Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
und Maren Ruelius neun Jahre lang in dieselbe Klasse.«
Tannenberg schürzte ungläubig die Lippen. »Ähm, Frau Staatsanwältin, eins verstehe ich jetzt aber nicht ganz«, sagte er. »Als wir Sie gestern Morgen in Dansenberg aufgesucht haben, habe ich Sie gefragt, ob Sie die Sage vom Jungfernsprung kennen, nicht wahr?«
Keine Reaktion.
»Hatten Sie da nicht behauptet, dass Sie eine gebürtige Saarländerin und erst vor zehn Jahren in die Pfalz gezogen seien?«
»Was?«, keuchte Agnes Rottmüller-Klomann. Ihr Gehirn schien erst mit zeitlicher Verzögerung den Inhalt der Frage zu erfassen. »Wie? Ach so, nein, das stimmt schon. Meine Eltern sind gegen Ende meiner Grundschulzeit nach Kaiserslautern gezogen. Nach dem Abitur ging ich zurück ins Saarland und habe in Saarbrücken mein Jurastudium begonnen.«
Die Staatsanwältin schluckte so hart, als steckte ihr etwas Sperriges in der Kehle. »Dabei habe ich meinen Mann kennengelernt.« Sie schniefte, wandte den Kopf ab und schnäuzte sich dezent die Nase.
»Sie sind also mit Petra Bechthold und Maren Ruelius zur Schule gegangen«, fasste Tannenberg zusammen. »Wann haben Sie denn Ihre ehemaligen Klassenkameradinnen zum letzten Mal gesehen?«
Nachdenklich schob sie die Brauen zusammen. »Das ist einige Zeit her.« Sie machte eine vage Geste und legte den Kopf schief. »Es dürften gut zwei Jahre sein. Wir hatten uns zu einem Kaffee in der Stadt getroffen.«
»Um alte Erinnerungen aufzufrischen«, mischte sich Dr. Schönthaler ein.
Agnes Rottmüller-Klomann nickte. Urplötzlich ließ sie ihren Kopf wild hin und her pendeln. »Ich kann es einfach nicht glauben, dass meine alten Schulfreundinnen vier heimtückische Morde begangen haben sollen. Nein, das glaube ich nicht.«
»Es ist aber definitiv so«, stellte Tannenberg klar.
»Sind Sie wirklich sicher, dass die beiden dahinterstecken? Könnte es denn nicht sein, dass Maren und Petra …« Sie brach ab und stieß geräuschvoll ihren hastig eingesogenen Atem wieder aus.
»Dass sich die beiden geliebt haben und aus Verzweiflung gemeinsam in den Tod gesprungen sind?«, warf Mertel ein.
Die Staatsanwältin stutzte. »Maren und Petra als unglückliches Lesbenpärchen, das sich aus diffusen Gründen an ausgewählten Männern rächen wollte?«, fragte sie mit ungläubiger Miene. »Nein, also das ist völlig ausgeschlossen. Etwas derartig Absurdes habe ich ja noch nie gehört.«
»War ja auch nur so eine Idee«, meinte der Spurenexperte.
»Aber eine ziemlich abwegige.«
»Zugegebenermaßen. Sie war auch eher als Scherz gedacht«, konterte Mertel.
»Über solche ernsten Dinge macht man keine Scherze«, fauchte Agnes Rottmüller-Klomann.
Oberstaatsanwalt Willenbacher rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. »Bitte, meine Herrschaften, wir sollten uns nicht länger mit Hypothesen und Scherzen aufhalten, sondern zu den Fakten zurückkehren. Was haben Sie noch für uns, Herr Hauptkommissar?«
Das nächste Wandbild zeigte noch einmal die beiden Frauen, diesmal allerdings mit ihren Namen, Geburtsdaten, Postanschriften und Berufen versehen.
»Die Namen haben wir ja inzwischen bereits von der Frau Staatsanwältin erfahren. Die weiteren Angaben können wir derzeit getrost außer Acht lassen«, entschied Tannenberg. Er schnalzte mit den Fingern. »Michael, mach bitte weiter.«
»Nun zu einem wichtigen Beweismittel«, sagte der junge Kommissar und zauberte per Tastendruck das nächste Foto auf die Leinwand: »Bei dem abgebildeten Jagdgewehr handelt es sich eindeutig um die Tatwaffe.«
Er wartete, bis sein direkter Vorgesetzter den hastig in den Mund gestopften Kuchen hinuntergeschluckt hatte. Tannenberg tupfte sich schnell mit einer Serviette den Mund ab, dann schlüpfte er zurück in die Rolle des Dozenten. Wieder benutzte er seinen Laserpointer als Hilfsmittel. »Diese deformierten Projektile hier, die Kollege Mertel an den verschiedenen Tatorten sichergestellt hat, stammen zweifelsfrei aus der abgebildeten Jagdwaffe«, verkündete er.
Wolfram Tannenberg legte eine kleine Kunstpause ein, in der er einen Schluck Kaffee trank. »Das Jagdgewehr haben wir auf einem in unmittelbarer Nähe des Jungfernsprungs gelegenen Waldparkplatz entdeckt«, fuhr er anschließend fort. Er räusperte sich ausgiebig. »Und zwar in einem auf Maren Ruelius zugelassenen Renault Twingo.«
»Dann hat also tatsächlich Maren vier Menschen getötet, darunter mein Mann?«, versetzte die Witwe mit weit aufgerissenen Augen. »Aber warum
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