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Hexenkuss

Hexenkuss

Titel: Hexenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Viguié , Nancy Holder
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mit den Fingerspitzen an ihrem Rückgrat emporfuhr und dann sacht ihren Nacken streichelte. Verblüfft blieb sie stehen und wirbelte herum.
    Da war niemand.
    Holly runzelte die Stirn und fasste sich an den Hinterkopf. Sie blickte nach links, dann nach rechts und musste einem Geschäftsmann ausweichen, der sie beinahe niedergewalzt hätte.
    »Schätzchen?« Tante Marie-Claire sah sie verwundert an.
    Sie kann mich nicht berührt haben, erkannte Holly. Sie ist zu sehr mit ihrem Handgepäck beladen, und außerdem ist sie vor mir hergegangen.
    Sie bekam eine Gänsehaut an den Armen und der Brust. Sie murmelte: »Entschuldigung«, und ging weiter. »Ich dachte, ich hätte etwas verloren.«
    »Ach so.« Ihre Tante lächelte und begann wieder zu schwatzen.
    Sie holten ihre Koffer, und Holly lernte Onkel Richard kennen. Es überraschte sie, dass ihre auffällig hübsche Tante mit einem Mann wie ihm verheiratet war. Das einzige Wort, das ihr zu ihm einfiel, war »grau«. Er war in Grau gekleidet, sein Haar war grau und seine Ausstrahlung auch - nicht fröhlich, nicht herzlich, einfach gar nichts. Er hätte ebenso unsichtbar sein können wie die Person, die sie eben berührt hatte.
    Niemand hat mich berührt. Das habe ich mir nur eingebildet, sagte sie sich, als sie in einen schwarzen Mercedes stiegen. Doch als sie vom Parkplatz fuhren und sich in den Verkehr einreihten, ließ sie den Blick über die Fußgänger hinter ihr schweifen und stellte sich den Augenblick noch einmal genau vor. Vielleicht war es meine Mom... oder Dad, dachte sie, und Tränen traten ihr in die Augen. Das Gesicht ihres Vaters aus ihrem Albtraum stieg in ihr auf, und sie stieß scharf die Luft aus und lehnte sich erschöpft in dem Ledersitz zurück.
    Vielleicht habe ich auch gerade einen Nervenzusammenbruch. Es wäre schön, eine Zeitlang nichts fühlen zu müssen, sich mental von allem zu verabschieden und nur dahinzuvegetieren. Vielleicht sollte ich das machen.
    Sie fuhren eine Allee entlang und durch schöne alte Viertel, die sie an zu Hause erinnerten, mit Bäumen überall, und dann regnete es so heftig, dass sie nichts mehr sehen konnte. Sie döste wieder ein, bis ihre Tante sagte: »Ich hoffe, du brütest nichts aus, Schätzchen. Wir sind ... zu Hause.«
    Holly holte tief Luft und stieg müde aus dem Auto. Als sie unter das Vordach trat, eilte ihre Tante voran und öffnete die Tür. »Mädchen! Wir sind da!«, rief sie. »Eure Cousine ist hier!«
    Tante Marie-Claire ging ihr voran in ein charmantes Foyer mit roter viktorianischer Velourstapete, weißer Holzvertäfelung und weißem Marmorboden. Es erinnerte ein wenig an eine Eisdiele, und Holly musste die Lippen zusammenkneifen, um nicht mit dieser Bemerkung herauszuplatzen; sie glaubte nicht, dass ihre Tante sich darüber freuen würde.
    Über allem hing dichter Rauchgestank, als hätte es vor Kurzem ein schreckliches Feuer gegeben.
    »Nicole«, sagte Tante Marie-Claire. »Deine Cousine Holly ist da.«
    »Habe ich gehört«, sagte eine Stimme gedehnt.
    Das Mädchen stand langsam vom Sofa auf und drehte sich um. Holly versetzte es einen Stich, als sie die Ähnlichkeit sah - im makellosen, ovalen Gesicht ihrer Cousine erkannte sie den Teint und die Augen ihres Vaters. Nicole war unglaublich schön, eine Schönheit von der Art, nach der sich die Leute umdrehten. Ihre dicken schwarzen Locken waren auf dem Kopf zusammengefasst und ringelten sich von dort aus bis über ihre Schultern. Auch ihre Augenbrauen waren dick, aber hübsch geformt. Wie ihre Mutter war sie stark geschminkt. Ihre Augen waren dick umrandet und die Wimpern so lang, dass sie falsch wirkten. Auf den Lippen trug sie ein sattes Dunkelrot, perfekt abgestimmt mit dem Nagellack an Fingern und Zehen.
    Sie war barfuß und hatte eine schwarze Jeans und ein rotes Tanktop an, auf das in Silber und Schwarz das Wort TROUBLE gestickt war. Kühl musterte sie Holly, ließ den Blick über die Jeans und die Folklorebluse schweifen und sagte dann: »Hi. Ich bin Nicole.«
    »Hallo«, entgegnete Holly ein wenig enttäuscht. Sie wusste nicht recht, was sie eigentlich erwartet hatte, aber gewiss nicht dieses völlige Desinteresse.
    »Wir hatten einen angenehmen Flug«, erzählte Tante Marie-Claire, als hätte Nicole sich danach erkundigt. »Ein bisschen holprig am Ende. Turbulenzen. Wo ist deine Schwester?«
    »Holly?«, rief eine neue Stimme.
    Holly konnte durch die Wohnzimmertür eine breite, geschwungene Treppe sehen, auf der polternde Schritte zu hören

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