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Hexenmacht

Hexenmacht

Titel: Hexenmacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Gormic, von seinen Forschungsreisen mitgebracht hatte – Dämonenmasken, Fetische, Bruchstücke von Steintafeln und vieles mehr...
    Ich betrat die Villa und sah durch den Türspalt noch Licht in der Bibliothek.
    Zwar war es schon spät, aber es kam durchaus vor, dass Tante Lizzy ganze Nächte hindurch in einem jener geheimnisvollen, mitunter von ihr liebevoll restaurierten ledergebundenen Folianten schmöckerte, von denen sich Tausende in den engen Regalen drängten.
    Ich trat an den Türspalt und blickte hindurch.
    Sie saß über einem der staubigen Bände gebeugt.
    Dann schaute sie plötzlich auf.
    "Ah, du bist es." Sie lächelte und setzte die Lesebrille ab. "Du bist spät dran heute."
    "Ich hätte anrufen sollen", sagte ich. Sie machte eine wegwerfende Bewegung mit der rechten Hand und meinte dann: "Du bist ja keine dreizehn mehr, Patti. Manchmal vergesse ich das einfach. Ich will dich keineswegs ausfragen."
    Ich trat zu ihr.
    "So habe ich das auch nicht empfunden", erwiderte ich.
    "Dann bin ich ja froh."
    "Ein Kollege fiel kurzfristig aus, und so kam ich zu der Ehre, eine Musical-Premiere besprechen zu dürfen."
    Sie legte den Folianten aufgeschlagen auf einen kleinen runden Tisch und erhob sich. Im Laufe der Jahre hatte sich unsere Beziehung etwas gewandelt. Früher war sie meine Ersatzmutter und Erzieherin gewesen, jetzt hatte sie eher die Rolle einer erfahrenen Freundin und Ratgeberin.
    Sie sah mich seltsam an.
    "Du siehst aber nicht so aus, als hättest du einen schönen Abend gehabt", stellte sie dann fest.
    Wir kannten uns einfach zu gut, als dass ich ihr etwas hätte vormachen können.
    Ich atmete tief durch und suchte noch nach den richtigen Worten.
    Tante Lizzy fasste mich bei den Schultern.
    "Was ist los, Patti?"
    "Das Geringste ist wohl die zerbrochene Frontscheibe des Mercedes", sagte ich.
    "Oh Gott, hattest du einen Unfall?"
    "Ich weiß nicht, ob das das richtige Wort ist", sagte ich gedehnt. Und dann berichtete ich ihr in knappen Worten, was geschehen war.
    Für Augenblicke tauchte dabei das grünliche, drachenähnliche Wesen wieder vor meinem inneren Auge auf. Ich konnte fühlen, wie sich mein Puls wieder beschleunigte.
    Es war so furchtbar gewesen...
    "Tante Lizzy, ich habe nicht die geringste Ahnung, was das war!", rief ich dann, und Verzweiflung schwang in meiner Stimme mit. Allein die Erinnerung verursachte mir ein kaltes Frösteln. "Dieses Wesen hatte die Absicht..."
    Ich schluckte und brach ab.
    "Rede weiter, Patti!"
    "Es wollte mich töten! Daran habe ich nicht den geringsten Zweifel."
    "Und du bist dir sicher, dass es nicht eine Traumvision war?"
    Ich wusste, worauf Tante Lizzy hinauswollte. Seit meiner Kindheit verfügte ich über eine leichte seherische Gabe, die sich unter anderem in Träumen, Tagträumen und Visionen zeigte. So konnte ich für kurze Momente die ansonsten unüberbrückbaren Abgründe von Raum und Zeit überwinden. Manchmal war es nur ein kurzes Schlaglicht auf die Zukunft, was ich erhaschen konnte.
    Oder ich hatte eine unheilvolle Ahnung. Hin und wieder jedoch sah ich auch sehr klare Bilder. Allerdings war es meist schwierig, diese richtig zu deuten, denn der größere Zusammenhang blieb mir zumeist verborgen.
    Das Schlimme war, dass ich diese Gabe – wie Tante Lizzy meine Fähigkeit nannte, - nicht kontrollieren konnte. Diese Träume und Visionen überfielen mich plötzlich und ohne Vorwarnung. Oft empfand ich sie eher als Fluch. Ein drohendes Verhängnis auf einen geliebten Menschen oder sich selbst zurollen zu sehen, ohne zu wissen, wie man es abwenden könnte, ist grausam.
    Zunächst hatte ich mich lange dagegen gesträubt, zu akzeptieren, dass ich über diese übersinnliche Gabe verfügte.
    Aber durch Tante Lizzy hatte ich gelernt, dass ich nicht einfach die Augen davor verschließen konnte.
    Ich konnte nicht so tun, als ob da nichts wäre.
    Stattdessen musste ich mehr und mehr lernen, diese Gabe zu kontrollieren.
    Aber das war leichter gesagt als getan.
    Und noch immer befand ich mich dabei ganz am Anfang meines Weges.
    "Patti", hörte ich die sanfte Stimme meiner Großtante. "Patti, bist du dir sicher, dass es keine Vision war?"
    In meinem Kopf wirbelte alles durcheinander. Empfindungen der unterschiedlichsten Art. Ängste, Befürchtungen und das Gefühl das kalten Grauens, das sich heimtückisch meinen Rücken hinaufgeschlichen hatte, dort eine Gänsehaut erzeugte und mich zittern ließ.
    Was war es, was ich da gesehen und erlebt hatte?
    "Ich weiß es nicht",

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