Hexensabbat
Geist hassend eingeblasen hat.
Gut sind die Kräfte des Menschen ursprünglich? fragte Friedrich; da scheint Ihr doch zu sehr vom Sinn und dem Ausspruch der Offenbarung abzuweichen.
Erlaßt mir, junger Freund, sagte der Maler mit Wehmut, nähere Erklärungen. Wo das Wort sich Bahn machen will und einschneidet, da wird immer Geist und Sinn zertreten und untergewühlt, um das Wort nachher für Sinn ausgeben zu können. Ward nach der alten Sage der Mensch frei erschaffen, sollte er als ein Unsterblicher dastehen, und in Gott, als seinem Boden, wurzeln, so ist, menschlich zu reden, das Verbot, nicht das Gute und Böse erkennen zu dürfen, unbegreiflich. Denn erst dadurch wird er Mensch und sich seiner Freiheit bewußt. Inwieferne ihn die Schlange belogen hat, daß er Gott noch ähnlicher werde, ist eine verwickelte und bedenkliche Untersuchung. Die Tiefe des Abgrundes hat sich dadurch in ihm aufgetan, die ihm vorhin verschlossen war; aber er kann nun erst, indem er in diese Tiefe schaut, mit freier Liebe den Gott der Liebe anbeten und sich ihm widmen und opfern, wenn er früher fast nur als beseelte Pflanze wie unwillkürlich sein bewußtloses Herz zu seinem Vater erhob, dem Zuge der Natur so nachgebend, wie die Rose aufblüht und ihre Düfte ausstreut. Mag er durch diesen Abfall auch erst den seltsamen Bedingungen seines irdischen Daseins verfallen sein, so hat er ja dadurch auch die Scham und die Einsicht von edel und unedel gewonnen, und wie ihn diese Scham in seiner Erniedrigung unter das harmlose Tier stellt, so erhöht sie ihn auch, und gibt ihm einen Maßstab für die Unendlichkeit seiner Kräfte, mildert seinen Stolz, sänftigt seinen Hochmut, und macht selbst seine Liebe und den Rausch des Genusses demütig. Er hat, sagen sie, auf diesem Wege auch den Tod gefunden. Mag sein; aber war denn sein erster Zustand etwas anders, als ein verhüllter Tod? Könnten wir in Wahrheit uns in jene linde, unbewußte Ruhe zurückwünschen, so sehr sie immer als Ziel unserer Wünsche, als Lohn unserer Kämpfe und Unruhe in unsrer Phantasie lockend dasteht? Was ist Tod? Was ist Leben? Wenn ich das Wort im Innersten verstehen will, so verschwindet wohl der Unterschied, und ich sehe, daß jedes nur eine andre Offenbarung des Lebens sei. Sage denn gegen Sage, so erklärt mir ein Bild wohl ein andres, und in diesen Gegenden kommen wir niemals weiter. Wir können hier, was wir Offenbarung nennen, nicht beim Wort nehmen, denn hier ist der Buchstabe nichts und der Geist alles. So schwärme ich denn, wie andre es schon getan haben. – Alles dies sei mit Erlaubnis meines hohen Meisters gesagt. – Der Alte nahm bei diesen Worten sein Barett mit einer ehrerbietigen Gebärde vom Kopfe.
Erlaubt, fiel ihm Friedrich ein; diese Redensart, wenn Ihr etwas erklärtet, so sprachet, wie jetzt, oder auch Scherze vortruget, habe ich Euch schon oft brauchen hören; uns allen muß das auffallen: könnt oder wollt Ihr mir eine Erklärung darüber geben?
Der Alte war erst sehr ernsthaft, lachte dann gutmütig, und formte dann wieder sein Gesicht zur Ehrbarkeit, indem er sagte: Nun, Jüngling, glaubt Ihr mir denn, wenn ich Euch sagen oder vorlügen möchte, daß ich ein Eingeweihter in Geheimnissen sei, derentwegen vielleicht die alten Templer gestürzt wurden? Daß ich ein Vertrauter und Lieblingsschüler eines großen Meisters bin, den ich nicht nennen darf? Daß unsersgleichen, so wie die Eingeweihten der Griechen, in den Mysterien, das echte, ungefälschte Christentum besitzen und bekennen? Alles könnte ja Wind sein und ist es auch. Es ist eine Sache, die ich mir so angewöhnt habe, und wobei ich mir etwas nicht eben Unvernünftiges denke.
Catharina sann tief nach, denn so manche Gespräche Roberts sowie Philipps, wachten wieder lebendig in ihrem Geiste auf. Labitte fuhr fort: Ich könnte ja auch meinen lieben, alten, längst verstorbenen Meister in der Malerei, den herrlichen, wahrhaft frommen und gottseligen Hubert von Eyck meinen, von dem ich so vieles Sinnige vernommen habe, als ich fast noch ein Kind war. Der Mann Gottes war ein Auserwählter, ein fertiger Mensch, sowie es auch unser Johannes ist. Diese Erdgebornen haben die Schlacken abgelegt und triumphieren in Liebe und Freude, wenn Johannes auch das jüngste Gericht auf die herkömmliche Weise hat malen müssen. Diese Meister richten aber und verdammen keinen; die Erde verdient es nicht, daß es ihr geschieht, und der Geist verträgt es nicht, denn er kehrt doch irgend einmal zur
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