Hexenkuss
Beignets mitgebracht, ja?«, rief Amanda freudig aus und deutete auf die Schachtel. »Oh, danke, danke, danke!«
Dann kam ein Mädchen, das wie eine jüngere Ausgabe von Tante Cecile aussah, förmlich in den Raum getanzt und schloss eine Tür hinter sich.
»Süße, du bist ja so dünn!«, rief sie und stürzte auf Amanda zu. »Hast du den Sportunterricht etwa nicht mehr geschwänzt, wie wir es früher immer gemacht haben?«
Amandas Gesichtsausdruck verlor etwas von seiner Fröhlichkeit. Sie sagte: »Hier ging es ziemlich übel zu.« Sie gab Holly einen Wink. »Zeig ihnen das Buch.«
Holly nahm das durchweichte Ding aus der Plastiktüte, in der sie es hertransportiert hatte. Sie erklärte, wie sie es gefunden hatte. Dann erzählte sie Tante Cecile von dem Talisman, und als sie ihn aus der Tasche holte, zog die Frau die Augenbrauen hoch.
»Den hat jemand für dich gemacht, der wirklich etwas von Schamanismus versteht«, bemerkte sie. Sie sah Silvana an. »Ich glaube, wir sollten uns sofort an die Arbeit machen, Schätzchen. Den gemütlichen Teil müssen wir auf später verschieben, in Ordnung?«
Holly lief ein Schauer über den Rücken, als Tante Cecile auf einen kleinen Tisch gegenüber dem großen Doppelbett wies. Darauf bildeten fünf Kerzen ein Pentagramm, und in der Mitte lag ein Ouija-Brett.
Holly blinzelte. Sie hatte erst ein Mal ein Ouija-Brett gesehen, bei einer Pyjama-Party, als sie zehn Jahre alt gewesen war. Eines der Mädchen hatte es mitgebracht, und mitten in der Nacht hatten sich alle darum versammelt und ihre Angst mit nervösem Kichern und Albereien überspielt. Dabei war eigentlich gar nichts geschehen. Ein Mädchen hatte behauptet, der Zeiger habe sich bewegt, aber alle hatten geglaubt, dass sie geschwindelt hatte, vielleicht, um Aufmerksamkeit zu bekommen oder um ihnen allen noch mehr Angst einzujagen. Vielleicht hat sie doch die Wahrheit gesagt. Der Gedanke stieg ungebeten in Holly auf und kitzelte ihren Geist mit der Erinnerung an ausgestandene Ängste.
Holly schluckte den Kloß in ihrer Kehle herunter, versuchte ihre Skepsis beiseitezuschieben und setzte sich. Es war wirklich albern - man konnte doch nicht zynisch und ängstlich zugleich sein, oder? Doch das war sie.
Langsam hob sie den Kopf und begegnete dem Blick der Frau, die den weiten Weg von New Orleans hierhergeflogen war, um ihr und Amanda zu helfen. Tante Cecile saß grimmig da und starrte Holly auf eine unheimliche Art an.
Tante Cecile löste den Blick von ihr, und Holly sank erleichtert ein wenig zusammen, während die Frau erst Silvana und dann Amanda ansah. Das Schweigen zwischen ihnen wurde immer angespannter, nur die Kerzen flackerten. Schließlich nickte sie, und die vier fassten einander bei den Händen. Holly bewegte sich vorsichtig wegen ihres Arms, und Amanda hob den ihren, um Holly entgegenzukommen. Hollys Handflächen kribbelten ein wenig, sobald sie Silvanas und Amandas berührte.
Dann begann die ältere Frau mit leiser, aber gebieterischer Stimme zu sprechen. »Wir sind hier versammelt, um Wissen zu erlangen. Wir bitten die Geister der Vergangenheit, die Gegenwart zu klären und uns zu zeigen, was vorangegangen ist, damit wir verstehen, was noch kommen wird.«
Einen Moment lang herrschte Stille, und Holly merkte, wie ihre Fantasie mit ihr durchzugehen begann. Flackerten die Kerzenflammen höher als gerade eben? Wann war dieser Schatten auf dem Ouija-Brett erschienen?
»Legt eure Hände auf den Zeiger.«
Holly erlaubte ihrer Cousine, ihre Finger mit nach vorn zu ziehen, bis die Hände aller vier Frauen auf dem Zeiger lagen - dem Stück Holz, das sich über das Ouija-Brett bewegen konnte.
»Zeigt es uns, auf dass wir sehen, zeigt es uns, auf dass wir wissen, zeigt uns, was geschehen ist und was geschehen wird«, rezitierten Silvana und Tante Cecile gemeinsam.
»Zeigt es mir«, flüsterte Holly.
Plötzlich schoss der Zeiger unter ihren Händen weg, flog durch das Zimmer, knallte gegen einen Spiegel und zerbrach ihn. Aber das sah Holly gar nicht mehr. Holly konnte nichts sehen und spürte nichts außer entsetzlichen Schmerzen. Sie rang nach Luft, aber ihre Lunge fühlte sich an wie plattgedrückt. Sie konnte sich nicht rühren, und dann, so
plötzlich, wie er gekommen war, verschwand der Schmerz wieder. Alles war verschwunden. Nichts zu sehen, nichts hören, nichts zu fühlen, da war nichts mehr, und schließlich nicht einmal Gedanken.
Silvana und Amanda starrten den zerbrochenen Spiegel an, bis ein
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