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Hexenkuss

Hexenkuss

Titel: Hexenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Viguié , Nancy Holder
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Als Barbara den Regenschirm nahm, den jemand ihr reichte, und ihn öffnete, brummte sie: »Ich hätte an Zelte denken sollen.«
    Jetzt war es Holly, die ihr die Hand drückte. Sie spürte den Regen nicht; sie spürte gar nichts...
    ... außer dem Mann neben ihrer Tante, der sie jetzt aufmerksam beobachtete. Er lächelte ihr schwach zu, und sie zitterte und wandte den Blick wieder ab.
    Die Blumen auf den Särgen wurden klatschnass, die Tinte auf den Beileidskarten verschwamm. Holly spürte unvernünftigen Zorn auf Barbara in sich aufflackern. Wir sind in San Francisco, Herrgott noch mal. Wie konntest du die Zelte vergessen?
    Zeit verging, sie wusste nicht, wie viel, doch der Regen wurde zu einem Unwetter. Holly konnte die Worte des Pastors nicht mehr hören. Dennoch redete er immer weiter, ohne auf irgendetwas anderes zu achten, und merkte nicht einmal, dass die meisten Trauergäste inzwischen zu ihren Autos flohen.
    Die Wolken grollten lauter. Dann plötzlich, ohne Vorwarnung, schoss ein Blitz vom Himmel herab und schlug in eine Tanne, die etwa hundert Meter weit entfernt stand. Es gab einen Chor erschrockener Schreie, und der Baum ging in Flammen auf, die jedoch rasch vom strömenden Regen gelöscht wurden. Dennoch hatte die elektrische Ladung Holly einen kleinen Stoß versetzt, und sie spürte die Hitze. Chaos brach aus. Schreie waren zu hören, die Leute rannten in die andere Richtung davon. Bald bewiesen nur noch eine Rauchfahne und ein paar schwarz verbrannte Äste an einem ansonsten gesunden Baum, dass überhaupt etwas passiert war. Doch der Schreck hatte die Zeremonie völlig verdorben.
    Der dünne, graugesichtige Bestattungsunternehmer in seinem schwarzen Anzug trat mit ausgestreckten Händen auf die wenigen tapferen Seelen zu, die ausharrten.
    »Es tut mir sehr leid«, verkündete er, »aber wir müssen jetzt gehen. Es ist gefährlich hier draußen, wegen der Blitze.« Er wies auf den Baum. »Vor allem mit den metallenen Spitzen und Speichen dieser Regenschirme.«
    Er ging zu Holly und nahm sie beim Ellbogen. »Es tut mir furchtbar leid.« Er sah aus, als meinte er das aufrichtig.
    Ihr fiel nichts anderes ein als: »Barbaras Innenhof ist überdacht.« Sie dachte an den Leichenschmaus. Betreten sah sie die Särge an.
    »Wir lassen sie hinab, wenn es zu regnen aufhört«, sagte er.
    Dann wurde sie irgendwohin geschoben, offenbar zu der gemieteten schwarzen Limousine - und die Person, die sie führte, war der Fremde, Michael. Er legte ihr sacht eine Hand auf den Kopf und sagte: »Kopf einziehen.«
    Sie tat es. Die Tür auf der anderen Seite ging auf, und Barbara Davis-Chin stieg ein, gefolgt von Tante Marie-Claire. Michael setzte sich neben Holly und schloss die Tür.
    Barbara zog sie an sich und hielt sie fest im Arm. Sie weinte. »Wie schrecklich. Das ist so schrecklich.« Sie strich Holly mit zitternder Hand das triefnasse Haar aus dem Gesicht. »Du lieber Himmel, was für eine Katastrophe.«
    Marie-Claire nickte unglücklich. »Glaubst du, dass noch jemand zum Leichenschmaus kommen wird?«, fragte sie.
    »O Gott.« Barbara schüttelte den Kopf. »Das packe ich nicht.«
    »Wir machen das schon«, verkündete Michael beruhigend. »Marie-Claire und ich.«
    Hollys Tante nickte. »Ja. Wir kümmern uns darum.«
    »Danke. Ich glaube, Holly und ich gehen am besten in mein Zimmer und legen uns hin.« Barbara zog Holly noch fester an sich.
    »Ich mache euch erst einmal einen Tee«, säuselte Tante Marie-Claire. »Und sorge dafür, dass ihr eure Ruhe habt.«
    Die restliche Strecke legten sie schweigend zurück. Holly saß so dicht neben Michael, dass sie seine Lederschuhe und einen Hauch Aftershave riechen konnte. Ansonsten stank es in der Limousine nach nasser Wolle und Matsch, und Holly wusste jetzt schon, dass diese Gerüche sie für den Rest ihres Lebens an diesen grässlichen Tag erinnern würden.
    »Wenn wir zu Hause sind, gebe ich dir etwas, damit du schlafen kannst«, raunte Barbara Holly zu.
    »Moderne Magie«, sagte Michael. Er griff in seine Tasche, holte ein winziges Kästchen aus weißem Stein heraus und klappte den Deckel auf. »Das ist ein altes Familienrezept.« Er hielt das offene Kästchen Barbara hin, damit sie es sich ansah. »Wir kochen Tee daraus. Es ist sehr wirksam.«
    Barbara sagte nur: »Wie nett«, und nahm das Kästchen entgegen.
    Holly schloss die Augen und versuchte zu atmen. Es war eng in der Limousine, und der Mann saß zu dicht neben ihr. Ihre beiden Körper berührten sich, und das

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