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Hexenseelen - Roman

Hexenseelen - Roman

Titel: Hexenseelen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Krouk
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ihm dabei entgegenlächelte, musste es sich um Finn handeln. Wenn Georg über den Körper verfügte, erlaubte die junge Frau
ihm kaum Nähe, das Verhältnis ihrerseits glich eher einer angespannten Bruder-Schwester-Beziehung.
    Ylva freute sich jedes Mal, wenn sie Finn begegnete, und versuchte das Mitleid zu unterdrücken, wenn sie Georg traf. Er litt sichtlich unter den gegebenen Umständen, und sie bewunderte ihn, dass er trotz allem zu Alba hielt und alles tat, um sie glücklich zu machen. Sogar seinen Körper dem Rivalen überließ. Ylva hatte den Verdacht, dass Georg weiterhin die Hoffnung hegte, Alba doch noch zurückzugewinnen. Nur fielen die Körner seiner Bemühungen auf ein Feld, das schon längst von einem anderen bestellt wurde. Das merkten alle, bloß nicht er selbst.
    »Wir haben endlich einen der Dämonenträger aufgespürt«, platzte es aus Alba heraus, als sie näherkam und Ylva stürmisch in die Arme schloss. »Und ich sag’s dir, er stellt eine große Gefahr dar. Wir müssen ihn schnellstmöglich liquidieren.« In ihrem Enthusiasmus bemerkte sie den Koffer erst, als sie über ihn stolperte. Ihre Gesichtszüge erstarrten im gleichen Moment. Erst nach mehreren Sekunden brachte sie hervor: »Oh nein, Ylva! Du gehst?«
    »Ja, tut sie«, antwortete Micaela an ihrer Stelle genervt. »Und wir haben überhaupt keine Zeit mehr für dieses Geplänkel, meine Hübsche.«
    Ylva spürte erneut das Unbehagen in sich aufsteigen. Noch kannst du zurück , flüsterte es in ihrem Kopf, doch sie verdrängte den Gedanken. Sie hatte genug Zeit gehabt, es sich gut zu überlegen. Eigentlich seit Weihnachten,
als Conrad … Ja. Conrad. Conrad machte es nichts aus. Wie so vieles andere inzwischen auch.
    »Aber wohin? Warum?« Alba packte sie an den Schultern, schüttelte sie, dann ließ sie von ihr ab und fuhr sich über die Stirn. »Das kann nicht dein Ernst sein. Nein, ich glaube es einfach nicht!«
    »Manchmal muss man sich zusammenreißen und den entscheidenden Schritt tun«, rezitierte Ylva wie einstudiert.
    Alba erblasste. »Das bedeutet … du verlässt Conrad?«
    Ylva öffnete den Mund, um zu antworten, als hinter ihnen die Eingangstür zuschlug.
    »Nein«, ertönte eine Stimme, die unverwechselbar sonor, leise und ein wenig fremdartig klang und bei Ylva auch nach all den Wochen ein leichtes Kribbeln in der Magengrube auslöste. »Conrad kommt selbstverständlich mit.«
    Er tastete nach dem Geländer, stieg vorsichtig die vom Eis rutschigen Stufen hinunter und tätschelte einem der Löwen die Mähne. Auf seiner Schulter thronte Nibbles, dieser kleine Schuft, der dem Totenküsser gerade mal wieder überschwängliche Liebe vorschwindelte. Diese Liebe endete meistens dann, wenn dem besagten Totenküsser die Apfelstücke ausgingen.
    Ylva schmunzelte, als sie die beiden sah. Nun ja. Dafür schenkte sie ihm die ihre, ohne irgendwelche Leckereien zu bekommen. Halt. So ganz stimmte das nicht. Schließlich kochte Conrad manchmal für sie. Was ihr schon irgendwie peinlich war - wenn ein blinder Nachzehrer
einen saftigen Braten hinbekam, während eine sehende Frau an der einfachsten Tomatensoße für Spaghetti scheiterte.
    Alba schaute irritiert vom einen zum anderen. »Ich dachte, Ylva will zu einer neuen Gemeinde.«
    »Das braucht sie nicht«, erklärte Conrad. »Dank dem Dämon. Wofür ich seine Allüren sogar dulden kann. Die anderen haben sich tatsächlich einer neuen Königin angeschlossen, die in Hamburg ansässig werden will, deshalb bleiben wir also doch irgendwie zusammen. Im Namen des Clans führe ich Verhandlungen mit der Gemeinde, und obwohl sich das schwierig gestaltet, sind wir auf einem guten Weg, Kompromisse zu finden.«
    »Und was soll dann der Koffer?«, erkundigte sich Alba skeptisch.
    »Wir fahren in den Urlaub.«
    Ylva knetete ihre Finger, da die Nervosität sie erneut befiel. »Genauer gesagt: Wir fliegen.«
    Das mulmige Gefühl stellte sich wieder ein. Heute früh hatte sie keinen einzigen Bissen herunterbekommen. Der Gedanke, in einer menschengemachten Maschine über den Wolken dahinzurasen, machte sie schwindelig, ja, panisch. Dafür wurde sie nicht nur von Conrad liebevoll aufgezogen, sondern auch von dem Dämon: Du kannst ohne mit der Wimper zu zucken deine besten Freunde mit einem Flaschenhals zerfleischen, aber vorm Fliegen hast du Angst?
    Ja, hatte sie. Seit Weihnachten zögerte sie diesen Schritt hinaus, suchte nach Ausreden, soweit möglich. Dabei
hatte Conrad ihr einen nagelneuen Reisepass

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