Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
konzentriert an ihren Netbooks arbeiteten.
Den überall zu lesenden Hinweis des Cafeteriabetreibers, dass dieser Raum kein Arbeits- und Lernbereich sei und deshalb ab 11 Uhr die Tische nur zum Verzehr von Speisen und Getränke benutzt werden durften, ignorierten die fleißigen Studenten.
Erst als eine Mitarbeiterin der Cafeteria einen Platz freimachte, konnte Vicki ihr Tablett abstellen. Sie zerteilte das Seelachsfilet in kleine Stücke und schob sich gerade den ersten Happen in den Mund, als sich direkt hinter ihr zwei lauthals palavernde Doktoranden niederließen.
Die beiden Männer redeten sich derart in Rage, dass sie ihre Umgebung überhaupt nicht mehr wahrzunehmen schienen. Ihr Gespräch drehte sich um ein einziges Thema: die Frauenquote. Vicki spitzte die Ohren.
»Was für eine Granatensauerei«, spie der Blonde förmlich aus. »Jonas hat die Mitarbeiterstelle nur deshalb nicht bekommen, weil er das falsche Geschlecht hat. Das muss man sich einmal vorstellen! Was für eine Sauerei! Dabei ist er objektiv weitaus qualifizierter als diese dumme Tussi.«
»Das ist wirklich unglaublich! Diese Frauenquote ist so was von ungerecht und demotivierend. Da würde man am liebsten die Brocken hinwerfen«, stieß sein Gegenüber in dasselbe Horn.
»Männerfeindlich ohne Ende ist das!«
»In der Wissenschaft und in der freien Wirtschaft muss es doch einzig und allein um die Qualifikation eines Bewerbers gehen, und nicht um irgendwelche Attribute, egal ob Geschlecht, Konfession, Körpergröße …«
»… oder Gewicht«, ergänzte der korpulentere der Männer.
»Die größte Sauerei an der ganzen Sache ist ja wohl, dass Jonas den werten Herrn Professor vor einem Monat noch gefragt hat, ob er an seinem Lehrstuhl auf einer Mitarbeiterstelle promovieren könne. Jonas hat schließlich eine junge Familie zu ernähren und braucht die Kohle dringend.«
»Zwei kleine Kinder zu Hause und …«
»… eine Frau«, fiel ihm der andere Doktorand ins Wort, »die ihre Kinder nicht abgetrieben, sondern ihr Studium wegen der Familiengründung unterbrochen hat.«
Sein Gegenüber nahm den Teller vom Tablett und legte das Besteck daneben. Danach breitete er die Arme aus und äffte den betreffenden Professor nach. »›Nein, mein lieber Herr Wagner, eine solche Stelle kann ich Ihnen leider nicht anbieten. Ich habe schlicht und ergreifend keine Mitarbeiterstelle zu vergeben.‹ Das war Originalton Aschenbacher. Exakt diese Worte hat der widerliche Frauenschleimer Jonas grinsend vor den Latz geknallt.«
»Und drei Wochen später schlägt Jonas am Samstagmorgen die Zeitung auf – und entdeckt eine Anzeige ausgerechnet mit der Stelle, auf die er so scharf war und die, wie wir inzwischen wissen, zu diesem Zeitpunkt bereits an diese unqualifizierte Tussi vergeben war. Natürlich inoffiziell!«
»Die totale Verarsche war das!«, echauffierte sich der andere. »Da wird eine Stelle bundesweit ausgeschrieben und zig qualifizierte Akademiker bewerben sich darauf – alles rausgeworfene Zeit, weggeschmissenes Geld, eine irre Farce!«
»So ist es«, stimmte sein Kollege zu. »Natürlich versteht Jonas die Welt nicht mehr. Er ruft seinen potenziellen Doktorvater an.«
»Der was von sich gibt?«, spielte der Schwarzhaarige seinem Begleiter den Ball zurück.
»›Wir suchen eine Frau, Herr Wagner, keinen Mann‹«, sagte der andere Doktorand. »›Männer habe ich wirklich schon genug an meinem Lehrstuhl.‹« Seine Halsschlagader schwoll an und er schlug mit der Faust auf den Tisch. »So eine Riesensauerei!«, brüllte er so laut, dass einige Studenten die Hälse nach ihm reckten.
»Wenn Jonas eine Frau wäre, hätte er hundertprozentig die Stelle bekommen. Schließlich kann er ein Spitzenexamen und eine lange Veröffentlichungsliste vorweisen. Außerdem ist er seit drei Semestern Tutor an Aschenbachers Lehrstuhl.«
»Ja klar, ganz sicher hätte er diesen Superjob bekommen. Aschenbacher hat ihm das ja sogar unter vier Augen bestätigt. Aber es gäbe nun einmal die Frauenquote, an die er sich zu halten habe.«
»Ausflüchte, nichts als Ausflüchte«, polterte der andere. »Dieser eitle Fatzke lässt sich eben lieber von einem aufgemotzten Püppchen anhimmeln, als von einem selbstbewussten Spitzendoktoranden seine Grenzen aufzeigen.«
»Na, warte, mein liebes Mädchen, dich lassen wir auflaufen. Du wirst den Tag noch verfluchen, an dem du unserem Kumpel die Promotionsstelle weggeschnappt hast.«
»Darauf kannst du Gift nehmen, du süßes
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