Hexenlicht
Mond und die Sterne, wenn ich ihn bloß meine Seele kosten lassen würde.« Wehmütig lächelnd löffelte sie Zucker in ihren Tee. »Ein mieser Tausch, aber er war verflucht hübsch anzusehen!«
»Ach, Grandma!«, stöhnte Holly ungläubig. Sie wusste nie, welche von Grandmas Geschichten sie für bare Münze nehmen durfte, nur … dass diese exakt mit dem übereinstimmte, was Alessandro ihr über die Wandlung erzählt hatte.
»Das waren die guten alten Zeiten.« Grandma kicherte leise. »Also, zurück zu dem aktuellen Problem: Wenn du dich vor einem Dämon schützen willst, musst du dir zuerst überlegen, wohin du regelmäßig gehst.«
»Oh, Mist!« Holly schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn.
»Was ist?«
»Morgen ist der erste College-Tag. Ich kann nicht in meine Kurse gehen, solange ein Dämon frei herumläuft.«
Grandma winkte ab. »Sieh’s mal von der anderen Seite: Du bist sicherer, wenn andere um dich sind. Dämonen schleichen sich am liebsten unbemerkt an. Ein Campus voller Leute bildet eine ideale Sicherheitszone.«
»Nein«, erwiderte Holly kopfschüttelnd, »ich weiß nicht. Außerdem hört sich Dämonenjagd nach einem Fulltime-Job an.«
»Was willst du machen?«
»Also, ich
möchte
natürlich zu den Kursen gehen. Alles ist schon geregelt.« Für einen Moment wurde sie unvernünftig, besser gesagt: regte sich ihr Trotz. »Ich will meinen Abschluss in Betriebswirtschaft, für mich und für die Agentur. Ich bin es leid, dass ich einfach nicht weiß, wie man so ein Geschäft richtig betreibt. Tja, wieder einmal scheint das Leben sich gegen meine großen Pläne verschworen zu haben.«
Grandma setzte sich sehr gerade hin. »Dann geh in deine Kurse!«
»Aber …«
»Wir kommen schon klar. Du darfst dir nicht von einem Dämon dein Semester versauen lassen.«
Zweifel und Unglaube kämpften um den ersten Platz. »Wie soll ich denn einfach so an den Kursen teilnehmen?«
»Es gibt Schutzzauber. Ich habe bücherweise Lehrmaterial darüber. Wenn du willst, dass es mit dem Studium klappt, meine Kleine, dann musst du auch hingehen. Riskier mal was! Manchmal seid ihr jungen Leute viel zu vorsichtig.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass Schutzzauber genügen. Es muss mehr geben, was wir tun können.«
Grandma kniff die Augen ein wenig zusammen. »Zum Beispiel?«
»Den Dämon für immer loswerden. Wie tötet man einen Meister?«
Damit erntete sie ein Kopfschütteln. »Hexen sind nicht stark genug, um sie zu töten. Wenn du eine langfristige Lösung willst, musst du ihn dahin zurückschicken, wo er hergekommen ist, und das Portal hinter ihm verschließen.«
Holly verschluckte sich an ihrem Tee und hustete. »Das klingt, als müsste ich ihm dazu ziemlich nahe sein.«
»Ja«, bestätigte Grandma ruhig. Eine Silbe, die in einer Zigarettenrauchwolke über Holly hinwegwaberte. »Aber Elaine Carver, eine der Gründerinnen der Drei-Schwestern-Agentur, hat es 1885 getan.«
»Stimmt, die Geschichte kenne ich. Damals gab es einen Krieg zwischen einem Meisterdämon und den Vampiren. Die Dämonen hatten alle möglichen Anhänger angeworben.«
»Einschließlich der Flanders-Familie, was an sich schon sehr interessant ist. Also, der Legende nach öffnete Elaine ein großes Portal im Zollhaus unten am Binnenhafen. Sie jagte den Meisterdämon und viele seiner Diener durch dieses Portal.«
»Wie konnte sie das?«
»Weiß ich nicht. Ich habe den Zauber nie gesehen. Das kann sowieso nicht der sein, den du brauchst.«
»Wieso nicht?«
»Weil er sie umgebracht hat. Die Nachwirkungen waren zu viel für sie.«
»Oh!«
Wenn das keine große Hilfe ist
! Holly stand auf und trat ans Fenster. Sie hatte keinen Schimmer, was da draußen war, denn sie war vor lauter gemischten Gefühlen und wirren Gedanken völlig blind. Und Panik stand ganz vorn.
Grandma schluckte hörbar. »Wie gesagt, Schutzzauber sind die bessere Methode. Und darüber hinaus … nun, dieser Tage sind gute Dämonenjäger schwer zu finden, aber eventuell gibt es jemanden, den wir hinzurufen können.«
Holly drehte sich zu ihr. »Gute Dämonenjäger haben ellenlange Wartelisten. Es gibt zu wenige Hexen, die das können. Wir müssten Monate warten, und bis dahin hat dieses Ding halb Fairview übernommen.«
»Was immer noch besser ist, als dass du dich allein an es heranwagst. Magie dürfte dir nicht so weh tun, wie sie es tut.«
»Das kann ja wohl kein Grund sein,
nicht
gegen den Dämon zu kämpfen! Wir können uns selbst schützen, aber
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