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Hexenkuss

Hexenkuss

Titel: Hexenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Viguié , Nancy Holder
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Rabe umkreiste sie kurz, um dann mit einem schrillen Schrei davonzuflattern. Ein lang gezogenes, tiefes Donnergrollen war die einzige Warnung, die sie bekamen, ehe sich die Schleusen des Himmels öffneten. Augenblicklich waren sie vom peitschenden Regen geblendet und durchweicht. Das Schlauchboot wurde schneller, reagierte aber nicht mehr auf ihr verzweifeltes Paddeln. Alle fünf bemühten sich, das Boot zu steuern, doch der Fluss schob sie einfach weiter, offenbar fest entschlossen, sie zwischen der riesigen Felsnadel vor ihnen und den mächtigen Gesteinsbrocken in der Mitte der Stromschnellen zu zermalmen.
    Nein. Nicht noch einmal.
    Holly versuchte, Ryan, Tina und ihren Eltern etwas zuzurufen - sie vor der tödlichen Gefahr zu warnen, in der sie alle schwebten -, doch sie brachte kein Wort heraus.
    Plötzlich war sie wieder im Wasser und spürte, wie es über ihr zusammenschlug und sie hinabzog.
    Wieder rang sie vergeblich mit den Sicherheitsgurten. Wieder breitete sich eisige Kälte in ihr aus, als das Wasser über sie hinwegrauschte. Sie versuchte, sich an die Oberfläche zu kämpfen. Wieder ging ihr die Luft aus, und das schmutzige Wasser lief ihr in die Lunge.
    Doch während sie in Panik geriet und um sich schlug in dem vergeblichen Versuch, sich zu befreien, blieb ein Teil von ihr wie losgelöst. Dieser Teil beobachtete nur und erinnerte sich.
    Als Nächstes kommt dieses blaue Leuchten.
    Da war es, wie aufs Stichwort. Das Blau glomm, schimmerte, nahm langsam Gestalt an...
    Flussalgen flatterten wie groteske Haare an seinem Kopf. Fetzen von verwesender Haut hingen von der Parodie eines menschlichen Gesichts herab, und hier und da schimmerten weiß die Knochen hervor. Das widerliche Ding breitete dünne, gierige Arme aus verrottenden, fauligen Ästen aus, um Holly zu empfangen. Sein Mund öffnete sich.
    »Zeit zu sterben, Holly.«
    Der Kadaver hatte natürlich recht. Sie hätte im Fluss sterben sollen, zusammen mit ihren Eltern, als sie diese Fahrt zum ersten Mal gemacht hatten.
    Ich träume. Das ist nur ein ganz übler Albtraum. Das Ganze ist ein Traum. Ich bin zu Hause, in San Francisco...
    Und in ihrem Traum lag sie wieder am Flussufer - die einzige Überlebende. Als sie sich verängstigt zusammenkauerte, erhob sich der Leichnam triefend aus dem Fluss. Wasser rann ihm an Armen und Beinen hinab.
    Er wankte auf sie zu. Sie wollte zurückweichen, aber wie das in Träumen so ist - sie konnte sich nicht bewegen, konnte nicht davonlaufen.
    Noch näher.
    »Ich bin Duc Laurent de Deveraux, und ich bin dein Feind. Mit deinem Tod räche ich mein Haus, kleine Hexe.« Der Gestank des Todes in seinem Atem traf sie wie ein Kinnhaken.
    Sie schauderte. Warum wachte sie nicht endlich auf?
    In Träumen wacht man doch eigentlich immer auf, ehe das Monster einen kriegt.
    Sie konnte seinen Atem deutlich riechen, der noch schlimmer stank als sein Körper - eine widerliche Mischung aus fauligem Fisch und sich zersetzendem Laub, heiß und modrig. Noch ein Schritt, und er wäre nah genug heran, um sie zu packen, und sie wusste, wenn er sie packte, würde sie sterben. Aber ich weiß, dass ich träume. Das ist ein Klartraum. Leute, die solche luziden Träume haben, können sie steuern. Man kann alles erschaffen, was man braucht, alles, was man will.
    Sie wollte dieses Monster vernichten, und sie wollte leben.
    Alles, was man will.
    Ihre Eltern, Arm in Arm, erschienen vor ihr am Flussufer. Die Sonne schien, Vögel zwitscherten. Einen Moment lang verlor der tote Mann jegliche Bedeutung. Ihre Eltern sahen glücklich und verliebt aus.
    Dann ragte das Phantom plötzlich über der Schulter ihres Vaters auf.
    »Daddy!«
    Sie riss die Augen auf. Ihre Eltern waren weg. Nichts war mehr da, außer der Dunkelheit und Basts leisem Schnarchen. Sie rang nach Luft, denn der plötzliche Verlust hatte ihr den Atem verschlagen ... wieder einmal.
    »Tja, das war wohl sinnlos«, sagte Eli gedehnt.
    Michael seufzte und bedeckte kopfschüttelnd den Traumstein. »Nichts, was einem Informationen über den Feind verschafft, ist sinnlos, mein Sohn. Das solltest du inzwischen gelernt haben.«
    »Informationen? Ich dachte, du wolltest sie umbringen.« Eli rückte vom Tisch ab, stand auf und ging vor Michael hin und her.
    »Wissen ist Macht, Eli, vergiss das nie. Wenn du deinen Feind kennst, besitzt du Macht über ihn... oder sie.« Er lachte über Elis skeptischen Blick. »Immerhin habe ich nicht nur ein Ass im Ärmel. Wart's ab.«
    Eli sah seinen Vater gelassen

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