Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Tannenberg weiter. »Er schmeckt nämlich ausgezeichnet.«
Agnes Rottmüller-Klomann verengte ihre Augen zu schmalen Schlitzen. »Im Gegensatz zu mir scheinen Sie sich ja prächtiger Stimmung zu erfreuen.«
»Nicht ohne Grund, Frau Staatsanwältin, nicht ohne Grund«, tönte der Chef-Ermittler. »Wir haben nämlich eine Schimäre verjagt.«
Die Witwe zog die Nase kraus. »Was haben Sie?«
»Was soll das, Tannenberg?«, mischte sich Willenbacher ein. »Erstens sprechen Sie in Rätseln, und zweitens habe ich es wirklich eilig.«
»Dann schmeiß endlich das Bild an die Wand, Michael«, forderte Tannenberg.
›Die Schimäre – oder: Der perfekte Mord‹, strahlte blutrot von der weißen Leinwand.
»Klingt irgendwie nach einem Krimititel«, konnte sich Dr. Schönthaler nicht verkneifen.
»Ja, schon«, stimmte sein alter Freund zu. »Nur dass dieser Krimi keine Fiktion ist, sondern Realität. Nebenbei bemerkt bezieht sich dieser Titel nicht auf unsere Mordserie, sondern auf einen Doppelmord am Jungfernsprung – geplant und begangen von unserer allseits so hochgeschätzten Frau Staatsanwältin.«
18
»Wohl gemerkt, Frau Staatsanwältin: nicht am Jungfernstieg, sondern am Jungfernsprung«, schob der Kriminalbeamte grinsend nach.
»Sind Sie wahnsinnig geworden, Tannenberg?«, stieß Willenbacher mit sich überschlagender Stimme entsetzt aus. Er schoss in die Höhe und sein Stuhl fiel mit einem lauten Knall zu Boden.
»Nicht dass ich wüsste«, entgegnete der Kriminalist mit einem triumphalen Lächeln auf den Lippen.
»Sie können doch nicht einfach so mir nichts, dir nichts aus einer rechtschaffenen Staatsanwältin eine Mörderin machen«, brüllte Willenbacher. Er raufte sich die Haare und stapfte wie Rumpelstilzchen im Kreis herum.
Wolfram Tannenbergs Lächeln hatte sich inzwischen in ein ausgewachsenes Grinsen verwandelt, das von einem Ohrläppchen zum anderen reichte. »Doch, das kann ich«, sagte er betont gelassen.
»Was ist denn in Sie gefahren, Herr Hauptkommissar? Wie kommen Sie dazu, solche infame Behauptungen aufzustellen?«, stimmte der Polizeipräsident in das Protestgeheul ein. Er schnaubte und fügte kopfschüttelnd hinzu: »Eine Staatsanwältin des zweifachen Mordes zu bezichtigen, das ist wirklich ein starkes Stück.«
Agnes Rottmüller-Klomann schien es die Sprache verschlagen zu haben. Mit offenem Mund starrte sie Tannenberg an. Doch urplötzlich kehrte Leben in sie zurück. Ihre Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Das ist ja ungeheuerlich!«, blökte sie los. Apathische Trauer und Niedergeschlagenheit schienen mit einem Mal wie weggewischt. »Was erlauben Sie sich eigentlich mir gegenüber?«, spie sie wutschnaubend aus. Sie tippte sich mit der flachen Hand auf ihr Brustbein. »Als ermittelnde Staatsanwältin bin ich Herr dieses Verfahrens und …«
»Herrin des Verfahrens«, korrigierte Dr. Schönthaler.
»Ich soll eine Doppelmörderin sein?«, prustete die Witwe unbeeindruckt los. »Ein ziemlich makabrer Scherz angesichts der Tatsache, dass ich gerade meinen Mann verloren habe.«
»›Mann verloren‹ ist eine lustige Umschreibung für einen eiskalten Mord«, bemerkte Tannenberg. Wie ein Florettfechter mit seinem Degen stach er auf die Witwe mit seinem Zeigefinger ein. »Einen heimtückischen Mord, den Sie in Auftrag gegeben haben.«
»Ich glaube, ich höre nicht recht«, fauchte die Staatsanwältin.
»Selbst können Sie Ihren Mann ja nicht erschossen haben, denn Sie waren zum Tatzeitpunkt in der Kantine bei Dr. Hollerbachs Abschiedsgala«, legte der Leiter des K 1 nach. »Ein ziemlich perfektes Alibi.«
»Die Ausdruck ›Mann verloren‹ ist wirklich lustig«, mischte sich Sabrina ein. »Denn er suggeriert ja, dass Sie Ihren Mann wiederfinden könnten.«
»Das kann unsere werte Frau Staatsanwältin auch«, bemerkte der Rechtsmediziner an die attraktive Kommissarin adressiert. »Sie muss nur zu mir in die Pathologie kommen, da findet sie ihn wieder. Da liegt ihr Göttergatte nämlich auf einem Edelstahltisch. Zwar ist ihr guter, alter Ehemann ein bisschen mausetot und hat eine riesige«, er verzog sein Gesicht, als würde er einen üblen Geruch wahrnehmen, »eklige Bauchwunde …«
»Ich muss doch sehr bitten«, fuhr ihm Willenbacher in die Parade.
Tannenberg ließ den roten Punkt seines Laserpointers über die Leinwand tanzen. »Dürfte ich nun diesen wunderschönen Satz erläutern, Herr Oberstaatsanwalt?«, fragte er mit lauter Stimme.
»Bitte schön, Tannenberg,
Weitere Kostenlose Bücher