Hexensabbat
Entzückung aller Kunst, so hoch habt würdigen wollen; das Leben selbst erscheint so, wenn man Euren Grillen oder Einbildungen folgt, in einem weit schöneren und würdigeren Lichte; aber hütet Euch, daß Euch jene Kurzsichtigen nicht irgend einmal vernehmen, die alles nur nach dem Winkelmaße messen, und das Geistige mit den gestempelten Gewichten wiegen wollen; diese könnten Euch böse Ausdeutungen Eurer Poesie machen.
Es hat nichts zu bedeuten, sagte der Maler; denn sie sind schwach, körperlich sowohl als geistig. Sie verstehen mich auch nicht, wenn ich nicht, um sie zu ärgern, dürre und grob alles sagte; und warum sollte ich sie angreifen? Bin ich doch im wesentlichen mit diesen Priestern und allen Frommen einverstanden. Aber ich deute mir die Lehre; ich fable, wo Grund und Boden ausgeht. Alle Maler und Dichter haben es von je so gemacht, wenn man es gleich vielen, und vor allen dem großen Dante, sehr verdacht hat.
Catharina sagte: Eure Reden und schwärmende Phantasien, lieber Alter, haben mich wehmütig gestimmt. Wenn ich Euren Dichtungen folgen möchte, so schwindelt mir auch und der Boden versinkt mir unter den Füßen. Ist es nicht besser, sich dem Leben und der Poesie unwissend und bescheiden hinzugeben, als, wenn auch im Bilde, den Grund des Verständnisses finden zu wollen?
Auch so ist es gut, antwortete Labitte; wer Ruhe dabei findet, ist im Recht. Jeder mag seinen eignen Weg gehn, nur ohne Hochmut oder verdummenden Eigensinn, so wird jede Seele sich auch wahrhaft selbst antreffen. Ach! liebste Freundin, darum ist meiner Seele die Verehrung und Anbetung der Maria auch so notwendig und unentbehrlich. In dieser Gestaltung der vergötterten weiblichen Natur hat sich die innige Poesie des Christentums erst beschlossen. Die Liebe selbst, das stille Entzücken, die Verehrung der Ruhe, der himmlischen Ergebung, alles Süße, wovon das Kind schon still befriedigt wird und wonach der Greis sich noch sehnt, was der roheste Bösewicht und der wildeste Heide, der Gottesleugner und der Freche, der an Unschuld und Jungfrauen frevelt, was alle diese nie ganz in sich vertilgen können, ist in diesem Glauben, in diesem Bilde uns sichtbar und überzeugend nahe gekommen. Diese schöne Demütige, diese kindliche Jungfrau, welche niemals zürnen kann, deren Fürbitte und Liebe sich nie erschöpft, die nie ermüdet, sich dem Flehenden zu nahen, die immerdar vergibt und der Reue freundlich entgegentritt, alle diese himmlischen Tugenden des echten Weibes, welche nie glänzen, der Menge und dem stürmischen Gemüte nie sichtbar werden, auch diese mußten vergöttert und in die Lehre einer wahren allgemeinen Kirche aufgenommen werden. Der schlichteste Sinn, dem alle Geheimnisse verschlossen bleiben, kann in dieser Anbetung seine Fülle und Genüge finden und den Durst seines Herzens löschen.
Und wie? erwiderte Catharina, wenn ich Euch auch ganz in diesem letzten Gefühl folge und verstehe, fallt Ihr dennoch nicht in eine Art von Heidentum? Ja Ihr dürftet vielleicht dessen abgöttische Bilder nach Eurer Denkweise nicht so ganz aus Eurem Pantheon fortweisen, da Ihr schon mit Entzücken von den Feen und den Geistern sprecht, die, nach dem Glauben mancher, die Natur bewohnen und beleben sollen.
Der Dichter, sagte Labitte, muß auch nichts so unbedingt abweisen. Lassen wir jene Götterbilder immer als natürliche Kinder meines Luzifer gelten, womit auch der strenge Priester nach seinem Alphabet einverstanden sein wird. Die Dialekte gehen wundersam durcheinander; wenn die Maurergesellen, indem sie vom Turme steigen und mit unverstandenen Worten aneinanderstoßen, nur nicht in Schlägerei verfallen, so ist die Sache an sich auch gut, daß jener unnütze Turm nicht ausgebaut wurde. Wir wären gewiß niemals einig, wenn nicht jeder etwas anderes wollte und fände. Ihr erwähnt wieder jener Feen aus den Gedichten und der freundlichen Liebesansicht jener Tage. Wie abscheulich, was uns seitdem so oft vom Satan, von der Hölle, den Martern, der Scheußlichkeit der Magie und der Zauberei ist gelehrt worden! Wohin hat sich dieselbe menschliche Phantasie verirrt, wenn wir von dem abgeschmackten Unsinn des Hexensabbats vernehmen; Wahnsinn und Dummheit, welchen selbst Männer, die sich verständig dünken, hie und dort ihr Ohr leihen.
Ich habe noch wenig oder nichts davon vernommen, sagte Catharina, ich kenne nur durch Euer seltsames Bild einiges von diesem tollen Aberglauben. Ich meinte aber, alles sei nur ein wilder Scherz, und
Weitere Kostenlose Bücher