Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexenspiel. Psychokrimi: Ein Psychokrimi (German Edition)

Hexenspiel. Psychokrimi: Ein Psychokrimi (German Edition)

Titel: Hexenspiel. Psychokrimi: Ein Psychokrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Koch
Vom Netzwerk:
ist, ja? Wenn’s vorbei ist, dann machen wir’s. Versprochen.“
    „In Ordnung. Kein Problem. In zwei, drei Tagen ist die Geschichte ohnehin aufgeklärt. Wer weiß, vielleicht sind die beiden Mädchen sogar gerade jetzt schon wieder daheim bei ihren Eltern.“
    „Danke, Klaus.“
    Christina zog Wagners Hand sanft von ihrem Bauch nach oben und legte sie auf ihre Brust. Wagner berührte mit seinen Lippen ihren Nacken. Ein Kuss und doch kein Kuss. Dann vergrub er sein Gesicht in ihrem Haar.
    „Alles wird gut, Chris. Alles wird gut. Und das Zelt kaufen wir gemeinsam, ja?“
    „Ja. Das machen wir.“
    Wagner zählte wieder die Sekunden zwischen den Lichtblitzen.
    Das Discostampfen hatte aufgehört.
    „Chris?“
    „Hm?“
    „Darf ich dich was fragen?“
    „Ja?“
    „Hat’s in der Zwischenzeit noch jemand anderen gegeben? Ich meine, seit der Geschichte mit deinem Baby.“
    „Wieso willst du das wissen?“
    „Nur so.“
    „Ich hab die Zeit für mich gebraucht, ganz allein für mich. Dass ich mein Kind verloren hab, war ein Schock. Glaubst du wirklich, dass mich da irgendein Mann interessiert hat?“
    „Hm. Nicht einmal ein süßer Norweger?“
    „Blödmann.“ Christina kniff Wagner in die Hand. „Absoluter Blödmann.“
    Christina gähnte und kuschelte sich noch enger an Wagner. In seinem Kopf rumorte es.
    „Chris?“
    „Hm?“
    „Und Kinder? Ich meine, willst du immer noch welche?“ Er konnte es einfach nicht lassen.
    Christina schwieg. „Kein Thema“, sagte sie dann und schwieg wieder.
    „Mhm. Kein Thema. Und was soll das jetzt heißen?“
    Christina schwieg weiter. Wagner war verunsichert.
    „Darf ich dich noch was fragen?“
    „Hm?“
    „Magst du mich, Chris?“
    „Hm.“
    „Chris?“
    Christinas Antwort waren ruhige, tiefe Atemzüge. Sie war eingeschlafen.
    Wagner wagte nicht, sich zu bewegen. Er war hellwach. Sein rechter Arm unter Christinas Kopf wurde langsam taub, und seine Schulter begann zu schmerzen. Aber er rührte sich nicht, um Christinas Schlaf nicht zu stören. Er fühlte sich aufgebläht, und sein Magen krampfte sich immer wieder zusammen, weil er mit den Unmengen von Schokoriegeln, Chips und Schwarzwälderkirschtorte nicht fertig wurde. Doch Wagner versuchte, sich ganz still zu halten. Denn egal, wie beschissen er sich auch gerade fühlen mochte – es war gut, hier zu sein. Es war gut, Christina im Arm zu halten. Es war gut, ihr Atmen zu hören. Jetzt, nach all der Zeit.
    Gut, sie wollte nicht mit ihm schlafen, und dass sie ihre Tage hatte, war ganz offensichtlich nur eine Ausrede gewesen, denn vorhin im Bad hatte er nirgends eine Tamponpackung herumstehen sehen, wie sonst früher immer. Ja, der alte Polizist in ihm hatte es halt nicht lassen können, sich ein bisschen umzuschauen. Oder auch nicht der alte Polizist, sondern nur der alte, eifersüchtige Blödmann. Aber es musste ja auch nicht sein, dass sie schon heute miteinander schliefen. Hauptsache, die alte Vertrautheit war wieder da. Und eigene Kinder waren vielleicht tatsächlich kein Thema mehr für sie. Konnte er sich einen besseren Neuanfang wünschen, als jetzt hier mit ihr zu liegen und sie im Arm zu halten?
    Wenn Christina ihr Kind nicht verloren hätte, dachte Wagner, dann wäre es jetzt so alt, wie Julia damals gewesen war. Damals, als er das ewige Weinen und Brüllen seiner kleinen Schwester nicht mehr ausgehalten hatte. Sieben Jahre alt war er gewesen und hatte auf seine kleine Schwester aufpassen müssen, weil seine Mutter Einkaufen gegangen war. Und Julia war in ihrem Gitterbett gelegen und hatte gebrüllt, gebrüllt, gebrüllt. Und da hatte er ihren Kopfpolster genommen und ihn auf ihr Gesicht gedrückt, bis sie endlich still gewesen war. Zum ersten Mal hatte er sich gewünscht, dass sie tot wäre. Hatte sie gehasst und dabeinoch gar nicht gewusst, dass man es Hass nannte, was er da spürte. Hatte einfach nur gewollt, dass sie aufhört. Aufhört zu brüllen. Aufhört da zu sein. Aber Julia war immer noch da gewesen, als er den Polster wieder von ihrem Gesicht genommen hatte. War dagelegen und hatte ihn mit ihren großen dunklen Augen verwundert angesehen und sogar ein bisschen gelacht. Und dann gleich wieder zu brüllen angefangen, mit krebsrotem Gesicht und geballten Fäusten. Und er war in den Garten gelaufen und hatte sich hinter den Ribiselstauden versteckt und sich die Ohren zugehalten. Gestorben war Julia erst später, viel, viel später. Und hatte ihm nicht anders hinterlassen als diesen

Weitere Kostenlose Bücher