Hexenspiel. Psychokrimi: Ein Psychokrimi (German Edition)
bleiben.
„Warum bist du zu mir gekommen, Chris? Ist was passiert?“
„Passiert? Das wollte ich eigentlich dich fragen.“
„Ich versteh’ nicht.“
„Na, gestern, Klaus. Was war da los? Auf einmal warst du fort. Warum hast du nicht auf mich gewartet? Wenigstens Ciao hättest du sagen können.“
„Wundert dich das?“
„Was heißt wundert? Ich mach’ mir Sorgen! Du warst so wütend. So hab ich dich früher nie erlebt.“ Christina deutete auf Wagners blutverkrustete Fingerknöchel. „Alles nur wegen diesen beiden besoffenen Idioten?“
„Ach, die beiden Armleuchter. Vergiss es.“ Wagner schüttelte den Kopf.
„Was dann, Klaus? Was war es dann?“
Wagner blickte Christina lange an. Dann wandte er ihr den Rücken zu und fixierte den dünnen Kaffeestrahl, der langsam in die erste Tasse lief. Sollte er Christina wirklich sagen, was gestern los gewesen war? Von Anfang an, die ganze Geschichte mit seiner Mutter? Nein, dazu hatte er jetzt wirklich keine Lust. Und im Grunde war es ja auch gar nicht darum gegangen, sondern um etwas ganz anderes. Christina legte ihm ihre Hand auf den Rücken.
„Was, Klaus? Was?“
Gut, dann sollte sie es eben zu hören bekommen.
„Tut mir Leid, Chris, aber ich bin halt kein süßer schwedischer Basketballspieler. Ich bin kein betrunkenes, blondes Riesenbaby, das man liebevoll und eng umschlungen aufs Klo begleiten kann. Ich bin nur ein alter Polizist, der einen Haufen Probleme am Hals hat. Ich wollte dir deinen Spaß nicht verderben, Chris. Das war alles.“
Christina nahm ihre Hand von seinem Rücken.
„So, und ich werde dir jetzt auch was sagen“, erklärte Christina, und sie sprach auf einmal ganz leise, langsam und stockend. „Du bist wirklich ein Trottel, wenn du glaubst, dass es mir Spaß macht, Besoffenen dabei zu helfen, dass sie rechtzeitig auf die Toilette kommen, um sich dort zu übergeben. Denn wenn ich das nicht mache, bin nämlich ich es, die ihre Kotze vom Boden aufwischen darf. Und du bist ein Volltrottel, wenn du meinst, es würde mir Spaß machen, wenn ich mir schweinische Witze anhören und mir dabei den Hintern betatschen lassen muss. Und du bist ein kompletter Trottel, wenn du glaubst, es wäre ein Spaß für mich, bis drei Uhr in der Früh Bier zu schleppen und dabei nett zu den Gästen zu sein, nur weil wir uns an den wenigen Tagen, wo bei uns ausnahmsweise wirklich was los ist, kein zusätzliches Personal leisten können.“
„Okay. Wenn’s dir keinen Spaß macht, warum machst du’s dann?“
„Weil ich das Geld brauche, du Trottel. Weil ich froh sein muss, dass ich wenigstens meinen Job noch habe. Ich hab nämlich keinen sicheren Beamtenposten wie du.“
„Und dein süßer Schwede?“
„Mein süßer Schwede war erstens ein Norweger, du Trottel, und zweitens ist er mir egal. Aber vielleicht hätte ich mir besser um ihn Sorgen machen sollen, statt wegen dir auf meinen freien Vormittag zu verzichten. Gott, bin ich blöd. Statt auszuschlafen, fahre ich extra zu dir, um zu sehen, wie’s dir geht, weil deinHandy hast du ja schlauerweise ausgeschaltet. Und jetzt muss ich mir von dir diese Scheiße anhören!“
„Du Trottel.“
„Was?“
„Du Trottel. Hast du vergessen. Wolltest du doch noch dazusagen.“
„Genau. Du Trottel.“
Wagner drehte sich um. Christina war weiß im Gesicht und zitterte am ganzen Körper.
„Du hast Recht, Chris. Ich bin wirklich ein Trottel.“
Über Christinas Gesicht huschte ein Lächeln. Wagner streckte seine Arme nach Christina aus und zog sie langsam an sich. Ihr Rücken fühlte sich hart an, und ihre Arme hingen steif herunter.
Aber ganz langsam entspannte sie sich.
„Ich bin ein Narr, Chris.“
„Idiot.“
„Ein komplettes Arschloch.“
„Depp.“
„Eben ein Trottel.“
„Blödmann.“
Christina seufzte und schlang ihre Arme um Wagner. Er tauchte sein Gesicht in ihr Haar. Es roch nach Regen, Rauch und ein bisschen nach Schweiß. Ein vertrauter Geruch.
„Ach, Chris.“
„Ja, Blödmann?“
„Chris, Chris, Chris.“
Er drückte sie sanft an sich und spürte, wie sich sein Körper an den ihren zu erinnern begann. Ein gutes Gefühl. Wie heimkommen nach einer langen Reise.
„Ach, Chris. Chris, Chris, Chris.“
Christina löste sich aus seiner Umarmung und lächelte.
„Was ist? Gibt’s jetzt endlich Kaffee oder nicht?“
„Klar. Gott, bin ich ein Trottel.“
„Komm, das reicht jetzt …“
Wagner reichte ihr die erste Tasse und wollte die zweite in den
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