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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegrit Arens
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neuerdings eine Vorliebe für Lollis hat.«
    »Lollis«, echote Lisbeth.
    »Riesenlollis«, wiederholte Marie. »Und meterlange Lakritzschnüre.«
    »Soso«, sagte Lisbeth und sah ihre Älteste an, als ob nun alles klar wäre. So wie früher, genau so, die beiden tauschten verständnisinnig Sprüche und Blicke, und Anna war wieder die kleine, dumme Anna.
    »Ihr könnt mich mal!« Fast hätte Anna mit ihrer Handtasche die Kaffeekanne umgefegt. Handtasche, Handschuhe, Mantel, weg!
    Leiser Applaus folgte ihr hinaus in die Diele. »Unsere Kleine zeigt die Zähne.« Marie hatte eine sehr durchdringende Stimme. Lisbeth murmelte eine Antwort, die konnte Anna nicht mehr genau verstehen, es hätte »Armer Till!« heißen können.
     
    Der »arme Till« war noch nicht zu Hause. Es wurde sieben Uhr und dann acht. Anna hatte sogar vergessen, das Licht anzuschalten. Sie saß im Dunkeln auf der Couch. Erst als das Licht seines Wagens durch das Fenster auf die weiße Wand ihr gegenüber fiel und dann abtauchte, weil der Wagen die abschüssige Einfahrt zur Garage hinunterrollte, schreckte sie hoch. Sie tastete sich zu der Musikanlage, drückte die »open«-Taste und fingerte gleichzeitig die Phil-Collins-CD aus der Hülle. Es war ein Impuls, er sollte in diesem Sound ersticken, sie konnte ihm ansehen, daß er die Scheibe am liebsten durchbrechen würde. Als sie das Drehen seines Schlüssels im Schloß hörte, schob sie den Lautstärkeregler hoch.
    »Bist du total übergeschnappt?« Er knipste das Licht an und kam in Straßenschuhen ins Zimmer gerannt; sonst zog er die draußen aus, um seinen wollweißen Teppich zu schonen. Anna sah auf die Fußabdrücke, es hatte geregnet, sie lächelte. Sie sagte nichts.
    »Du spinnst. Du spinnst total. Willst du uns völlig unmöglich machen?«
    Die Nachbarmasche, dachte Anna und sagte laut: »Der Teppich!«
    Jetzt sah er die Abdrücke auch. »Scheiße!« Den Rest verstand sie nicht. Sie stand auf und ging in die Küche. Sie hatte noch nichts gegessen nach dem Streuselkuchen bei ihrer Mutter. Sie nahm einen Teller, eine Tasse und ein Messer aus dem Schrank. Sie wartete, daß das Wasser für ihren Tee kochte. Sie stellte alles auf ein Tablett und ging zurück ins Wohnzimmer. Er mußte im Badezimmer sein, sie hatte Wasser rauschen hören.
    Mitten auf dem Eßtisch stand ein Strauß. Gelbe Frühlingsblumen in einem graubraunen Kranz, es sah aus wie verschimmelte Pilze. Ohne nachzudenken, griff Anna nach den Blumen, zog sie heraus, das Wasser tröpfelte auf die Granitplatte. Dann drückte sie den Strauß verkehrt herum in die bauchige Vase. Das graubraune Zeug bröselte ab, sie mußte kräftig drücken, es sah ulkig aus, wie die Stiele aus dem zarten Porzellan stippten. Vielleicht sollte ich Floristin werden, durchfuhr es Anna.
     
    »Ich bringe dich um!«
    Anna hörte ihn brüllen. Sie war in ihr Zimmer hinaufgegangen. Sie öffnete die Tür: »Das gibt lebenslänglich!« Dabei sah sie in sein rotes Gesicht. Rot angelaufene Weiberhelden sahen verdammt lächerlich aus. Sie grinste. Er machte ihr keine Angst. Kein bißchen.
    »Das ist es mir wert.«
    Gleich platzt er, dachte Anna. »Hoffentlich besuchen dich deine Fußtussi und deine Blumenmieze im Knast!« Sicherheitshalber knallte sie nun doch die Tür zu und drehte den Schlüsse] um. Ersah aus, als ob er gleich Feuer spucken oder Ernst machen würde. Aus dem Fenster beobachtete sie, wie er das Haus verließ.
    Seine Herzensdame würde heute wenig Freude an ihm haben. Egal welche!

Why not?
     
    Anna war nach Einkaufen. Sie wachte auf und hatte dieses Bild vor Augen, sah sich über die Ehrenstraße und die Pfeilstraße schlendern, »vielleicht diese Bluse mit den Stulpen« – »nein, doch lieber die da«, von Boutique zu Boutique und zuletzt bepackt mit noblen Tragetaschen ins Cafe. In Wirklichkeit schlenderte sie nie. Sie kaufte zielstrebig, was sie brauchte. Aber die alte Wirklichkeit war ein Scheiß und passe. Why not?
    Anna sprang aus dem Bett, um sich anzuziehen. Schick, sie nahm sogar den Seidenbody für untendrunter. Als sie das Höschenteil über dem Po glattzog, damit es ihr nicht in den Schritt rutschte, warf der Ankleidespiegel ihr das Bild zurück. Wie aus einem Werbespot herausgeschnitten, aus dem für die goldene Kreditkarte, der zeigte eine wassertropfende Nixe im Badeanzug, die sich die Card aus dem Latex zog, und schon stand die Welt ihr offen. Eine Kreditkarte wäre nicht übel. Anna hatte keine, aber Schecks taten es auch,

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