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Hexennacht

Hexennacht

Titel: Hexennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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Straße, lief
zu seinem Bentley, stieg ein – und weinte. Wie hatte er sich so
seinem sterbenden Freund gegenüber verhalten können? Es war
ihm, als stehe er tatsächlich unter irgendeinem bösen
Einfluss. Kurz überlegte er, ob er ins Haus zurückkehren
sollte. Da sah er, wie von innen die Rollläden heruntergelassen
wurden, wie zum Schutz gegen die Welt. Mit einem Seufzer startete er
den Wagen und fuhr los.
    Lioba Heiligmann. Was für ein seltsamer Name. Er nahm sich
vor, diese Frau ausfindig zu machen.

 
13. Kapitel
     
     
    Heute war es zu spät. Im Dunkeln kam er nach Hause, in
Finsternis parkte er den Wagen, in Düsterkeit schlich er in sein
Haus. Und es geschah etwas, das noch nie zuvor geschehen war.
    Lilith und Salomé begrüßten ihn. Als er das
grüne Licht in der Halle einschaltete, stoben sie nicht davon,
sondern strichen ihm um die Beine. Sie schnüffelten
unablässig am Saum seiner Hose, als ob dieser ungemein aufregend
sei. Er versuchte die Tiere sanft fortzudrängen, doch es gelang
ihm nicht. Er ging in die Küche und stellte ihnen zwei
Näpfe mit Trockenfutter hin, das sie einfach verschmähten.
Immer wieder rieben sie sich an seinen Hosenbeinen und miauten
behaglich. So hatte er sie noch nie erlebt. Fast freute er sich. Es
war gar nicht so unangenehm, wenn man in einem einsamen Haus
begrüßt wurde. Dann fiel es ihm ein.
    Die Gestalt in dem schwarzen Umhang hatte ihn vorhin im Wald
gestreift. Vielleicht war es ihre Präsenz, die die Katzen
rochen.
    Arved huschte ins Wohnzimmer, konnte die Tiere jedoch nicht
abschütteln. Er setzte sich auf seine behagliche Couch, in die
er tief einsank, und die Katzen ließen nicht vom
Schnüffeln an seiner Hose ab. Hin und wieder schauten sie ihn
mit ihren grün schillernden Augen an; es war wie eine
Aufforderung. Wozu?
    Er stand wieder auf und schob eine CD mit Louis-Armstrong-Liedern
ein. »What a wonderful world…« Was für eine
wunderbare Welt es sein könnte, wenn man ihr bloß eine
Chance gäbe. Die Katzen blieben auch in seinem Schlepptau, als
er aus dem kleinen Intarsienschränkchen in der Diele das
Telefonbuch herauskramte. In dem grünen Jugendstillicht musste
er die Augen zusammenkneifen, um überhaupt etwas entziffern zu
können, doch er war zu neugierig, um das Buch mit ins Wohnzimmer
zu nehmen.
    Es gab nur eine Person in Trier namens Lioba Heiligmann. Sie
wohnte in der Krahnenstraße 37 b, unweit der Mosel und des
alten Krans. Gleich morgen früh würde er sie aufsuchen.
    Er schlich zurück ins Wohnzimmer. Plötzlich hatten die
beiden Katzen genug gerochen. Sie sprangen rechts und links von ihm
auf das Sofa und legten sich hin. Ganz vorsichtig hielt er ihnen die
Hände vor die Schnauzen. Sie schnupperten daran und rieben die
Köpfe an seiner Haut. Er wagte, sie zu streicheln. Sie
schnurrten und ließen es geschehen. Es war ein erstaunlich
angenehmes Gefühl. Arved hatte nie zuvor in seinem Leben eine
Katze gestreichelt, nachdem er als Kind einmal von einem
ausgewachsenen Kater gekratzt worden war, bevor er ihn hatte
berühren können. Das Streicheln half seinen Gedanken, auf
die Wanderschaft zu gehen. Er hörte kaum mehr die Musik –
»High Society…« – und dachte an Magdalena. An ihr
Bild in dem Baum auf der Lichtung. Nur eine Vision? Er dachte an die
seltsamen Gerätschaften im Keller unter der Hütte. Er
dachte an seinen Freund Thomas und an dessen Weigerung, den
Ereignissen eine übernatürliche Begründung zu geben.
War er tatsächlich in diese junge Witwe verliebt? Das war
absurd. Arved hatte noch nie geliebt und war noch nie geliebt worden.
Er hätte dieses Gefühl gar nicht erkannt, sagte er
sich.
    Die Katzen schienen eingeschlafen zu sein. Vorsichtig stand Arved
von dem Sofa auf, ohne sie zu stören, verließ das Zimmer
und stieg nach oben. Er trat unter seine nur provisorisch
aufgestellten Reliquiare, die von der Straßenlaterne hinter dem
Efeu wie mit scheuen Lichtfingern umkost wurden. Und er tat etwas,
das ihm noch vor ein par Tagen absurd erschienen wäre.
    Er kniete sich auf den dichten chinesischen Teppich und
betete.
    Er betete für die Seelen von Magdalena und Jürgen Meisen
und darum, dass er der jungen Frau helfen könne.
    Seine Gebete blieben wie immer ohne Antwort.
    Ächzend erhob er sich wieder und strich sich den Staub von
den schwarzen Hosenbeinen. Was sollte das? Warum machte er sich vor
sich selbst lächerlich? Hatte Gott schon einmal seine Gebete
erhört? Hatte er seine Eltern gerettet, als sie

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