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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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geheimsten, unsagbarsten Träumen je gehabt hatte, war brutaler gewesen.
    Ihre Hüften klatschten gegen seine, und verschwommen sah er die Röte in ihrem Gesicht und auf ihren nackten Brüsten, als sie stöhnte. Wieder und wieder stieß er in sie hinein, und er sah, wie ihre Arme seitwärts flogen, erschlafft, bevor er die Augen schloß und in ihr explodierte.
    Endlich fielen sie erschöpft auseinander und rollten in die weichen Flanellaken. Ihre erhitzten Gliedmaßen ruhten ineinander verflochten unter seinem ausgestreckten Arm, und sein Gesicht war in ihr duftendes Haar vergraben. Sie kuschelte sich an ihn, zog die vergessene Decke lose über sie beide, wandte sich ihm zu und drückte den Mund an seinen Hals.
    Das Flugzeug sollte warten, und seine Aufgabe auch. Erst sollte der Schmerz vergehen und die Erregung. Zu einer anderen Zeit, an einem anderen Ort, hätte er sie unwiderstehlich gefunden. Aber jetzt war sie mehr als das, mehr als saftig und heiß und voller Geheimnisse und scheinbar vollkommenem Feuer. Sie war etwas Göttliches, und er brauchte es so nötig, daß es ihn traurig machte. »Rowan«, flüsterte er. Ja, er wußte alles über sie. Er kannte sie.
     
    Sie waren unten. Sie sagten: Wach auf, Michael, und komm herunter. Sie hatten ein großes Feuer im Kamin angezündet. Oder war es nur ein Feuer, das sie umgab, wie ein lodernder Wald? Er glaubte Trommeln zu hören. Michael. Ein blasser Traum oder eine Erinnerung an die Comus-Parade an jenem Winterabend vor so langer Zeit, an die Kapellen, die diese wilde, furchtbare Kadenz trommelten, während das Licht der Fackeln in den Zweigen der Eichen flackerte. Sie waren da, unten, er brauchte nur aufzuwachen und hinunterzugehen. Aber zum erstenmal, seit sie ihn vor so vielen Wochen verlassen hatten, wollte er sie nicht sehen, wollte er sich nicht erinnern.
    Er setzte sich auf und starrte in den milchig blassen Morgenhimmel. Er schwitzte, und sein Herz pochte.
    Stille. Und zu früh für die Sonne.
    Da war niemand im Haus, keine Trommeln, kein Feuergeruch. Niemand, nur sie beide – aber sie lag nicht mehr neben ihm im Bett.
    Einen Moment lang saß er nur da und starrte dumpf auf das spartanische Mobiliar. Alles kunstvoll aus dem gleichen wunderschönen, feingemaserten Holz gemacht, das er auch unten gesehen hatte. Hier wohnte jemand, der feines Holz liebte und der es liebte, wenn die Dinge perfekt zusammengefügt waren. Alles war niedrig in diesem Zimmer – das Bett, der Tisch, die verstreut stehenden Stühle. Nichts, was den Blick aus den Fenstern versperrte, die bis zur Decke hinaufreichten.
    Aber er roch doch ein Feuer. Ja, und als er aufmerksam lauschte, hörte er es auch. Und ein Bademantel lag für ihn bereit, ein schöner dicker weißer Frotteebademantel, genau wie er ihn liebte.
    Er zog ihn an und ging die Treppe hinunter, um sie zu suchen.
    Das Feuer loderte – in diesem Punkt hatte er recht gehabt. Aber es schwebte keine Horde Traumwesen darum herum. Sie saß allein im Schneidersitz auf der steinernen Kaminbank, von ihrem eigenen Bademantel umhüllt, in dessen Falten ihre zierlichen Gliedmaßen beinahe ertranken, und wieder zitterte und weinte sie.
    »Es tut mir leid, Michael. Es tut mir so leid«, sagte sie leise mit ihrer dunklen, samtweichen Stimme. Ihr Gesicht war verquollen und müde.
    »Aber Honey, warum sagst du so etwas?« fragte er. Er setzte sich neben sie und nahm sie in die Arme. »Rowan, was um alles in der Welt tut dir denn leid?«
    Und ein Schwall von Worten strömte aus ihr hervor, ergoß sich so schnell, daß er kaum folgen konnte: Sie habe ihn dieser immensen Anforderung ausgesetzt, sie habe sich so sehr gewünscht, mit ihm zusammenzusein, die letzten paar Monate seien die schlimmste Zeit ihres Lebens gewesen, und ihre Einsamkeit sei beinahe unerträglich gewesen.
    Immer wieder küßte er sie auf die Wange.
    »Ich bin gern bei dir«, sagte er. »Ich will hier sein. Ich will nirgendwo anders auf der Welt sein…«
    Er brach ab und dachte an das Flugzeug nach New Orleans. Na, das konnte warten. Und unbeholfen versuchte er, ihr zu erklären, daß er in dem Haus in der Liberty Street wie in einer Falle gesessen habe.
    »Ich bin nicht gekommen, weil ich wußte, daß dies passieren würde«, sagte sie. »Und du hattest recht: Ich wollte es wissen, ich wollte, daß du meine Hand mit deinen Händen berührst, daß du den Küchenboden berührst, da, wo er starb, ich wollte… weißt du, ich bin nicht das, was ich zu sein scheine…«
    »Ich

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