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Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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kurz vor dem Wohngebiet Vogelweh verlangsamte sie ihr Tempo so, dass sie unmöglich geblitzt werden konnte. Hinter der Radarfalle hob sie die Hand und bedachte den grünen Kasten mit einem ausgestreckten Mittelfinger.
    Vicki stellte ihr Auto auf demselben Parkplatz ab, den Lotte tags zuvor benutzt hatte. Sie wählte auch denselben Wanderweg hinauf auf den Hörnchenbergtunnel. Von ihrer Spähposition aus konnte sie ausgezeichnet beobachten, wie sich Heribert Waldner in seinem mausgrauen, ausgebeulten Jogginganzug eine Anhöhe hinaufquälte, am höchsten Punkt kurz verschnaufte und dann zu seiner Schlussrunde startete.
    In aller Seelenruhe schlüpfte Vicki in die überdimensionierten Wanderschuhe und ging die letzten Schritte zu der Schussposition, die Lotte mit zwei gekreuzten Tannenzweigen markiert hatte.
    Dort steckte sie die Einzelteile des Jagdgewehrs ineinander, befestigte das Zielfernrohr und lud die Waffe durch. Mit dem Fuß scharrte sie das Laub beiseite und drückte ihre Schuhsohlen so in die lockere Walderde, dass sie einen gut erkennbaren, profilierten Abdruck hinterließen.
    Im gestrichelten Fadenkreuz ihres Jagdgewehrs tauchte Waldners hellgrünes Gartentürchen auf. Vicki spielte mit der Scharfstellung des Zielfernrohrs, visierte die Rosensträucher, den Rasen und die Sandsteintreppe an. Dann kehrte das Fadenkreuz zum Ausgangspunkt zurück.
    Vicki streichelte mit dem rechten Zeigefinger das kalte Metall des Abzugshahns. Ihre Anspannung stieg. Sie musste nicht mehr lange warten. Aus westlicher Richtung vernahm sie Waldners geräuschvolles Schnauben. Sekunden später stand er vor seinem Gartentor und schob es quietschend nach innen. Vicki hatte seine Lendengegend genau im Visier.
    Du musst unbedingt warten, bis er stehen bleibt, und dann sofort schießen, bevor er mit seinen Dehnübungen beginnt, klingelte ihr Lottes eindringlicher Appell im Ohr. Nicht schießen, solange er noch geht, warten bis er steht!, wiederholte Vicki litaneiartig in Gedanken.
    Heribert Waldner spreizte die Beine einen schrittweit und stemmte die Arme in die Hüften.
    »Fahr zur Hölle, du Scheißkerl«, zischte Vicki, dann drückte sie ab. Ein Schuss peitschte durch die friedliche Stille.
    »Was machen Sie hier?«, ertönte urplötzlich eine barsche Männerstimme in ihrem Rücken.
    Reflexartig riss Vicki die Waffe herum und schoss, ohne nachzudenken, zweimal kurz hintereinander. Mit dem ersten Schuss streckte sie den Mann nieder, mit dem zweiten seinen Hund.
    »Verdammte Schuhe«, fluchte sie, während sie die viel zu großen Wanderschuhe wegkickte und in den Hüttenschuhen weiterrannte.
    Die Spitzen von kleinen Aststücken und Tannenzapfen, die durch ihre dünnen Wollsohlen drangen, spürte sie nicht. Als sei der leibhaftige Teufel hinter ihr her, stürmte sie durch den Wald. In ihrer Panik verlor sie die Orientierung.
    Völlig außer Atem blieb sie stehen und lauschte angestrengt. Von links hörte sie Schreie und Hilferufe, hinter sich vernahm sie das Brummen eines sich nähernden LKWs. Plötzlich verstummte dieses Geräusch, ein untrügliches Anzeichen dafür, dass der Lastwagen in den Hörnchenbergtunnel eingefahren war.
    Vickis aufgeputschtes Gehirn schaltete blitzschnell: Ihr Twingo stand folglich rechts von ihr, also in östlicher Richtung. Somit musste sie nur die Landstraße überqueren und sich im Sichtschutz des Waldrandes so lange nach Nordosten bewegen, bis sie den Waldparkplatz erreichte.
    Bevor sie sich aus der Deckung wagte, spähte sie nach allen Seiten. Doch da war niemand.

9
    Dr. Schönthaler maß gerade die Rektaltemperatur des leblosen Heribert Waldner, der neben ihm auf den Sandsteinstufen lag. Die Körperhaltung des ermordeten Ministerialdirektors erinnerte an einen Schwimmer, der vor seinem gestreckten Hechtsprung nicht bemerkt hatte, dass sich kein einziger Tropfen Wasser im Becken befand.
    »Und hast du schon etwas Interessantes für mich?«, rief Tannenberg von der Verandatür aus.
    Der Rechtsmediziner ließ sich bei seiner Arbeit zunächst nicht stören. Erst als sein Freund die Terrasse überquert hatte und unmittelbar vor ihm stand, hob er den Kopf.
    »Na klar habe ich bereits etwas Sensationelles entdeckt«, behauptete er. Doch dann verfiel er wieder in Schweigen. In aller Seelenruhe las er den Skalenwert des Spezialthermometers ab und murmelte anschließend einige medizinische Fachausdrücke in sein Diktiergerät.
    »Mann, jetzt red schon!«, bedrängte ihn der Kriminalbeamte.
    »Komm, hilf mir erst

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