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Hexennacht

Hexennacht

Titel: Hexennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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Arved
fuhr an der Klostermauer entlang und an dem Durchfahrt verboten,
Anlieger frei- Schild vorbei, bis er in den Schammat und von dort
aus in die Saarburger Straße einbog. Der silberne Golf von Frau
Meisen stand einsam am Bordstein. Arved parkte seinen Bentley
dahinter und rannte zum Hauseingang. Er schellte. Nichts tat sich.
Hatte sie sich eingeschlossen? Hatte sie sich etwas angetan? War sie
noch nicht zu Hause?
    Arved trat einen Schritt von dem Haus zurück und schaute an
der weißen und rosafarbenen Fassade hoch. Nach hinten raus
musste das Schlafzimmer liegen. Nichts regte sich.
    Er umrundete das Haus und spähte von unten an dem Ahorn
vorbei. Die Gardinen bewegten sich nicht. Warum hatte er sie aus den
Augen verloren? Er hätte sie nie aus dem Haus gehen lassen
dürfen. Was mochte sie so erschreckt haben? Er hatte an dem
Kopfreliquiar nichts Außergewöhnliches bemerkt. Wieder
erinnerte er sich daran, dass sie auf dem Friedhof die Schaufel hatte
fallen lassen. Dieses Durchscheinende, Ätherische. Als
gehöre sie schon einer anderen Welt an.
    Es gab keine andere Welt. Es gab nur Lügen darüber.
    Er setzte sich in seinen Wagen und wartete. Wenn sie kein Taxi,
sondern öffentliche Verkehrsmittel nahm, konnte sie noch nicht
zu Hause sein. Und wenn sie gar nicht hierher zurückkehrte? Er
konnte sie nicht in der ganzen Stadt suchen; es blieb ihm nichts
anderes übrig, als hier zu warten.
    Als er ein wenig zur Ruhe kam und die sanften Düfte von altem
Leder und Holz ihn wieder in ihren Bann schlugen, war es ihm, als
treibe er in seinen Empfindungen und Phantasien fort. Ein Toter,
dessen Leichnam verschwunden war. Ein seltsamer Rebstock, der ihm zum
Verhängnis geworden war – und der ebenfalls verschwunden
war. Oder? Sollte Arved nicht noch einmal in die Eifel fahren und die
verfallene Hütte im Wald untersuchen? Was würde es ihm
bringen? Würde es all die Rätsel lösen? Nein, er
musste hier warten, er musste auf Magdalena warten und versuchen, ihr
zu helfen.
    Er schaute die Straße hinauf und durch den Rückspiegel
hinunter. Auf der Straße war es beinahe unheimlich ruhig.
Manchmal kam ein Auto, manchmal stieg jemand aus, Magdalena war nie
dabei.
    Als die Sonne unterging, saß Arved noch immer hinter dem
hölzernen Lenkrad seines Wagens und wartete. Inzwischen musste
sie doch angekommen sein, selbst wenn sie zu Fuß gegangen war.
Er machte sich große Sorgen. Wenn ihr etwas zugestoßen
war – nicht auszudenken! Er wartete weiter.
    Erst gegen Mitternacht machte er sich auf den Heimweg. Sollte er
die Polizei verständigen? Was aber sollte er dort vorbringen?
Nein, das war unmöglich. Es blieb ihm nichts anderes übrig,
als es morgen nochmals zu versuchen.
    Zu Hause schüttete er Trockenfutter in die Näpfe der
Katzen, die sich wieder einmal nicht blicken ließen. Dann ging
er zu Bett.
    Er träumte von Magdalena Meisen. Arved stand wieder auf der
Nordallee. Kein Auto befand sich auf der Straße, kein Passant
war zu sehen – außer Magdalena. Sie saß in der
Fußgängerzone vor dem gotischen Dreikönigenhaus. Als
sie ihn bemerkte, schwebte sie zu ihm heran. Sie hatte sich nicht
erhoben, sondern glitt in sitzender Position durch die Luft, als
werde sie getragen. »Helfen Sie mir«, sagte sie ganz fern;
es war kaum mehr als das Rauschen eines mächtigen Baumes. Aber
dort stand kein Baum. Arved erwachte schlagartig. Er wälzte sich
im Bett herum. Von draußen drang gedämpft der Schein einer
Straßenlaterne durch das mit Efeu bewachsene Fenster und fiel
auf seinen Wecker; es war vier Uhr in der Nacht.
    Zwei Schatten regten sich auf der Fensterbank. Arved zuckte
zusammen. Es waren Salomé und Lilith. Er warf einen Blick zur
Tür. Sie war verschlossen. Wie waren die beiden Katzen hier
hereingekommen? Arved drehte sich um, doch er konnte nicht mehr
einschlafen. Das Gefühl, von den Tieren beobachtet zu werden,
raubte ihm den Schlaf. Er stand auf, öffnete die Tür und
versuchte die Katzen herauszulocken.
    Sie bewegten sich nicht.
    Er machte einen Schritt auf sie zu. Sie wurden durchsichtig. Nein,
sie verschmolzen mit den Schatten. Er traute sich nicht, nach ihnen
zu greifen. Noch hatten sie ihn nicht gekratzt, aber er
fürchtete ihre scharfen Krallen. Er rieb sich die Augen. Sie
waren tatsächlich weg. Wahrscheinlich hatte er nicht bemerkt,
wie sie zwischen seinen Beinen nach draußen gehuscht waren. Er
schloss die Tür wieder und legte sich erneut schlafen.
    Nun träumte er von Trier – von einem seltsam

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