Hexensabbat
Wahrheit zurück.
Fahrt fort, sagte Friedrich; ich bin erfreut, Euch so bei Laune zu sehen. Euer Gespräch ist mir immer fruchtbar gewesen, und ich merke wohl, daß, wenn ich Euch nicht ganz verstand, oder mir manches Torheit schien, ich nur den Zusammenhang Eurer Gedanken nicht begriff. In Eurer Seele, Meister, muß es wunderbar aussehen; sie ist die Werkstatt der buntesten, seltsamsten und verschiedenartigsten Bildungen. Eure Laune ist so, daß sie mir schon oft Schwindel erregt hat; dann sprecht Ihr wieder so tiefsinnig, daß ich lange über ein hingeworfenes Wort von Euch sinnen kann. Ich möchte wohl in dem lichten Blumengarten mit meiner Seele wohnen, in welcher die Eure einheimisch zu sein scheint. Ach! lieber Freund, was müßt Ihr in Eurer Jugend für ein liebenswürdiger Mensch gewesen sein!
Der Alte schmunzelte, lachte dann und sagte mit seiner seltsamen Miene im gespitzten Gesicht: Ach nein! ich habe davon niemals viel rühmen können. Man ist nun einmal da, so wie man da ist, so schlimm und gut, so häßlich und verzeichnet, wie es Natur und Zufall nun einmal bestimmten. Was die Seele selbst an ihrer Hütte baut, ist schwer auszumitteln, und nicht alle Seelen sind gerade in der Architektur Kenner und Meister. Mancher Schönheitssinn ist wohl zur lustigen Strafe in einen häßlichen Körper eingesperrt. Andre, wie unser Johannes, haben darum das Malen und Bilden so leicht, weil Geist und Körper schön sind. Seht nur unsre Frau Catharina an, da haben alle Geister mitgewirkt, sie recht schön und wohlgefällig auszubauen. Wißt Ihr noch, schöne liebe Freundin, wie Ihr mir damals als Modell zur heiligen Catharina saßet? Ein andermal formte ich selbst die Mutter des Heilandes, die glorreiche Maria nach Euch ab. Am meisten aber gelang die Magdalena, und alle Welt wollte das hübsche Bild haben, so daß ich es auch mehrmals kopieren mußte. Damals lebten wir auch recht fröhlich miteinander. Die Zeiten wechseln freilich, und nichts ist beständig, als der Unbestand. Um nun nicht meine Rede zu vergessen, von der ich eigentlich ausgegangen war, so kann es wohl sein, daß ich auch einen ganz andern mit meinem Handwerksgruß meine. Ich sagte also, Bild könne ein Bild und Sage die Sage erklären, weil uns der eigentliche Urtext doch verloren gegangen ist, und wir uns nur mit den Auslegungen behelfen müssen. Ist also, wie eine alte Kunde es von sich gibt, ein Teil der geschaffenen Engel abgefallen, und waren es eben, wie auch verlauten will, die kräftigsten und glänzendsten, so kann dieser Abfall doch auch nur so verstanden werden, daß sie eine andre Bahn suchten, ein andres Wirken, Schaffen und Beleben als jene orthodoxen, oder mehr passiven Geister, die in der Region blieben, die ihnen angewiesen war, und von ihrer Freiheit, die ihnen ebenfalls gegeben war, keinen Gebrauch machten. So entstand also durch ihren Sturz in die Tiefe wohl das, was wir die Wirklichkeit nennen. Sie ist nichts als eine Überhebung über das Geistige, wodurch sich dieses mit dem Nichts, dem Vergänglichen auf das innigste verbindet und mit ihm durchdringt, wodurch es die Materie, die Zeit und das körperliche, sichtbare Wesen erschafft. So ist der Tod in das Leben gerufen, und das Leben ist mit dem Tode vermählt worden: beide eins und unzertrennlich. Und was ist nun Luzifer? Was schon viele Alte gelehrt haben, die Kraft, die die Welt, die Bewegung, das Leben der Natur, Geist und Strömung der Materie in Bewegung setzt, und durch scheinbare Vernichtung schafft, und durch scheinbare Schöpfung vernichtet. So gebaren die Elohim die Welt. Als nun die Menschen vom Herrn als Mittelgeister hingestellt waren, ergaben sich diese, in Begeistrung, um die Natur und ihre Tiefen zu ergründen, ebenfalls dem Wirken dieses hohen, kräftigen Geistes, und wurden erst wahrhaft, natürlich und kreatürlich, als sie sich entzückt in den Tod gestürzt hatten, um das Leben zu finden. Doch immer wieder werden sie durch Sehnsucht und Liebe, Hingebung und Demut zum ewigen Anfang, der ohne Anfang ist, hingetrieben, und in dieser Andacht steigt der Vater selbst in die brünstige, entzündete Seele, und löscht alles Irdische, Trostlose durch seine Gegenwart auf Augenblicke im zagenden Geiste des Menschen aus. Diese Liebe zum Unsichtbaren, diese Wollust im opfernden Hingeben hat uns der Sohn gelehrt, und so ist die Religion Christi die Religion der Liebe. Diejenigen, die sich ganz dieser süßen Vernichtung weihen, streben den Zauber der Kraft zu
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