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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegrit Arens
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ich.«
    Es kribbelte Anna im Rücken. Sie blinzelte zu dem Schild »Bitte Abstand wahren! Geldgeschäfte sind Vertrauenssache!« hinüber, bestimmt hatte die Reihe wartender Kunden hinter ihr sich vergrößert, das ging schnell, und man lauschte automatisch nach vorn, sie tat das ja auch, aus purer Langeweile. Till! »Es muß ein Irrtum sein«, sagte sie laut. »Frau Arens müßte Bescheid wissen. Sie kennt uns seit Jahren.«
    »Wenn Sie dann bitte so freundlich sind …«
    »Ja, danke.« Anna räumte den Platz vor dem Schalter, sie sah keinem der Wartenden ins Gesicht, sie hatte es eilig, in die Beratungsecke hinüberzugehen. Frau Arens würde bald kommen, der junge Mann instruierte sie gerade, sie sah die beiden in dem Glashäuschen miteinander reden.
    Die Sachbearbeiterin, die sie schon seit Jahren kannte, hielt einen Computerausdruck in der Hand. »Bitte, nehmen Sie Platz!«, die Frau räusperte sich, »es tut mir leid, aber was mein Kollege Ihnen gesagt hat, trifft zu. Das Konto ist überzogen«, sie blätterte, »genau um eintausenddreihundert-achtundzwanzig Mark siebzig. Natürlich könnten Sie eine Erhöhung Ihres Kreditlimits beantragen.«
    »Aber das Gehalt meines Mannes«, wandte Anna ein, »es muß da etwas schiefgelaufen sein.« Überhaupt konnten sie überziehen bis Ultimo, bei einem Spitzengehalt wie dem von Till handhabten die Banken rote Zahlen großzügig, schließlich sahnten sie dabei ab, Anna wußte nicht mehr den genauen Betrag, aber es war eine ziemlich astronomische Summe gewesen. Till hatte irgend etwas von dreißigtausend gesagt, wenn sie sich nicht irrte.
    »Ihr Mann hat ein separates Girokonto für sich eingerichtet, das bestehende Konto«, die Sachbearbeiterin las die Kontonummer ab, »läuft seit dem Ersten ausschließlich auf Ihren Namen. Es besteht ferner ein Dauerauftrag über fünfhundert Mark, der Betrag wird Ihrem Konto monatlich gutgeschrieben.«
    »So ist das also.«
    »Es tut mir leid. Wirklich.«
    »Es muß Ihnen nicht leid tun. Ich werde das klären. Es ist ein Irrtum.«
    »Bestimmt.« Die Bankangestellte reichte Anna die Hand. »Auf Wiedersehen, Frau Liebold!« Das war nicht üblich, die Frau hatte das noch nie getan.
    »Auf Wiedersehen«, murmelte Anna, sie sah der anderen auch nicht ins Gesicht.
    »Sie haben etwas verloren.«
    Anna drehte sich um. »Ich?«
    Ein junger Mann, fast noch ein Junge: »Das ist doch von Ihnen?« Er hielt ihr die bordeauxrote Lederbörse hin, die sie vor zwei Jahren von Till geschenkt bekommen hatte, zusammen mit der bordeauxroten Handtasche und dem Schlüsseletui und dem Schminktäschchen. Anna sah auf ihre Tasche, die an einem Schulterriemen über ihre Schulter hing, sie stand offen. »Danke«, sagte sie, mehr nicht, obwohl in der Börse all ihre Papiere und auch die Scheckkarte waren.
     
    Als Till heimkam, war Anna übel. Regelrecht übel. Sie hatte dort gesessen und auf ihn gewartet, hatte die Wut hochschießen lassen, zwischendurch hatte sie geheult, »ich bring ihn um«, aber eine Wut, die über Stunden hinweg obenbleiben soll, ist ein anstrengendes Geschäft. Irgendwann hatte sie angefangen, Süßes in sich hineinzustopfen, geschenkte Pralinen und das Zeug von Tills Weihnachtsteller. Er aß es nie, aber Annas Mutter schenkte ihrem Schwiegersohn trotzdem Jahr für Jahr diesen süßen Teller und eine Krawatte und Rasierwasser. Till schenkte es an den Mann von Annas Putzhilfe weiter, er würde niemals irgendeine Marke benutzen, die er nicht selbst ausgewählt hatte.
    Anna saß da, vor sich auf dem Couchtisch Folienfisel und Schokokrümel, sie dachte an die Krawatte, die Till diesmal zu Heiligabend bekommen hatte, Pünktchen oder Sternchen, jedenfalls kleingemustert, es wollte ihr nicht einfallen, wenn ihr nicht so schlecht wäre, würde sie glatt aufstehen und nachsehen, sie könnte sich auch einen Pfefferminztee kochen, aber selbst dazu war sie zu kraftlos. Erst als sie ihn kommen hörte, schoß sie hoch. Sie ließ ihm nicht einmal Zeit, seinen Mantel auszuziehen.
    »Mistkerl!«
    »Wie bitte?« Till drehte sich zu ihr um, aber nur kurz, dann bückte er sich und band seine Schnürsenkel auf.
    »Was fällt dir ein, unser Konto zu sperren?«
    »Ich habe es nicht gesperrt.« Er zog den einen Schuh aus.
    »Und was ist das?« Sie hielt ihm den Ausdruck von der Bank hin, sie mußte ihn glattstreichen, weil er stundenlang zusammengeknüllt in ihrem Ärmel gesteckt hatte. Wenn sie aufgeregt war oder schlecht drauf, stopfte sie alles mögliche in ihren

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