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Hexenmacht

Hexenmacht

Titel: Hexenmacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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sagte Wu gedehnt. "Dieses Papier wurde für mich angefertigt. Briefkopf und dergleichen fehlen. Das übernahm die Druckerei. Wir wollten für die geschäftliche Korrespondenz Papier verwenden, das eine ganz individuelle Note aufweist."
    "Haben Sie diesen Brief verfasst?", fragte ich.
    "Bedaure, aber das ist nicht meine Handschrift, wie ein Schriftvergleich jederzeit wird bestätigen können."
    "Jemand hat versucht, meine Schrift zu kopieren."
    "Dann sollten Sie in Ihrem Bekanntenkreis nach dem >Täter< - wenn man es so ausdrücken will – suchen. Nicht in meinem Büro."
    Seine Stimme hatte jetzt einen harten, metallisch klingenden Unterton bekommen. Er wurde nicht unhöflich, aber sein Tonfall hatte das weiche, eher schmeichelnde Element verloren.
    In seinen Augen blitzte es jetzt auch, als er noch hinzufügte: "Nennen Sie mir einen plausiblen Grund, weshalb ich Mr. Davis einen Brief schreiben sollte!"
    "Vielleicht haben Sie recht", murmelte ich.
    "Bestimmt. Da Sie, wie ich sehe, nicht eine Reportage über mich oder mein Unternehmen im Sinn haben, denke ich, unser Gespräch ist hiermit beendet."
    Mr. Wu gab Steve den Brief zurück.
    Ich sah den Reeder an. "Ich weiß, dass Sie ein vielbeschäftigter Mann sind..."
    "Sie sagen es!"
    "...aber vielleicht sagen Sie mir noch, wie Sie an diese Wachsfigur gekommen sind."
    Bei diesen Worten deutete ich auf den Mann mit der Narbe.
    "Ich habe sie auf einer Auktion erworben. Ein Nachlass."
    "Dann sagt Ihnen der Name Lady Jennifer Blanchard sicher nichts?"
    Er schwieg.
    Seine Augen musterten mich einen Moment lang, und er schien nicht so recht zu wissen, wie er auf meine Frage antworten sollte.
    Ich half ihm etwas auf die Sprünge.
    "Diese Wachsfigur befand sich im Besitz von Lady Blanchard. Sie stand in ihrem Landhaus auf der schottischen Halbinsel Harris. Ich habe sie selbst dort gesehen."
    Wu hob die dünnen, kaum sichtbaren Augenbrauen.
    "Jetzt weiß ich, warum mir Ihre Namen von Anfang an so bekannt vorkamen. Sie haben damals über die seltsamen Ereignisse im Haus der Lady Jennifer Blanchard berichtet."
    "Ja, unsere Reportagen und Berichte wurden von vielen Zeitungen übernommen."
    In diesem Moment erschien ein sanfterer Zug in Mr. Wus Gesicht.
    Man hätte es beinahe als Lächeln bezeichnen können.
    "Ich bin sehr an Themen interessiert, die den Bereich des Okkultismus streifen. Diese Lady Jennifer Blanchard benutzte diese Wachsfiguren, um mit Verstorbenen in Kontakt zu treten. Ich selbst habe überlegt, dies zu tun und die Dienste dieser zweifellos übersinnlich stark begabten Frau in Anspruch zu nehmen."
    "Und?", fragte ich. "Haben Sie es getan?"
    "Nein", erklärte Wu. "Ich habe mich davon überzeugen lassen, dass man die Toten ruhen lassen sollte. Und es scheint, als hätten die Ereignisse auf Harris diese Auffassung auch bestätigt, nicht wahr?"
    "Wir haben uns in unserem Berichten niemals in Spekulationen darüber ergangen", gab ich zu bedenken.
    "Ich bin in der Lage, zwischen den Zeilen zu lesen, Miss Vanhelsing." Wu atmete tief durch. "Nun verstehen Sie vielleicht mein Interesse an diesen Wachsfiguren. Ich erwarb einige von ihnen aus dem Nachlass jener Lady Jennifer Blanchard. Sie dienen im Moment allerdings rein dekorativen Zwecken – um die Antwort auf Ihre nächste Frage vorwegzunehmen. Ich habe nicht die Absicht, sie zu irgendwelchen Beschwörungen oder dergleichen zu benutzen."
    Er erhob sich, und das war für uns das Signal zum Aufbruch.
    "Mögen die Drachengeister Sie beschützen", sagte er.
    "Ich kenne mich in der Tradition des chinesischen Okkultismus und Geisterglaubens nicht aus", bekannte ich.
    "Sie sollten sich darüber informieren, Miss Vanhelsing."
    "Können sich diese Schutzgeister in ihr Gegenteil verwandeln?", fragte ich.
    "Warum nicht?", erklärte er. "Vielleicht kennen Sie die Lehre von Ying und Yang. Licht und Dunkelheit durchdringen einander. In der Dunkelheit ist auch ein Funken des Lichts zu finden – und im Licht der Keim der Finsternis."
    Sein Timbre wurde etwas dunkler. Seine Stimme klang bedeutungsschwer. "Die Dinge sind niemals nur das, was sie zu sein scheinen, Miss Vanhelsing."
    Aus Mr. Wus Mund klang dieser Satz beinahe wie eine düstere Weissagung...
     
    *
     
    Der Diener geleitete uns hinaus aus dem weitläufigen Büro. Stumm und beinahe etwas maschinenhaft ging er in einer blütenweißen Uniform vor uns her, den Blick stets starr nach vorn gerichtet.
    Als wir den Treppenaufgang passiert hatten, wurde mein Blick abermals von der

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