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Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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stand sie am offenen Fenster ihrer Logisstube und blickte weit über die trutzig befestigte Stadt hinaus. Die Dämmerung verhüllte zwar im Hintergrund das Bergmassiv, doch für Lucia war es noch wahrnehmbar. Die Meraner Bergwelt. Weder Lucias Eltern noch ihr Bruder ahnten, dass sie sich in ihrer unmittelbaren Nähe befand, sie würde es ihnen am liebsten über die Stadt hinweg zurufen. Fast zwei Jahre hatten sie sich nicht gesehen, zwei lange, ereignisreiche Jahre. Wie wird ihr Wiedersehen ausfallen? Daran mochte sie sie jetzt nicht denken.

    "Jetzt gilt's", sprach Lucia Alphonse und sich selbst Mut zu.
Sie betraten die Advokatenkanzlei und ließen sich von einem Schreiber anmelden. Schautze hieß der Advokat, Schnauze wäre ihm gerechter geworden. Diesmal will sich Lucia nicht von ihm mundtot machen lassen, wie vor zwei Jahren, als sie schmerzgeplagt vor ihm gesessen hatte und sich deshalb seiner Spitzfindigkeiten kaum hatte erwehren können, nein, diesmal soll er kein leichtes Spiel mit ihr haben.
Jetzt trat er aus seinem Advokatenraum zu ihnen in den Korridor, tat als kenne er Lucia nicht, und nach einer knappen Begrüßung fragte er sie: "Wer bist du?"
"Lucia de Belleville, wie Euch bekannt ist."
"Wenn, dann Lucia Rodder", verbesserte er sie süffisant, worauf sie auch ihn duzte:
"Wenn du es zu wissen glaubst, warum fragst du dann?"
Darüber blieb ihm der Mund aufstehen, und Alphonse stieß sie mit dem Arm zurechtweisend an. Lucia ignorierte beides und erklärte Herrn Schautze: "Wir wollen für morgen einen Termin vereinbaren, um meine Erbunterlagen abzuholen, die gegen meinen Willen in deine Hände geraten sind."
"Oh nein, kleines Fräulein, Termine bestimme noch immer ich", höhnte er, worauf Lucia auftrumpfte:
"Zumindest sind wir jetzt einen Schritt weitergekommen, du erkennst meine Adoption also an, hast mich soeben mit Fräulein angesprochen."
"Ich soll w-was? - Das ist doch nur so eine Redensart."
Diese Unsicherheit quittierte sie mit einem gnädigen Lächeln: "Du musst dich nicht rechtfertigen, hast mir doch einen Gefallen damit erwiesen."
Und Alphonse, dem Lucias Ton inzwischen imponierte, ergänzte: "Dadurch wird jetzt alles reibungslos ablaufen. Nachdem ich Euch im Frühjahr die Adoptionsurkunde vorgelegt habe, wolltet Ihr meine Adoptivtochter noch persönlich zu Gesicht bekommen - bitte, sie steht vor Euch, und Ihr habt sie wieder erkannt. Sucht also ihre Erbunterlagen zusammen, und morgen zur Feierabendzeit werden wir sie abholen".
In Schautzes spitzes Gesicht war indessen wieder dieser mokante Zug geraten, und jetzt näselte er zu Alphonse hinab: "Morgen geht das überhaupt nicht, ja? Und übermorgen ebenso wenig. Frühestens in zwei oder drei Wochen. Vergesst nicht, dass ich Meister Rodder, diesen viel beschäftigten Werksleiter, und seine Gemahlin hinzuziehen muss."
"Non", stellte Alphonse klar, "dazu besteht keine juristische Notwendigkeit."
Herr Schautze setzte zu einer Erwiderung an, Lucia aber unterband diesen juristischen Wettstreit, indem sie zur Tür hinaustrat und den beiden Rechtsgelehrten über die Schulter zurief: "Alles erledigt, ich suche meinen eigenen Advokaten, Herrn Häfner, auf. Er wird die Unterlagen einfordern."
Alphonse reagierte augenblicklich, folgte ihr und trat dann gemächlich mit ihr die Außenstufen hinab. Und Schautze, jetzt völlig konsterniert, eilte ihnen bis auf die Straße nach, wo er Lucia dann kleinmütig bat: "Seid doch nicht beleidigt, Fräulein de Belleville, vielleicht lässt sich ja ein Weg finden."
"Dann aber hurtig", forderte sie, worauf er stockend hervorbrachte:
"Ich muss, vielmehr möchte doch Eure leiblichen Eltern dazu bitten. Das erwarten sie von mir, und die Frage, wann sie Zeit dazu finden."
"Deine Sache", gab sie kühl zurück, und jetzt ereiferte er sich:
"Ich sage alles hier ab, werde umgehend zu ihnen reiten und ihnen berichten, dass Ihr morgen meine Kanzlei aufsucht. Werdet Ihr unter dieser Voraussetzung erscheinen? Zur Feierabendzeit?"
"Vielleicht."
Darauf stand der vordem so Arrogante in sich zusammen gefallen da - und so ließen Lucia und Alphonse ihn stehen.
    Als sie ihn dann weit genug hinter sich gelassen hatten, sagte Alphonse: "Meine Herren, Lucia, du warst ja dreister als er."
Sie lachte: "Du vergisst, dass ich für alles Geschäftliche einen unübertroffenen Lehrmeister hatte, meinen Großvater. Jedenfalls hätten wir anders diesen Termin nie errungen, und du wirst sehen, meine Eltern werden anwesend sein."
"Hoffentlich, das würde

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