Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Selbst die Schlaftabletten haben nichts genutzt.«
Der Leiter des K 1 brummte mitfühlend. »Das ist angesichts der dramatischen Ereignisse wirklich kein Wunder.«
»Immer wenn ich die Augen geschlossen habe, ist dieses schreckliche Bild auf meiner inneren Leinwand aufgetaucht. Mein toter Mann, wie er leblos auf dem Boden liegt. Und dann dieses Blut, dieses viele Blut auf dem Teppich.«
Die Erinnerungen schüttelten sie kräftig durch. Sie wimmerte herzerweichend und zitterte wie Espenlaub, als sie ihre wachsfarbenen Hände auf ihr Gesicht legte.
»Soll ich Ihnen ein Glas Wasser holen?«, fragte Sabrina.
»Danke, das wäre sehr nett«, kam es schniefend zurück. Die Witwe des Gerichtspräsidenten entfernte ihre Hände und legte sie flach auf den Oberschenkeln ab. »Im Küchenschrank oben rechts stehen die Gläser«, schob sie erläuternd nach.
»Keine Sorge, die finde ich schon«, versicherte die Kommissarin.
Sie verschwand in der kleinen Küche der Einliegerwohnung. Die Kühlschranktür stand sperrangelweit offen, nicht ein Lebensmittel oder ein Getränk war darin zu finden. Sabrina spülte ein Glas aus und füllte es halb mit Leitungswasser.
»Sehr nett von Ihnen«, bedankte sich die Frau. Sie führte das Wasserglas an die Lippen und trank in kleinen Schlucken.
»Haben Sie jemanden, der sich ein wenig um Sie kümmert?«, fragte Sabrina. »Verwandte, Freundinnen oder Kolleginnen?«
»Ja, ja, natürlich«, erwiderte die Trauernde. »Aber in meiner jetzigen Situation kann mir eigentlich niemand helfen. Da muss ich wohl oder übel alleine durch. Und das schaffe ich am besten, wenn ich mich eine Weile zurückziehe.«
»Auch von Ihrem Job?«, wollte Sabrina Schauß wissen.
»Nein, nein, nur heute noch gönne ich mir eine Auszeit. Es ist ja eh Sonntag. Aber bereits morgen werde ich wieder zur Arbeit gehen.«
»Ich finde, das ist eine großartige Idee«, platzte es aus Tannenberg förmlich heraus. Selbst ein wenig erschrocken über seinen autoritären Stil, rieb er sich verlegen die Stirn und ergänzte deutlich moderater: »Die Ablenkung wird Ihnen sicherlich sehr gut tun. Ihre Arbeit wird Ihnen über den großen Schmerz schneller hinweghelfen. Sie sollten sich hier unten nicht dauerhaft vor der Welt verkriechen.«
»Das habe ich auch nicht vor«, versicherte sie. Ihr Blick schweifte durch das Wohnzimmer und streifte den Flur. »Ich denke, dass ich nachher in die Stadt fahren und mich in einem Hotel einquartieren werde. Dort kann ich besser Abstand gewinnen als hier, wo alles passiert ist. Und hoffentlich kann ich dort auch endlich wieder schlafen.«
Ein Stoßseufzer. »Vielleicht verkaufe ich unser Haus.« Noch ein leidgetränkter Seufzer. »Auch wenn es mir sehr schwer fallen wird.«
»Das ist womöglich gar keine schlechte Idee«, bestärkte der Leiter der Kaiserslauterer Mordkommission die Witwe.
Ein Ruck ging durch den Oberkörper der Trauernden und sie richtete sich auf. »Was führt sie eigentlich zu mir?«
»Ach ja, entschuldigen Sie. Um ein Haar hätte ich den Anlass unseres Besuchs vergessen«, entgegnete Tannenberg. Er warf seiner Kollegin einen auffordernden Blick zu. »Tja, wenn man älter wird …«
Sabrina verstand den Wink und übernahm die Gesprächsführung. »Wir haben eine Information für Sie, die Sie in Ihrem Trauerschmerz vielleicht ein wenig zu trösten vermag.«
Die Witwe schaute sie überrascht an, fragte aber nicht nach.
Sabrina führte die Handflächen aneinander, verschränkte wie betend die Finger ineinander und verkündete in geradezu feierlichem Ton: »Mit hoher Wahrscheinlichkeit haben wir den Mord an Ihrem Ehemann so gut wie aufgeklärt.«
»Was?«, zischte ihr Gegenüber ungläubig. »Jetzt schon? Wie … wie ist Ihnen das denn so schnell gelungen?«, stammelte die Frau, die offensichtlich nicht glauben konnte, was ihr gerade zu Ohren gekommen war.
»Durch äußerst glückliche Umstände«, riss Tannenberg das Wort an sich. »Natürlich nur für die Ermittler, nicht für die Täterinnen«, fügte er zufrieden hinzu.
»Täterinnen?«, stieß die Witwe des vierten Mordopfers aus.
»Ja, ich weiß, es klingt schier unglaublich, wenn ich behaupte, eine oder möglicherweise auch zwei Frauen stecken hinter dieser brutalen Mordserie, der auch Ihr Ehemann zum Opfer gefallen ist. Diese heimtückischen, brutalen Anschläge scheinen so ganz und gar nicht zum zarten weiblichen Geschlecht zu passen.« Wolfram Tannenberg verzog den Mund zu einem schiefen Grinsen. »Für
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