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Hexenmacht

Hexenmacht

Titel: Hexenmacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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woher."
    Steve nickte. "Ja, da hast du recht. Die Tatsache, dass der Brief auf jeden Fall hier in London aufgegeben wurde, hieß noch lange nicht, dass das Papier auch hier hergestellt worden ist!" Er hob die Schultern. "Aber ich habe es eben einfach probiert, und dieses Wasserzeichen schien mir auch gleich etwas Besonderes zu sein. Keine Massenware. Und tatsächlich, Greene & Dawson haben ein Briefpapier mit genau diesem Drachenmotiv für einen gewissen George Wu hergestellt. Eine spezielle Anfertigung nach Entwürfen von Mr. Wu selbst."
    "Wer ist dieser George Wu?"
    "Ein reicher Hongkong-Chinese. Ihm gehört eine Reederei. Er wohnt in der Bradford Street."
    Jetzt verstand ich.
    "Ich nehme an, ich soll jetzt genau dorthin fahren, ja?"
    Er lachte. "Erraten, Patti."
    Ein Strohhalm, dachte ich. Mehr war es nicht, was wir in der Hand hatten. Aber die Lage in der wir uns befanden, ließ uns nach allem greifen, was auch nur den Hauch einer Chance verhieß.
     
    *
     
    George Wu residierte in einer Villa, die sicher doppelt so groß war, wie die meiner Großtante Elizabeth Gormic. Ein hochherrschaftliches Anwesen, das mindestens hundertfünfzig Jahre alt war und dessen Fassade mit äußerster Sorgfalt in Stand gehalten wurde.
    Ein gusseiserner Zaun umgab den weitläufigen Garten. Was man von den Grünanlagen durch die Gitterstäbe sehen konnte, wirkte äußerst gepflegt.
    Ich drückte auf den Knopf der Gegensprechanlage.
    "Sie wünschen?", sagte eine relativ hohe Männerstimme in akzentbeladenem Englisch.
    "Wir hätten gerne Mr. Wu gesprochen. Mr. George Wu."
    "Mr. Wu ist ein vielbeschäftigter Mann..."
    "Er wird sicher ein paar Minuten für die Fragen der News erübrigen können."
    Ich sagte bewusst nur >News< und nicht >London Express News<. Ich rechnete damit, dass mein gegenüber automatisch annehmen würde, dass ich das seriöse Blatt >The News< vertrat, dessen Wirtschaftsteil auch in Kreisen eines George Wu ein hohes Ansehen besaß, während die >London Express News< ein Boulevardblatt war, das sich an ganz andere Käuferschichten richtete.
    Ich musste eine Weile auf eine Reaktion warten.
    Dann wurde das gusseiserne Tor elektronisch geöffnet. Steve und ich schritten hindurch.
    Das ausladende Portal der Villa wirkte etwas protzig. Wir schritten die Stufen hinauf und erreichten den Eingang. Es gab einige Details, in denen sich dieses Haus von anderen Londoner Villen des letzten Jahrhunderts deutlich unterschied.
    So gab es keinen Löwenkopf aus Messing an der Tür, durch dessen Nase ein Ring gezogen war. Er war irgendwann durch den Kopf eines Drachen ersetzt worden, der uns mit weit aufgerissenem Maul anstarrte.
    Die Tür wurde uns geöffnet.
    Ein chinesischer Diener in einer weißen Uniform stand vor uns. Sein Gesicht wirkte ausdruckslos.
    "Guten Tag", sagte er.
    "Guten Tag. Mein Name ist Patricia Vanhelsing, und dies ist mein Kollege Mr. Steve Davis."
    "Mr. Wu hat einen Augenblick Zeit für Sie – aber nicht zu lange. Wie gesagt, er ist ein vielbeschäftigter Mann."
    "Dafür habe ich Verständnis."
"Wenn Sie mir bitte folgen würden..."
    Wir wurden von dem Diener durch Korridore und weitläufige Räume geführt. An den Wänden hingen Seidenmalereien, das Mobiliar war eine seltsame Mischung aus allen möglichen Stilen. Zierliche Diwane fielen mir am meisten auf. Deren Polster waren mit asiatisch wirkenden Stickereien besetzt.
    Und auch hier dominierte wieder das Drachenmotiv.
    Ich blieb stehen.
    Und Steve, der es ebenfalls bemerkt hatte, folgte meinem Beispiel.
    "Wir scheinen hier tatsächlich an der richtigen Adresse zu sein...", raunte er.
    Ich starrte auf die Stickereien.
    Die Drachen sahen in jedem Detail wie Abbilder jener Bestien aus, die uns aufgelauert hatten.
    "Ist irgend etwas?", fragte der Diener.
    "können Sie mir etwas über diese Drachen sagen?", fragte ich.
    "Mr. Wu liebt dieses Motiv."
    Seine Antwort war so nichtssagend wie sein Gesichtsausdruck. Seine dunklen Augen musterten mich aufmerksam, aber es war unmöglich, auch nur eine einzige Empfindung daraus abzulesen.
    "Ich habe die Drachen schon draußen an der Tür gesehen. Steht irgendeine Tradition dahinter?"
    "Es sind Glücksgeister", erklärte der Diener. "Und sie bewachen das Haus von Mr. Wu. Wenn Sie mir jetzt bitte weiter folgen wollen..."
    "Natürlich."
    "Wie gesagt, die Zeit von Mr. Wu ist sehr begrenzt."
    Wir gingen einen breiten Treppenaufgang hinauf. Unterhalb dieses Aufgangs war eine schwere Mahagoni-Tür, deren Griff ebenfalls in Form

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