Hexenlicht
pochte zu schnell und zu schwach, ähnlich Vogelflügeln, die hektisch an eine Fensterscheibe schlugen.
Jenny stand auf, und zum ersten Mal konnte er ihre Kleidung richtig sehen. Sie trug einen Rock und einen Pulli, nur war beides schäbig und passte nicht richtig. Und Mac begriff sofort: Die Sachen waren geklaut. Vielleicht von einer Toten?
Sie legte eine Handvoll Münzen auf den Tisch, ohne sie zu zählen.
»Ich rufe dich an«, verabschiedete sie sich von ihm mit einer Selbstverständlichkeit wie eine alte Bekannte, die erwartete, ihn bald wiederzusehen.
Wiedersehen? Vergiss es!
Er konnte sich nicht bewegen. Entweder hielt ihn eine unsichtbare Macht fest oder er war zu schwach, jedenfalls war er außerstande, sich umzudrehen und zuzusehen, wie sie die Tür öffnete und ging. Allerdings spürte er den kühlen Luftzug an seiner Wange, als der regengeschwängerte Wind hereinblies. Und dann fiel die Tür wieder zu.
Zitternd holte Mac tief Luft und schaffte es, sich zumindest gerade aufzusetzen. Sein Kopf fühlte sich zu groß an, aufgeblasen von einer seltsam scharfen Wahrnehmung seiner Umgebung.
Wie hatte sie das gemacht?
Was
zum Teufel hatte sie gemacht?
Entsetzt bemerkte er, dass ihm die Tränen kamen.
Reiß dich am Riemen, Mann!
Und auf einmal kehrte sein Appetit zurück. Er machte sich in Cro-Magnon-Manier über sein Sandwich her. Das Brötchen war inzwischen durchgeweicht, doch das störte ihn nicht. Sein Universum bestand nur noch aus Essen. Wichtig war einzig, dass er alles bis auf den letzten Krümel verschlang.
Als Suki neben ihm auftauchte, schrak Mac zusammen.
»Und?«, fragte sie munter. »Wollt ihr zwei euch später noch ein bisschen amüsieren?«
»Das will ich nicht hoffen«, antwortete er mit vollem Mund und nahm einen großen Schluck von dem verbotenen Guinness.
Suki spielte an ihrem Nasenring. »Aha, verstehe. Ich kann Dates auch nicht ausstehen.«
[home]
11
W
enn einem wohlmeinende Leute erzählen, dass Beziehungskatastrophen nach einer Nacht Schlaf gleich viel besser aussehen, darf man ihnen nicht glauben. Das ist gelogen!
Ben war fort und mit ihm die Zukunft, die Holly sich für sie beide ausgemalt hatte.
Sie stellte die Dusche ab und tastete nach ihrem Handtuch. Nachdem sie sich das Gesicht abgetrocknet hatte, blickte sie in den Spiegel. Ihre Wangen waren eingefallen, ihre Augen rot, weil sie im Schlaf geweint hatte. Es war schon übel genug, dass sie sich fühlte wie etwas, das man ganz hinten aus der Gemüseschublade des Kühlschranks gekratzt hatte. Sie hasste es, dass sie auch noch so aussah!
Und sie konnte rein gar nichts tun. Eines Tages würde sie einen Mann kennenlernen, den die kleine Hexe in ihr nicht abschreckte. Na ja, er musste wohl eher eine Menge Hexe hinnehmen können, berücksichtigte man, dass sie von einer Riesenmaus verfolgt wurde.
Okay, dieses Dämonenproblem ist ein Flirtdämpfer, aber wir haben schließlich alle unsere Macken, nicht?
Trotzig zog sie sich einen hautengen roten Pullover an, der Ben immer ganz wild gemacht hatte.
Hatte
, wiederholte sie mehrmals, um sich an die Vergangenheitsform zu gewöhnen.
Vor ihrer Schlafzimmertür wartete die Wirklichkeit, die jedoch freundlicher zu ihr war, als Holly gedacht hatte. Der Geruch von frischem Kaffee, warm und süßlich-bitter, hing in der Luft.
Kaffee? Ist Alessandro noch hier?
»Hallo?«, rief Holly, als sie sich der Küche näherte.
Zusammengerollt lag Brekks wie ein fetter gefleckter Basketball neben seinem Futternapf und maunzte eine Begrüßung. In seinem Napf waren noch Reste von Futter, was ein klarer Beweis dafür war, dass er Alessandro bereits ein Frühstück hatte entlocken können. Sie blickte sich um. Die Kaffeemaschine zischte, als Kondenswasser auf die Wärmeplatte tropfte – ein Geräusch so wohltuend wie Lammfellpantoffeln. Aber Holly war eindeutig allein.
Natürlich – es war helllichter Tag! Die Vampire hatten sich in ihre Betten zurückgezogen. Holly holte einen Becher aus dem Schrank und schenkte sich Kaffee ein. Am Toaster lehnte eine Nachricht, die hinter den Dampfschwaden aus dem Becher verschwamm.
6:30. Alles klar, ruhige Nacht.
Ich rufe dich heute Abend an. Bleib in Sicherheit!
Alessandro war also bis zum Morgengrauen geblieben. Wie versprochen, hatte er sie die ganze Nacht hindurch bewacht. Ein seltsamer Stich jagte ihr durch die Brust, halb Dankbarkeit, halb Traurigkeit. Alessandro verdiente mehr, als sie ihm jemals geben konnte. Langsam legte Holly seine Nachricht
Weitere Kostenlose Bücher