Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Wolf«, bestätigte sein junger Mitarbeiter. Er drehte seinen Oberkörper um 90 Grad und durchschnitt mit seinem Arm erneut die Luft. »Und dort, zehn Meter vom Standort des Schützen entfernt, haben unsere Kollegen Kreilinger und seinen Hund entdeckt.«
Tannenberg zog die Nase kraus. »Wie, Kreilinger und sein Hund?«, fragte er ungläubig.
»Dein alter Busenfreund Kreilinger muss den Schützen überrascht haben.«
Obwohl Tannenberg dem verhassten Revierförster schon alles Mögliche an den Hals gewünscht hatte, versetzte ihm der Anblick der weißen Plastikplane einen Stich ins Herz.
Michael Schauß erriet seine Gedanken. »Darunter liegt nur sein toter Hund, Wolf«, beruhigte er. »Kreilinger wurde von einem Notarztwagen in die Klinik gebracht. Das Sankt-Johannis-Krankenhaus ist ja nur drei Minuten von hier entfernt. Deshalb war der Notarzt sehr schnell hier. Aber wie’s aussieht, hat Kreilinger schwerste Verletzungen erlitten, und es scheint sehr fraglich, ob er den Schuss überleben wird.«
»Würde mich nicht wundern, wenn der geschätzte Herr Oberförster angesichts dieser Munition inzwischen schon ins Gras gebissen hätte, besser gesagt in den Waldboden«, präsentierte Dr. Schönthaler wieder einmal eine Kostprobe seines berühmt-berüchtigten Pathologenhumors.
»Hat Kreilinger noch irgendetwas gesagt, bevor er abtransportiert wurde?«, fragte Tannenberg sichtlich betroffen.
»Nein, die Kollegen, die als Erste vor Ort waren, haben mir erzählt, dass er bereits bewusstlos war, als er gefunden wurde. Kurz darauf sei auch schon der Notarzt eingetroffen. Zufall, dass die Kollegen so schnell hier waren. Sie haben unmittelbar in der Nähe in einem Schützenhaus wegen eines Einbruchs ermittelt.«
»Wann war dieser Einbruch?«
»Gestern Nacht«, entgegnete der Kommissar. »Es wurde anscheinend nur Geld und ein Laptop gestohlen, aber keine einzige Waffe.«
Tannenberg seufzte. »Also steht diese Tat sehr wahrscheinlich nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit unserer Attentatsserie.«
Michael Schauß sog die Oberlippe ein und nickte. »Möchtest du den Hund sehen?«
Sein Chef winkte ab.
»Ich schon«, sagte Dr. Schönthaler und lief zur Abdeckplane.
Tannenberg verzog sein Gesicht, als habe er gerade einen üblen Geruch wahrgenommen. »Ist das einer dieser blutrünstigen Köter, die Kreilinger neben seinem Forsthaus züchtet?«
»Ja, der sieht aus wie einer aus seinem Riesenzwinger auf dem Antonihof«, bestätigte Schauß.
Nach mehreren unangenehmen Besuchen erinnerte er sich noch sehr gut an die aggressiven Jagdhunde, die Kreilinger absichtlich scharf machte. Er blickte sich in alle Richtungen um. Als er sich sicher war, dass seine Kollegen entweder außer Hörweite waren oder durch ihre Arbeit abgelenkt wurden, raunte er in verschwörerischem Ton zu Tannenberg hinunter, der sich gerade auf einem Baumstumpf die Schnürsenkel band:
»Karl hat übrigens auch noch etwas sehr Interessantes für dich. Allerdings etwas, das er nicht gerne an die große Glocke hängen möchte.«
»Und was?«
Schauß antwortete nicht, sondern bedeutete seinem Vorgesetzten mit einer Kopfbewegung, ihm zu folgen. Einige Meter vom Fundort des Hundes entfernt saß Mertel auf einem am Boden liegenden Baumstamm. Von Weitem sah es so aus, als ob der Spurenexperte in einer Plastiktüte herumstöberte.
»Da seid ihr ja endlich. Das hat ja ewig gedauert«, beschwerte sich Mertel. »Setzt euch links und rechts neben mich.«
Die beiden Ankömmlinge ließen sich neben dem senkrecht aufgerichteten Wurzelteller nieder und nahmen ihren Kollegen in die Mitte.
Als wollte er einen wertvollen Schatz vor aufdringlichen Blicken schützen, hielt Mertel eine größere Plastiktüte am offenen Ende mit beiden Händen umschlossen. »Schaut mal, was ich hier im Gebüsch gefunden habe.«
»Na, dann zeig’s uns halt«, raunzte Tannenberg.
»Nur, wenn ihr mir versprecht, dass ihr euren Schnabel haltet.«
»Versprochen«, kam es im Chor zurück.
Der Kriminaltechniker lockerte seinen Griff und gewährte seinen Kollegen einen Blick in die Tüte. Sicherheitshalber legte er einen Finger auf die Lippen. »Pssst.«
»Wanderschuhe«, flüsterte Tannenberg kaum hörbar.
»Und zwar welche in Schuhgröße 45. Allerdings …« Mertel brach ab und sondierte die Umgebung mit einem verstohlenen Blick, »wurden sie offenbar mit mehreren Einlagesohlen so präpariert, dass auch jemand mit bedeutend kleineren Füßen darin gehen konnte.«
Schauß pfiff
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