Hexenstunde
wieder. Ich hörte, wie Deborah mit mir sprach. Es war Deborah. Aber sie sah nicht aus wie auf diesem Bild, Aaron. Aaron, ich will Ihnen das am meisten überzeugende Indiz präsentieren.«
»Ja…?«
»Was Llewellyn Ihnen gesagt hat. Erinnern Sie sich. Er hat Ihnen erzählt, er habe Julien in einem Traum gesehen, und Julien sei anders gewesen als im Leben. Wissen Sie noch? Ja, sehen Sie, und das ist der Schlüssel. In meiner Vision war Deborah ein anderes Wesen. Und an dieser verdammten Straßenecke in San Francisco, da habe ich sie beide gespürt, und sie waren so, wie ich sie in Erinnerung hatte – weise und gut, und sie wußten manches, Aaron. Sie wußten, daß Rowan in schrecklicher Gefahr ist und daß ich eingreifen muß. Gott, wenn ich an Juliens Gesichtsausdruck denke, als er durch das Busfenster heraus schaute. Er war so… so drängend und doch ruhig. Mir fehlen die Worte, um es zu beschreiben. Er sah so besorgt und doch so zuversichtlich aus…«
»Ich glaube, ich weiß, was Sie sagen wollen.«
»Fahr nach Hause, sagten sie. Fahr nach Hause. Dort wirst du gebraucht. Aaron, warum hat er mich auf der Straße nicht direkt angeschaut?«
»Dafür kann es viele Gründe geben. Wenn sie irgendwo existieren, ist es schwer für sie, zu uns durch zu dringen. Für Lasher ist es nicht schwer. Und das ist entscheidend für unser Verständnis dessen, was vor sich geht. Aber darauf komme ich später zurück. Erzählen Sie erst weiter…«
»Sie können es sich schon denken, nicht wahr? Ich komme nach Hause – Privatflugzeug, Nobelkarosse am Flughafen, die ganze Nummer arrangiert von Cousin Ryan, als ob ich ein verdammter Rockstar wäre -, und sie fragt mich nicht mal, was passiert ist. Denn sie ist nicht Rowan. Sie ist Rowan, die von irgend etwas befangen ist. Rowan, die lächelt und schauspielert und mich anstarrt mit diesen großen, runden, traurigen grauen Augen. Aaron, das Schlimmste daran ist…«
»Sagen Sie’s mir, Michael.«
»Sie liebt mich, Aaron. Und es ist, als ob sie mich wortlos anflehte, sie nicht zur Rede zu stellen. Sie weiß, daß ich ihre Täuschung durchschaue. Gott, wenn ich sie berühre, fühle ich es doch! Und sie weiß, daß ich es fühlen kann. Und wortlos fleht sie mich an, sie nicht in die Ecke zu drängen und zum Lügen zu zwingen. Es ist, als bettelte sie darum, Aaron. Sie ist verzweifelt. Ich könnte schwören, sie hat sogar Angst.«
»Ja. Sie steckt mitten drin. Sie hat mit mir darüber gesprochen. Anscheinend hat irgendeine Art von Kommunikation begonnen, als Sie verreist waren. Möglicherweise sogar schon vorher.«
»Sie wußten es? Warum, zum Teufel, haben Sie mir nichts gesagt?«
»Michael, wir haben es mit einem Wesen zu tun, das weiß, was wir einander sagen – sogar jetzt, in diesem Augenblick.«
»O Gott!«
»Es gibt keinen Ort, wo wir uns vor ihm verstecken könnten«, sagte Aaron. »Außer vielleicht im Heiligtum unseres eigenen Geistes. Rowan hat mir vieles gesagt. Aber die Crux der Sache ist, daß die Schlacht jetzt allein in Rowans Händen liegt.«
»Aaron, es muß doch etwas geben, das wir tun können. Wir wußten, daß es passieren würde; wir wußten, daß es dazu kommen würde. Schon bevor Sie mich gesehen hatten, wußten Sie, daß es dazu kommen würde.«
»Michael, genau das ist es ja eben. Sie ist die einzige, die irgend etwas tun kann. Und indem Sie sie lieben und ganz nah bei ihr bleiben, benutzen Sie die uralten Werkzeuge, die Ihnen zu Gebote stehen.«
»Das kann doch nicht genügen!« Er konnte das alles kaum ertragen. »Sie hätten mich anrufen müssen, Aaron. Sie hätten es mir erzählen müssen.«
»Hören Sie, lassen Sie Ihren Zorn an mir aus, wenn Ihnen dann wohler ist. Aber tatsächlich hat sie mir verboten, Sie zu informieren. Sie hat mir sogar gedroht. Sie hat lauter Drohungen ausgesprochen; einige davon waren als Warnungen verhüllt – ihr unsichtbarer Gefährte wolle mich töten und werde es auch bald tun -, aber in Wahrheit waren es Drohungen.«
»Herrgott, wann ist denn das passiert?«
»Das ist nicht so wichtig. Jedenfalls hat sie gesagt, ich solle nach England zurück gehen, solange noch Zeit dazu sei.«
»Das hat sie gesagt?«
»Ja, aber ich werde es nicht tun. Was ich allerdings hier noch tun kann, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Ich weiß, sie wollte, daß Sie in Kalifornien bleiben, weil sie meinte, Sie seien dort in Sicherheit. Aber sehen Sie, die Situation ist jetzt zu kompliziert, als daß man das, was sie gesagt hat, noch
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