Hexensabbat
kein Mensch könne glauben, daß etwas Wahres zum Grunde liege.
Nein! nein! rief der Maler lachend; sie erzählen, wie alte Weiber wirklich durch eine Hexensalbe, die ihnen natürlich der Teufel bereiten lehrt, auf einem Besenstiel, wenn sie diesen beschmieren, meilenweit durch die Luft fliegen können. Auch verwandeln sie sich in Wölfe, Bären und andre Gestalten. Dem Satan, welcher bei dem Feste als Bock, Affe oder Schwein präsidiert, wird dann ewige Treue geschworen. Man schmauset und tanzt nachher, und Unsitte und Unzucht wird ausgeübt, wie sie die beschmutzteste und verdorbenste Seele nur ersinnen kann. Wir brüsten uns mit Weisheit und Gelehrsamkeit, unsere Malerei und Baukunst ist ohne Zweifel herrlich geworden; aber kann dies, zusamt den weltberühmten, kostbaren Festen unsers burgundischen Hofes unsre Zeit als eine treffliche rechtfertigen, wenn dieser mehr als tierische Aberwitz in diese fröhliche Musik so widerwärtig hineinschreit? –
Das Gespräch ward jetzt ein allgemeines und heiteres, weil die Mädchen, sowie die älteren Frauen, ebenfalls in den Saal traten. Man genoß die dargereichten Erfrischungen, und aller Augen wurden jetzt nach der Tür des Gartens gerichtet, durch welche die hohe schöne Gestalt eines Jünglings eintrat, welchem einige geschmückte Diener folgten. Er war in himmelblauen Samt gekleidet, und sein Mantel war von hellrotem, geflammten Atlas. Sein edler Wuchs wurde auch durch seine stolze Haltung erhöht, denn er erhob übermütig den langen Hals, der glänzend aus einer einfachen Krause hervorstieg. Sein blaues Barett war mit Edelsteinen und einer kostbaren Reiherfeder geschmückt, und indem er durch den Garten schritt, glaubten alle, in dieser Erscheinung einen der vornehmsten jungen Herren des Landes zu erkennen. Er kam in den Gartensaal, ging auf die Wirtin stolz aber freundlich zu, verneigte sich vor ihr, indem er den Hut abnahm, und sagte dann mit feinem Ton: Ihr kennt mich wohl nicht mehr, schöne Frau?
Frau Denisel erhob sich, ging dem vornehmen Fremden mit Ehrerbietung entgegen und sagte: Nein, mein verehrter Herr, ich weiß nicht, wen mein armes Haus in Euch beherbergt.
Es sind freilich nun schon zwölf Jahre her, sagte der Fremde, daß ich als ein Knabe in diesem Garten spielte. Damals war ich der arme Köstein, der Eurer Güte so manches zu danken hatte.
Ist es möglich? sagte die Frau verwundert, daß man sich so verwandeln kann? Nein, niemals, gnädiger Herr, hätte ich Euch wiedererkannt, so völlig, so durchaus habt Ihr Euch verändert. Und wie dankbar muß ich sein, daß Ihr Euch in Eurem jetzigen Zustande meiner noch erinnert.
Man setzte sich, und der schlanke Köstein nahm seinen Platz neben der Frau des Hauses, welche er mit der größten Freundlichkeit behandelte. Mein Schicksal, sagte er, ist ein außerordentliches zu nennen. Arm, ohne Eltern und Verwandte, lebte ich hier in dieser Stadt. Die Geistlichkeit war freundlich gegen mich und nahm sich meiner Erziehung an; ein reicher, gut denkender Bürger, Schakepeh, eröffnete mir sein Haus und behandelte mich wie sein Kind. Von ihm wurde ich nach Gent geschickt, wo ich in das Haus des hohen Prinzen, des Grafen Etampes, aufgenommen wurde. Der Graf war freundlich gegen mich, und stellte mich unserm Herzoge, dem guten Philipp, vor. Der liebe, herrliche Fürst nahm mich wie seinen Sohn auf, er schenkte mir Haus und Gut, er erlaubte mir, daß ich immer um ihn sein durfte, ja seine Gunst nahm so zu, daß er fast nicht mehr ohne mein Gespräch und Umgang sein mochte. Er hat mich zum Ritter und reich gemacht, und ich darf mich rühmen, daß er auf mein Wort und meinen Rat achtet; und freilich, da die Zeit sich so gefährlich gestaltet, so tut er recht, seine wahren Freunde von den falschen zu unterscheiden, damit, wenn es die Not erfordert, er nicht ganz ohne Hülfe sei.
Friedrich, der diesen Köstein, den Günstling des Herzoges, von dem das ganze Land sprach, noch niemals gesehen hatte, verwunderte sich über diese Reden, die der junge Ritter so leicht von seinen Lippen fallen ließ.
Jetzt, fing dieser wieder an, habe ich eines sonderbaren Vorfalles wegen, die Reise hierher gemacht. Mein Vetter, der Kanonikus Melchior, meldet mir, daß jener böse Denis, der einen fernen Verwandten von uns heimtückisch ermordet hat, zufällig sei entdeckt worden und krank im Spital liege. Dieser boshafte Mensch, den ich ehemals wohl gekannt habe, muß uns erklären, was er gegen uns und die Herren von Croys und den
Weitere Kostenlose Bücher