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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegrit Arens
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Rumpf glich einem länglichen Karton. Sie war nichts als eine graue Maus, und daß Till am Samstagabend darauf hereingefallen war, hatte wahrlich nichts zu sagen. Er hatte es einfach nötig. Halbmast! Seine Ramona war vielleicht auch schon dahintergekommen, sie hatte sich jedenfalls auf dem Fest nicht mehr blicken lassen.
    »Sind dir die Lollis ausgegangen?« Dieser Satz kam Anna in den Sinn, sie spitzte die Lippen, sie vergaß manchmal, daß sie nicht pfeifen konnte. Sie selbst hatte das zu Till gesagt und hatte es sagen müssen. Was bildete er sich ein?
    Sie hatte lange gezögert, ob sie nach dem Kino zu diesem Straßenfest gehen sollte, von dem Film hatte sie so gut wie nichts mitbekommen, obwohl er gut war. Sie hatte dort gesessen, auf die Leinwand gestarrt, der Filmheld bewegte die Lippen, ein cooler Typ, sie mochte dieses Knittergesicht, aber gehört hatte sie Till: »Ich bin mit dir verheiratet!« Der Satz hatte sie nicht losgelassen. Was für eine Rolle spielte das noch? Und im Geist hatte sie Till Kontra gegeben und auch wieder nicht. Als die beiden Kinohelden sich fanden, hatte sie außer ätzenden Worten auch ein paar versöhnliche gefunden. Vielleicht war noch nicht alles zu spät …
    Kaum hatte sie den umgeräumten Kindergarten betreten, war natürlich alles klar. Sie hätte gescheiter sein sollen. Sie hätte am liebsten kehrtgemacht. Den Triumph hatte sie ihm allerdings nicht gegönnt, sie auf der Flucht. Deshalb hatte sie sich gezwungen zu lächeln und zu reden: Seht alle her, mir geht’s prächtig, mir doch egal, wenn mein Mann mit dieser Tussi rummacht!
    Es waren nur wenige Frauen dagewesen, als sie kam. Die meisten brachten ihre Kinder zu Bett. Seine Ramona nicht, sie standen da zu zweit, es war eine eindeutige Pose, auch das Tuscheln schweißte sie zusammen. Sie hätten sich genausogut in aller Öffentlichkeit küssen können. Sie achteten noch nicht einmal auf dieses entsetzliche Kind, das an Till herumquengelte, als wäre der sein Erzeuger.
    »Willst du uns vor der ganzen Nachbarschaft blamieren?« hatte Till ihr tags zuvor vorgeworfen. Eine Dreistigkeit, er hatte jedes gesunde Gefühl für Anstand verloren. Die Höhe war, als er harmlos lächelnd auf sie zukam, kaum daß diese Frau mit ihrem Sohn gegangen war. Till der Weiberheld, harmlos und lächelnd, Marke »Ich-bin-unwiderstehlich!«, erst die eine und dann die andere, sie war ja nur mit ihm verheiratet, sie kam als zweite dran. Es war ihr ein Genuß gewesen, dieses »Sind dir die Lollis ausgegangen?« in sein breites Grinsen zu stechen. Er hatte es verdient.
    »Mistkerl!«
    »Wie bitte?« Der Herr neben ihr an der Ampelanlage sah sie entgeistert an. Fast hätte Anna gelacht, weil dieses Gesicht absolut nicht zu dem Hut und zu dem Seidenschal mit den fauchenden Pumas und zu den Schuhen, zweifarbig und spitz zulaufend, paßte. Als hätte sie ihm sonstwas übergekippt.
    »Ich habe nicht Sie gemeint«, sagte Anna. Sie mußte eben laut geredet haben.
    »Das will ich hoffen.«
    Lackaffe, dachte Anna. Stiesel! So wie du aussiehst, solltest du froh sein, wenn eine dich wenigstens »Mistkerl!« nennt.
     
    »Die sind aber aus einem anderen Laden.« Annas Mutter hielt den Blumenstrauß auf Armlänge von sich weg; es waren die üblichen Winterblumen mit grünem Gekräusel dazwischen. Anna hatte auf die Schnelle nichts Besseres bekommen.
    »Ja«, antwortete Anna knapp. Damit war das Thema wohl erledigt. Es gab auch keinen besonderen Anlaß für Blumen, sie war nur zum Kaffeetrinken gekommen, so wie jeden Monat. Einmal im Monat lud Lisbeth Welter ihre beiden Töchter zum Kaffee und zum Essen ein, einmal Kaffeeklatsch und einmal Abendessen, damit waren zwei Wochen abgedeckt; die anderen beiden Male waren Marie und Anna dran, an diesem Ritual durfte niemand rütteln. Lisbeth bestand darauf, die Beziehung zu ihren Kindern regelmäßig zu pflegen, »sonst bricht die Familie im Nu auseinander!«
    »Verschon mich«, sagte Till, wenn Anna ihn fragte, ob er nachkommen wolle. Es genügte ihm, seine Schwiegermutter einmal im Monat bei sich zu Hause anzutreffen. Lisbeth hatte nie offen gegen ihn geredet, dazu gab er ihr auch keinen Anlaß. Trotzdem fühlte er einen gewissen Vorbehalt, in solchen Dingen war er hellhörig, auch wenn Anna das bestritt. Ihre Schwester Marie hatte schon Männer angeschleppt, die Lisbeth völlig anders empfing, auch wenn die sich später als Eintagsfliegen entpuppten. »Deine Mutter wird langsam skurril«, behauptete Till des

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