Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegrit Arens
Vom Netzwerk:
wahrscheinlich hatte diese Talkshow gestern abend sie überhaupt erst auf die Idee gebracht. Ein Scheidungsanwalt hatte die Hitliste seiner weiblichen Klientel preisgegeben, lauter Frauen, die es ihren Männern heimzahlen wollten, Männer, die es verdient hatten; und wenn es an ihr Portemonnaie ging, waren sie bestraft, oft ausgezogen bis aufs Hemd. Betrogene Frauen konnten unglaublich erfindungsreich sein, hatte der Scheidungsexperte gesagt, und die Idee mit der Karte war nicht schlecht, wenn auch nicht sonderlich originell. Ihr würde garantiert etwas Besseres einfallen, wenn sie sich Mühe gäbe, da war Anna sich sicher. Immerhin, für den Anfang … Sie frühstückte nicht einmal; diese schicken Ladies besorgten auch das höchstwahrscheinlich in der City mit Karte. Anna kicherte.
    Es war unglaublich, wie viele Menschen an einem normalen Werktag unterwegs waren. Anna verspürte eine gewisse Scheu, den Modetempel zu betreten, der nur wenige exquisite Teile in der Auslage zeigte und aus dem ihr seltsame Klänge und parfümierte Düfte entgegenströmten. Sie ging dann doch hinein, weil die ockergelbe Weste aus Ziegenleder es ihr angetan hatte. Umrahmt von Spiegeln und Tönen und Düften beobachtete sie eine Kundin, die mit Namen begrüßt wurde, ein perfekt gestyltes Geschöpf. Normalerweise lästerte Anna über diese Kunstwesen, aber aus der Nähe und Seite an Seite in einem Boutiquespiegel betrachtet tat das Künstliche seine Wirkung. Es war Anna nie aufgefallen, daß der Saum von ihrem Lieblingskostüm zipfelte und wie blaß ihre Haut war. In den Modejournalen wurden gelegentlich auch winterblasse Schönheiten gezeigt, »pflegen Sie Ihren durchscheinenden Teint«, aber neben dieser anderen fand Anna sich nicht durchscheinend, sondern nur blaß und fad. Sie plante einen Gang zur Parfümerie ein, es mußte ja nicht gleich ein kompaktes Make-up sein, vielleicht eine Tönungscreme.
    Annas Schlendern wurde atemlos, ihre Füße wurden schwer, trotzdem machte es ihr Spaß, so drauflos zu kaufen. Die Verkäuferinnen schienen zu riechen, daß sie heute willens war, Geld auszugeben. Sie kaufte Sachen, für die sie nicht einmal die richtige Bezeichnung wußte. »Sie meinen den Cat-suit«, fragte die Verkäuferin, gemeint war ein engansitzender Anzug. Anna nickte und war froh, daß sie den Seidenbody angezogen hatte und nicht eines ihrer normalen Baumwollhöschen, es wäre ihr peinlich gewesen, ihre Baumwollenen in diesem Katzenanzug zurechtzuzupfen. »Sie können ihn tragen«, und Anna lächelte dankbar in das leicht starre Verkäuferinnenlob, strich über den dehnbaren Stoff, Wolle mit Latex, anthrazitgrau, edel und sexy, der malte jede Sommersprosse ab. Anna stellte sich Ramonas kastiges Becken darin vor oder die dürre Röhrenform des Blumenfräuleins. »Den nehme ich«, sagte sie laut, sie konnte diesen Catsuit wirklich tragen.
    In der Parfümerie bezahlte sie bar, die Schecks waren ihr ausgegangen. Es summierte sich: Zu der Tönungscreme kam noch eine Ampullenkur und ein Rouge, es hieß »Egypt Wonder«; sie ließ es sich probeweise auf die Schläfen und das Kinn und die Wangenknochen tupfen, »das belebt ungemein.« Zuletzt hatte sie gerade noch genug Geld für eine Tasse Kaffee. Egal, morgen ging sie zur Bank.
     
    »Tausend in bar und neue Scheckvordrucke bitte.« Anna hielt dem fremden Kassierer ihre Scheckkarte hin, sie war schnell in die Reihe vor dessen Schalter geschlüpft. Normalerweise ließ sie sich von Frau Arens bedienen, aber seit der Sache mit Tills Dauerauftrag für diese Ramona, »in Sehnsucht, Till«, abgezeichnet von Frau Arens, wandte sie sich lieber an jemand anders.
    Der junge Mann tippte auf seiner Tastatur, es war das Übliche, und Anna überlegte, wann sie den neuen Catsuit einweihen könnte. Es war unsinnig, solch ein teures Ding zu kaufen und dann im Schrank hängen zu lassen.
    »Es tut mir leid, aber das Konto ist nicht abgedeckt für diesen Betrag.«
    »Wie bitte?« Ein Irrtum, dachte Anna. Bestimmt war der Kassierer neu, sie hatte ihn auch noch nie gesehen, wahrscheinlich wäre sie doch besser zu Frau Arens gegangen. »Bitte prüfen Sie das noch einmal nach, unser Konto ist ganz bestimmt gedeckt.«
    Erneutes Klicken, wieder rollten Zahlen und Buchstaben über den Monitor. »Sie sind die Kontoinhaberin?« fragte der Bankangestellte und las Annas Namen ab: »Frau Anna Liebold?«
    »Ja«, bestätigte Anna. »Besser gesagt, wir, mein Mann und ich.«
    »Da liegt eine Änderung vor, glaub

Weitere Kostenlose Bücher