so ganz alleine hier?"
Sie eilte ihm entgegen, damit er nicht ihre neuen Malereien entdecke, wobei sie ausrief: "Ist das eine Freude, seit zwei Wochen bist du der erste, der mal bei mir hereinschaut."
"Eine traurige Bilanz", registrierte er und bat sie, ihn in sein Privatatelier zu begleiten.
Dort ließen sie sich in die grünen Polster seiner

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