Hexennacht
Straßen und Gassen wie die Tunnels, wie die Kanalisation . Die Kanalisation! Wenn er bloß ein Schlupfloch fände, in dem er sich verkriechen könnte! Er wollte nicht vor den Augen anderer sterben! Nur dieser Gedanke hielt ihn lange genug auf den Füßen, daß er es bis ins Rattenfall schaffte, wo man ihn kannte.
Er hörte, daß jemand seinen Namen rief, doch er war bereits auf die Knie gesackt. Er brachte nur noch fertig, sich zusammenzurollen, dann verlor er das Bewußtsein.
Als er aufwachte, lag er unter Decken, und ein Tuch kühlte seinen Kopf.
Sobald er sich bewegen konnte, ergriff er die Hand neben sich.
Mühsam öffnete er die Augen, doch das Gesicht vor ihm verschwamm. Eine Stimme sagte: »Versuch nicht zu reden. Das Schlimmste hast du überstanden. Du wirst wieder gesund, wenn du das hier trinkst.«
Etwas wurde ihm zwischen die Lippen gedrückt, es war hart wie Steingut oder Metall und scharrte über seine Zähne. Dann hob jemand seinen Kopf, und eine bittere Flüssigkeit rann seine Kehle hinunter.
Er würgte, dann erinnerte er sich, daß er schlucken mußte. Als er nichts mehr hinunterbrachte, wischte ihm jemand die Lippen ab.
»Gut, sehr gut, Junge«, sagte die Stimme. Dann schlief er ein und träumte, daß sein Körper brannte und Feuer aufloderte und er verzweifelt versuchte, die Flammen zu löschen, doch sie kamen immer wieder, und sein Körper verschwand und ließ ihn unsichtbar und einsam auf einer leeren Straße in Abwind zurück.
Beim Erwachen roch er Hühnerbrühe.
Er öffnete die Augen. Diesmal drehte sich die Kammer vor seinen Augen erst, als er versuchte, sich aufzusetzen.
Stimmen murmelten irgendwo, dann beugte sich jemand über ihn, und langes schwarzes Haar streifte seine Wange.
»So ist es gut, und nun trink das«, forderte ihn ein verschwommenes Gesicht auf.
Er gehorchte, und ein Wohlgefühl durchrann ihn. Sein Blick klärte sich, er sah endlich das Gesicht vor sich: die Ladykämpferin Kama vom 3. Kommando. Hinter ihr verrenkte sich der Truppenzauberer Randal fast den langen Hals und rieb sich die Hände.
»Hoffentlich habt Ihr recht, Kama«, sagte er nachdenklich. »Ich lasse Euch jetzt allein. Wenn Ihr mich braucht, ruft. Ich bin vor der Tür.«
Er schloß sie hinter sich, und Zip war allein mit seiner Feindin. Verzweifelt versuchte er, sich auf die Arme zu stützen, doch ihm fehlte die Kraft. Er wollte nichts als weglaufen, aber er konnte nicht einmal den Kopf heben. Zuviel hatte er von Stratons Geschicklichkeit bei der Vernehmung gehört! Es wäre besser gewesen, er wäre auf der Straße gestorben, als solchen Leuten lebend ausgeliefert zu sein.
Sie setzte sich auf die Bettkante und nahm seine Hand.
Alles in ihm verkrampfte sich und er dachte: Gleich beginnt es ... Folter ... Drogen ... Sie haben mich vor einem Tod gerettet, um mir einen qualvolleren zu geben!
Sie sagte: »Das will ich schon die ganze Zeit tun, seit ich dich zum erstenmal sah.« Sie beugte sich über ihn und küßte ihn auf die Lippen.
Als sie sich aufrichtete, lächelte sie.
Er hatte nicht die Kraft, sie zu fragen, was sie mit ihm vorhatte und was der Kuß bedeuten sollte; seine Stimme gehorchte ihm nicht.
»Es war ein Mißverständnis. Gayle wußte nicht, was du tun wolltest. Wir bedauern es alle sehr. So, aber ruh dich jetzt aus und werde schnell gesund. Wir kümmern uns um dich. Ich kümmere mich um dich! Wenn du mich verstehen kannst, dann blinzle.«
Er blinzelte. Er war nicht in der Lage zu protestieren, aber er wollte es auch gar nicht. Wenn Kama vom 3. Kommando bereit war, sich um ihn zu kümmern, sollte sie es doch - er hatte nichts dagegen.
Originaltitel: What Women Do Best
Copyright © 1984 by Chris und Janet Morris
Deutsch von Lore Straße
Die Beysa
Sonnentochter
Robin W. Bailey
»Habe ich dir gefehlt?«
Beim Klang dieser Stimme wirbelte Kadakithis vom Fenster herum und starrte in stummem Staunen auf die junge Frau an der Tür. In einer Sommerwolke aus wallender weißer Seide und mit sonnengebadetem Haar lief sie auf ihn zu. Lächelnd schlang sie die Arme um ihn.
»Kusinchen!« So stürmisch umarmten sie einander, daß sie kaum noch Luft bekamen. Schließlich hielt der Prinz sie in Armlänge von sich und betrachtete sie. »Mein Gott! Wie sehr du dich verändert hast!« Sie mußte sich vor ihm drehen, und er rieb mit gespieltem Ernst sein Kinn. »Chenaya, du warst schon lieblich, als ich Ranke verließ, doch nun bist du von unübertrefflicher Schönheit!« Seine Finger fuhren eine
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