Hexenlicht
durchführte.
»Nein, aber es klang, als wären es einige.« Die Fahrstuhltüren glitten auf, und sie stiegen ein. Sobald Omara den Knopf für das oberste Stockwerk gedrückt hatte, wo sie wohnte, schlossen die Türen sich wieder.
»Und was nun? Wollen wir noch eine Suche veranstalten? Einen anderen Fehlwandler aufspüren, den wir verhören können?«
»Was soll das bringen?«, erwiderte Omara leise. »Die Werwölfe hatten ihn erwischt, deshalb war es sinnvoll, dass wir versuchten, etwas aus ihm herauszubekommen. Aber einen anderen jagen? Sie können so gut wie nicht sprechen, und ihre Schmerztoleranz ist legendär. Es wäre reine Zeitverschwendung. Nein, wir müssen ihren Meister finden.«
Sie erreichten den obersten Stock, stiegen aus und schritten nebeneinander den Gang entlang zu Omaras Suite.
»Ich verstehe nicht, was heute Abend passiert ist«, bemerkte Alessandro. »Als ich vorhin ging, wolltest du Pierce befragen.«
Omara winkte ab. »Die Angelegenheit mit dem Fehlwandler war dringender.«
»Und du hast ihn von Pierce verhören lassen.«
»Weil Pierce hier war und du nicht.«
»Also hast du ihm kurzerhand den Gefangenen überlassen.«
»Ich wollte mir den Fehlwandler ungern selbst antun. Außerdem wusste ich, dass ich auf Johns Grausamkeit zählen kann. Und er brauchte eine Chance, sich nach der kleinen Vorstellung mit der Menschenfrau ein paar Pluspunkte zu verdienen.«
Sie hörte sich beinahe – Alessandro suchte nach dem richtigen Wort – nachgiebig an. Das passte überhaupt nicht zu Omara.
Er versuchte es noch einmal: »Aber was ist, wenn er mit ihnen zusammenarbeitet? Haben wir uns das nicht beide gefragt? Die Abzeichen, der Blutring? Die Morde?«
Ohne ihm zu antworten, blieb Omara vor ihrer Tür stehen und reichte ihm die Schlüsselkarte. Er zog sie über das Schloss und hielt seiner Königin die schwere Tür auf. Drinnen standen die Balkontüren offen, so dass es im Wohnzimmer kühl, aber angenehm frisch war. Omara schaltete eine Tischlampe an, worauf die teure geräumige und gänzlich anonyme Einrichtung beleuchtet wurde. Alessandro trat nach Omara in die Suite und verschloss die Tür.
»Bedenken wir einmal Folgendes«, fuhr er fort. »Pierces Clan kennt sich sehr gut mit Magie aus, und jemand hat einen Rufzauber gewirkt. Falls der Albion-Clan einen Coup vorbereitet, wie könnte er das besser als mit einer Armee von Fehlwandlern und einem Dämon, der ihnen gehorcht?«
Omara drehte sich um und riss ihre Arme nach oben. »Aber warum?
Warum
sollte es eine Allianz zwischen den Albions und einer Rasse von hinterhältigen Mutanten geben?«
Da er sich in die Defensive gedrängt fühlte, erhob Alessandro seine Stimme. »Ich erinnere mich noch an Zeiten, in denen sie deine Konkurrenten waren. Die Albions waren verbissen ehrgeizig. Einzig deine überlegene Zauberkunst stand zwischen ihnen und der Krone, und sie hätten dich bei der erstbesten Gelegenheit vom Thron gestoßen. Glaubst du, dass sie sich seither vollkommen verändert haben? Fehlwandler hingegen würden dich niemals auf eigene Faust attackieren. Sie sind zu wenige. Also
müssen
sie mit jemandem zusammenarbeiten.«
»John Pierce wäre dazu nicht fähig. Er ist ein eitler Geck und nicht besonders helle. Ein Mann mit einem kindlichen Wunsch nach Bestätigung. Er benimmt sich schlecht, weil er meine Liebe will.«
»Früher am heutigen Abend dachtest du noch, er könnte ein Mörder sein.«
»Weil ich wütend auf ihn war.«
»Dennoch war der Albion-Clan schon immer problematisch. Ich musste Pierces Bruder köpfen, weil er Gesetze brach.«
»John würde mir nie etwas antun, ebenso wenig meinem Thron. Er betet mich an.«
Zorn schwang in ihren Worten mit. Alessandro verstummte, denn er wollte nicht glauben, was er hörte. Besitzdenken. Schutz.
Sie verteidigt Pierce gegen mich!
Sogleich war er alarmiert. Pierce war ein Aufschneider, seine Familie eine Horde von Schurken – wie Omara sehr wohl wusste.
Was ist hier los?
»Weiß er von den Portalen?«
»Das Thema habe ich ihm gegenüber nicht erwähnt. Wir sprachen lediglich über die Morde.« Omara fiel in einen der breiten beigefarbenen Sessel gegenüber dem Balkon, so dass sie halb von ihm abgewandt saß. »Ich weiß nicht, wie ich es dir noch deutlicher machen soll: John ist egozentrisch, aber er ist wahrlich kein böses Genie.«
Ihre unüberhörbare Verwundbarkeit schockierte Alessandro. Er betrachtete ihr Halbprofil, und sie blickte in die dunkle, funkelnde Nacht hinaus.
Sie
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