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Hexenseelen - Roman

Hexenseelen - Roman

Titel: Hexenseelen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Krouk
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wonach jede Zelle ihres Körpers verlangte.

    Bleib bei mir!, wollte sie rufen. Lass mich nicht allein. Nicht jetzt!
    Eine Hand verschloss ihr den Mund. Der Daumen strich ihr über die Lippen. »Nein, nein, stell jetzt keine Fragen. Dazu werden wir später genug Zeit haben. Vertraue mir.«
    Und sie vertraute. Völlig und bedingungslos.
    »Gut.« Linnea trat zurück und schlüpfte in einen Mantel.
    Nicht fortgehen! Schmerzhaft überkam Ylva die Angst, abgewiesen und zurückgelassen zu werden. Sie schloss die Augen. Kälte, Dunkelheit, die Grimassen und die Stimmen drohten über sie herzufallen und sie zu zerreißen. Ich will nicht allein bleiben! Bitte nicht!
    Ihre Gedanken schweiften zu dem jungen Mann. Ihre Zuneigung ging in Sehnsucht über. Wenn es kalt und dunkel war, wenn sie Angst hatte und keinen Ausweg sah, hatte sie nach ihm gesucht, war so lange durch das Labyrinth und unzählige Gänge geirrt, bis sie ihn fand.
    Wenn die anderen ihr wehtaten, war er da, um ihr beizustehen.
    Finn. Ihre Sehnsucht bekam einen Namen. Und durch ihn löste sich auch der Bann des Duftes, und die Macht der Frau über sie ließ ein Stück weit nach. Nicht ganz, aber zumindest wurde sich Ylva dieser Macht bewusst. Linnea war mittels dieses Geruchs imstande, sie zu unterwerfen.
    »Wer ist Finn?« Die Frage rutschte ihr so heraus, und
im selben Moment ahnte sie, sie hätte ihre Zunge im Zaum halten sollen.
    Die Frau verharrte mitten in der Bewegung. Ihr Blick schnellte zu Ylva, doch sie strafte sie nicht. »Wie kommst du jetzt darauf?«
    Ylva wickelte sich eine Strähne ihres perlblonden Haars um den Finger, versuchte ihren unbedachten Ausruf herunterzuspielen. »Ich weiß nicht so recht. Er ist der Einzige, bei dem ich dem Namen ein Gesicht zuordnen kann. Was ich nicht zuordnen kann, sind die Gefühle, die in mir hochkommen, wenn ich an ihn denke. Es ist so frustrierend!«
    Auch das hätte sie lieber nicht sagen sollen. Ob es der Duft war, der sie dazu brachte, etwas zu tun, was sie unter keinen Umständen tun wollte? Bestimmt. Aber was konnte sie dagegen unternehmen, womit sich gegen diese Macht wehren?
    Die dürfen dich nicht kriegen, dich nicht behalten.
    Nicht nur die - niemand!
    Doch diese Schlangenfrau hielt sie in ihrem Bann, und es gab nichts, was Ylva dem hätte entgegenstellen können.
    Linnea schnaubte. Ihre Nasenflügel bebten. »Später. All das klären wir später, glaub mir. Jetzt muss ich los, aber ich bin so schnell wie möglich zurück. Versprochen.« Schon verschwand sie aus der Wohnung.
    Mehrere Herzschläge lang versuchte Ylva, das Chaos in sich zu bezwingen. Fliehen sollte sie und konnte es nicht. Diese Frau hatte sie in ihrer Gewalt. Ohne da zu
sein, bezwang sie ihren Willen. Linnea wollte, dass sie in der Wohnung blieb, und sie musste bleiben.
    Verzweiflung ergriff sie, erfüllte sie, drohte, sie zu ersticken.
    Stopp. Nicht heulen. So sehr Mensch willst du auch wieder nicht sein. Ylva zwang sich, praktisch zu denken, und damit ihre Gefühle in eine andere Richtung zu lenken. Wenn du eh nichts dagegen zu unternehmen vermagst, dann kannst du dich auch mal waschen, oder?
    Diese Überlegung half ihr. Wenn sie irgendetwas tun konnte, egal, wie sinnlos oder nicht, kam sie sich nicht mehr so ausgeliefert vor. Es gab ihr Kraft. Und gerade die brauchte sie so dringend.
    Ylva betrat das Badezimmer, stieg in die Dusche, zog den Vorhang zu und drehte den Wasserhahn auf. Ein kalter Strahl schoss auf ihren Rücken und peitschte ihr für eine Sekunde den Atem aus der Lunge. Sie kreischte, sprang ein Stück zurück und gab heißes Wasser hinzu. Auf der Duschablage fand sie eine Reihe von Fläschchen und Tuben. Die Beschriftungen stellten für sie unlösbare Rätsel dar, so entschied sie sich für ein Stück Seife. Neugierig schnupperte sie daran. Der Geruch nach Karamell verstopfte ihr die Nase. Widerlich. Aber mit irgendetwas musste sie all den Schmutz lösen, und vielleicht war für die meisten da draußen der künstliche Gestank nach Karamell annehmbarer als der nach Kanalisation. Für Ylva machte das kaum einen Unterschied.
    Sie seifte sich ein, scheuerte lange ihre Haut und wusch das verfilzte Haar, das ihr bis zur Taille reichte.
Schmutzige Bäche liefen ihre Beine entlang und verschwanden im Abfluss, an dem sich etwas Rost angesammelt hatte. Ein wenig hoffte Ylva, der Karamell-Geruch würde Linneas Duft aus ihrem Kopf vertreiben. Aber sie irrte sich. Denn dieser lähmte immer noch ihre Glieder, sobald sie auch nur an

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