Hexennacht
mit dem 3. Kommando?« fragte Lowan nachdenklich. »Sie haben Theron auf Rankes Thron gesetzt, und sie wissen, daß Kadakithis der rechtmäßige Thronfolger ist. Hat Theron sie wirklich verbannt, oder sind sie nur hier, um einen weiteren Mord zu begehen?«
Molin runzelte die Stirn und rieb die Hände. »Ich weiß nichts über sie, außer daß sie ursprünglich von Tempus Thales gegründet wurden, als er dem Kaiser diente.«
Chenaya plagte sich in einen Stiefel. »Tempus!« spuckte sie. »Dieser Schlächter!«
Molin Fackelhalter hob eine Braue. »Wie viele hast du in der Arena getötet, seit ich von Ranke fort bin, Kind? Für Tempus Thales ist der Tod eine Sache des Krieges oder der Pflicht.« Er blickte auf sie hinab. »Für dich ist er ein Spiel!«
»Ein Spiel, das deinen Beutel füllte!« erinnerte sie ihn. »Glaubst du, ich weiß nichts von den Wetten, die du auf mich abgeschlossen hast?«
Er ignorierte ihre Bemerkung und wandte sich mit ausgestreckten Händen an ihren Vater. »Lowan, vertrau mir. Kadakithis darf nicht vom Tod seines Bruders erfahren! Ihr wißt doch selbst, welch ein idealistischer Narr er ist! Er würde geradewegs nach Ranke reiten, um den Thron zu beanspruchen, und Theron würde ihn niedermetzeln.« Er drehte sich zu Chenaya um. Die Besorgnis in seiner Stimme war echt. »Es ist besser, wenn wir hier in Freistatt für seinen Schutz sorgen, bis wir einen Plan haben, der ihm sein Geburtsrecht sichern kann.«
Bei jedem Wort aus seinem Mund erinnerte sich Chenaya an die kleine grüne Schlange - Beynit nannte ihr Onkel sie -, die sich um das Handgelenk der Beysa gewickelt hatte. Molin war gleichfalls eine Schlange, wie sie aus langjähriger Erfahrung wußte. Er zischte nicht so gräßlich und verbarg seine Fänge, trotzdem fühlte sie, daß er sie in seinen Griff bekommen wollte.
»Onkel«, schnaufte sie, während sie sich mit dem zweiten Stiefel abmühte, »du machst einen großen Fehler, wenn du mich für eine Närrin hältst. Ich kenne meinen kleinen Prinzen viel besser, als du ihn je kennen wirst! Ich bin nicht in den Palast gelaufen, um ihm von den Geschehnissen in der Hauptstadt zu berichten, sondern um einen Freund zu besuchen, den ich gern wiedersehen wollte.« Sie stand auf und befestigte die Träger, die mehr Zier, denn notwendig für ihre Kleidung waren. »Und um mir ein Bild des Palasts und der Umgebung zu machen. Deine verehrte Beysa wird nicht die einzige sein, mit der Kadakithis rechnen kann. Ich beabsichtige, viel Zeit im Palast zu verbringen.« Sie zog das Schwert aus der Truhe. Es war eine meisterhafte Arbeit, mit vergoldeter Parierstange in der Form von Schwingen und einem Edelstein als Knauf, den metallene Vogelkrallen hielten. Sie befestigte das Schwert tief um ihre Hüfte. Als letztes streifte sie eine Manica über, einen Ärmel aus Leder und Metallringen, wie Arenakämpfer ihn gerne trugen; ein Riemen um ihre Brust hielt die Manica fest. »Theron wird nie an ihn herankommen, das verspreche ich dir!«
»Meine Nichte scheint zu vergessen, daß sie eine Frau ist!« höhnte Molin. »Kann ein einfacher Gladiator den Prinzen besser beschützen als die Garnison? Oder die Höllenhunde? Oder unsere beysibischen Verbündeten?«
Sie schüttelte die langen blonden Locken zurück und hielt sie mit einem goldenen Stirnreif aus dem Gesicht. In Stirnmitte prangte ein goldener Strahlenkranz an dem Reif: Das Zeichen des Gottes Savankala. »Ich bin kein einfacher Gladiator«, erinnerte sie ihn kalt, »wie du altes Wiesel genau weißt.«
Molin war der einzige, der das Geheimnis ihres Traumes kannte und von ihrer Belohnung durch den Gottvater des rankanischen Pantheons wußte - und wie sehr sie bedauerte, daß sie ihm je davon erzählt hatte! Aber damals war sie noch sehr jung gewesen, knapp vierzehn, und daß sie sich ihm törichterweise anvertraut hatte, war verständlich. Sie hatte es damals für erforderlich gehalten, einen rankanischen Priester einzuweihen, ihm ihren Traum und Savankalas Erscheinung zu gestehen und daß er ihr drei Wünsche gewährt hatte. Molin hatte sie auf die Probe gestellt und wußte, daß ihr Traum Wirklichkeit gewesen war.
Sie fuhr aufreizend über ihren Busen und erinnerte Molin an den ersten dieser Wünsche. »Bin ich nicht zur Schönheit geworden, Onkel? Wahrscheinlich, Savankala hat mich gesegnet!«
Sie sah, daß ihr Vater die Stirn runzelte. Er hielt ihre Worte für Prahlerei; das gefiel ihm zwar nicht, aber er war daran gewöhnt. Er lehnte sich an den
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