Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Strafmaßnahme: TdH.
Rolla legte die Stirn in Falten. »TdH?«, fragte sie.
Bevor Lotte antwortete, schaute sie sicherheitshalber links und rechts den Weg hinunter. Es war niemand zu sehen. »Tod durch Hexenschuss«, erläuterte sie die Abkürzung.
Rolla tippte sich an die Stirn. »Klar, logo.«
»Dieser Basler war ein richtig gemeiner Drecksack«, sagte Lotte. »Nach außen hin nett, höflich und verständnisvoll. Und …«
»Diese Frauenversteher-Typen sind die Allerschlimmsten«, schimpfte Rolla dazwischen. »Die schmachten einen mit treudoofem Dackelblick an, schreiben Gedichte, schütten die tollsten Komplimente über einen aus, beschenken einen mit Blumen und Nippeskram.«
»Hört, hört, es spricht die Fachfrau«, spottete Vicki.
Rolla hatte für diesen provokanten Einwurf nur ein müdes Lächeln übrig. »Aber wehe, wenn sie mit ihrer Schleimertour nicht gleich von uns bekommen, was sie wollen«, legte sie nach. Sie fletschte die Zähne und fauchte: »Dann werden sie von der einen zur anderen Sekunde zu brutalen Tieren und fallen rücksichtslos über einen her. Ich kann euch ein Lied davon singen.«
Lotte nickte verständnisvoll und seufzte tief. »Bei diesem Basler war das genauso. Und wenn er bekommen hatte, was er wollte, ließ er anschließend seine Gespielinnen wie heiße Kartoffeln fallen und mobbte sie aus der Bank.« Grunzend stieß sie Luft durch die Nase. »Bei seinen Freunden hat er sich dann auch noch darüber lustig gemacht, dass sich diese naiven Lämmchen freiwillig dem Alphawolf zum Fraß vorgeworfen haben.«
»Geil, dann habe ich ja ein richtiges Alphatier erlegt«, strahlte die Todesschützin schadenfroh. »Weidfrausheil!«
Zufrieden blätterte Lotte zum zweiten Opfer der unheimlichen Schwestern. Die Informationen über Richard Blessing ähnelten stark denen seines Vorgängers, wiesen aber eine Besonderheit auf.
»Dieser Verbrecher in Nadelstreifen war ein Experte für Konkurrentenklagen«, verkündete Lotte. »Mindestens fünfmal hat er in der jüngsten Vergangenheit einen unterlegenen Bewerber dazu motiviert, gegen seine Konkurrentin zu klagen.« Sie hob die gespreizte Hand. »Und fünfmal hat unsere Macho-Justiz dieser Klage stattgegeben. Was für ein Skandal!«
»Na ja, und jetzt liegt er im Leichenschauhaus neben seinen Kumpels«, bemerkte Vicki trocken. »Vielleicht wird er ja von einer Pathologin obduziert, die ihm das eine oder andere Teilchen abschneidet.«
Bei diesem Gedanken huschte ihren Freundinnen ein süffisantes Lächeln über die Lippen.
»Irgendwelche weiteren Bemerkungen zu Blessing?«, fragte Lotte.
Rolla schüttelte den Kopf, während Vicki zunächst nicht reagierte. Doch plötzlich sprang sie auf, stellte sich mit gespreizten Beinen vor die Bank, ballte eine Faust und hielt sie sich wie ein Mikrophon vor den Mund.
»Hallo, hallo, Schwestern«, sagte sie mit abgesenkter Stimme. »Hört ihr mich?«
»Was soll der Quatsch?«, zischte Rolla. »Los, setz dich wieder hin.«
Doch die dreifache Mörderin blieb stehen. »Vicki an Basisstation«, rief sie. »Habe wichtige Information mitzuteilen: Strafmaßnahme TdH zum dritten Mal erfolgreich durchgeführt, warte auf weitere Instruktionen.«
»Die kriegst du gleich, meine Liebe«, entgegnete Lotte und forderte sie mit einer Geste zum Hinsetzen auf.
Brav befolgte Vicki die Anweisung.
»Bevor du deine weiteren Instruktionen erhältst, erst noch zu diesem Herrn hier«, entschied Lotte und blätterte die nächste Seite um. »Fragen oder Anmerkungen zu unserem lieben Heribert Waldner?«
»Da steht: ›Informantin: Betty Tannenberg‹. Die kenne ich nicht«, platzte es aus Vicki heraus. Sie schob die Augenbrauen so eng zusammen, dass sich über ihrer Nasenwurzel eine tiefe, senkrechte Furche bildete.
»Hat die etwas mit dem Oberbullen zu tun, der in dieser heimtückischen Anschlagsserie ermittelt, die seit Tagen die Pfalz erschüttert und bei der die Bullen nach wie vor völlig im Dunkeln tappen?«, fragte sie mit einem schelmischen Grinsen.
»Ja, sie ist seine Schwägerin«, antwortete Rolla.
»Und woher kennst du sie?«
»Aus unserer Frauengruppe.«
»Und die hat dir den heißen Tipp mit diesem Waldner gegeben?«
»Ja, aber nicht nur sie. Der Waldner stellte besonders für die gewerkschaftlich organisierten Lehrerinnen ein rotes Tuch dar. Waldner hasste die Gewerkschaften. Wie schon bei vielen anderen Lehrerinnen zuvor hat der Herr Ministerialdirektor auch Bettys Karriere erfolgreich verhindert. Sie wollte
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