Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
der Menschheitsgeschichte schwärmen werden. Einer Zeitenwende hin zu einem militanten Feminismus, der mit aller Macht die Herrschaftsstrukturen des Patriarchats bekämpft …«
Vicki ballte ihre Fäuste, riss sie hoch und schwang sie dynamisch nach unten. »Und die eisernen Ketten zerschlägt, mit denen sie uns an den Herd und in die Kinderzimmer gefesselt haben«, fuhr sie fort.
Um sie zu mäßigen, legte ihr Lotte eine Hand auf den Oberschenkel.
Doch Vicki ließ sich nicht bremsen. »Die Tage der Männerherrschaft sind gezählt«, spie sie so energisch aus, dass sich weiße Spuckefädchen in ihren Mundwinkeln bildeten. »Auf der ganzen Welt stehen Milliarden von Frauen vor den Prunkbauten des Patriarchats«, tönte sie wie eine Gewerkschaftsfunktionärin am Maifeiertag.
Sie reckte einen Zeigefinger in die Luft und fuchtelte hektisch damit herum. »Sie klopfen aber nicht höflich an, nein, sie schlagen die Türen ein.«
Während Vicki die Hände ihrer Freundinnen packte, schossen ihr Tränen in die Augen und sie vollendete mit zitternder Stimme: »Schwestern, die Verheißungen des Matriarchats sind nicht mehr allzu fern. Wir sind die Scharfrichter des Matriarchats! Die Männer liegen bereits auf unseren Guillotinen. Wir müssen nur noch die Fallbeile auf ihren todbringenden Weg schicken.« Sie schnaufte wie eine Mittelstreckenläuferin bei der Zielankunft.
»Schön formuliert, Frau Dichterin«, kommentierte Rolla. »Aber vielleicht sollten wir die ganze Sache zurzeit doch noch ein klein wenig tiefer hängen.«
»Sehe ich auch so«, pflichtete ihr Lotte bei. »Inhaltlich hast du natürlich vollkommen recht. Aber ich denke, wir sollten uns bewusst sein, dass wir erst am Beginn eines langen Weges stehen.«
Vicki war nur kurz irritiert. Voller Vorfreude rieb sie sich die Hände. »Eines Weges, den wir mit vielen weiteren Männerleichen pflastern werden.«
»Genau das sieht unser genialer Plan vor«, bestätigte Lotte.
»Was ist ein Mann in Salzsäure?«, fragte Vicki in die kurzzeitig eingekehrte Stille hinein, in der man nur den entfernten Autoverkehr hörte.
Rolla zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung.«
»Ein gelöstes Problem.«
»Der ist gut, der ist wirklich gut«, feixte Rolla. »Aber ich hab auch eine neue Quizfrage für euch: Was macht eine Frau, wenn ein Mann zickzack durch ihren Garten rennt?«
»Weiterschießen«, ertönte es im Duett.
»Ach, den kennt ihr schon?«
»Klar, der hat bereits in unserer Schulzeit die Runde gemacht«, behauptete Lotte.
Eine Stockente und ihre flauschige Kükenarmada waren von einem Schilfdickicht aus gestartet und passierten nun die Freundinnen.
»Schaut mal. Ach Gott, sind die putzig«, rief Vicki begeistert aus. Sie zeigte auf die neunköpfige Entenfamilie, die wie an einer unsichtbaren Schnur aufgereiht in Ufernähe vorbeischwamm.
»Natürlich ohne Erpel«, bemerkte Rolla trocken.
Lotte grinste breit. »Der sitzt garantiert irgendwo im Schilf, trinkt ein Bier und schaut sich mit seinen Kumpels ein Fußballspiel an.«
Herzhaftes Gelächter.
Eine frische Brise kam auf und kräuselte die Wasseroberfläche. Vicki jagte ein kalter Schauer über den Rücken. Sie schlug ihren Mantelkragen hoch, zog den Hals ein und erhob sich. »Brrr, mir ist plötzlich saukalt«, schnatterte sie und schüttelte sich dabei wie ein nasser Eisbär. »Sollen wir nicht besser weitergehen?«
»Nein, jetzt noch nicht«, lehnte Lotte in barschem Tonfall ab. »Komm, setz dich wieder hin, ich will euch erst noch etwas zeigen.«
Vicki befolgte die Anweisung nicht. Sie bückte sich und klaubte einen flachen Kieselstein von der Uferböschung. »Guckt mal, Mädels, was ich hier gerade entdeckt habe«, rief sie freudig.
Wie beim Bowlingspielen ging sie ein wenig in die Knie, beugte sich nach vorn, holte aus und schleuderte den Stein so flach über die Wasseroberfläche, dass er ein paarmal über den See hüpfte.
»Juhu, ich kann’s immer noch«, jubilierte die Dreifachmörderin wie ein kleines Kind. »Erinnert ihr euch noch daran, wie eisern wir damals am Vogelwoog trainiert haben? Wie die Bekloppten haben wir flache Steine gesucht und über den Weiher springen lassen. Wie viele Nachmittage haben wir wohl mit diesem albernen Stumpfsinn zugebracht?«
Als Vicki keine Antwort erhielt, ergänzte sie: »Nur damit wir bei dem Zeltlager am Clausensee besser waren als die Kerle aus unserer Klasse.« Sie grunzte amüsiert. »Wir waren schon komische Hühner damals.«
Sie schüttelte den
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