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Hexenstunde

Hexenstunde

Titel: Hexenstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Fleischlichen verschmelzen können und daß es durch Mutation und durch Unterwerfung geschieht.«
    »Ah, aber da liegt der Schlüssel. Du hast Angst vor dieser Unterwerfung. Du hast Angst davor, in einer Form verhaftet zu sein, aus der du nicht mehr entrinnen kannst. Dir ist klar, was es bedeutet, aus Fleisch und Blut zu sein, nicht wahr? Daß du nämlich deine Unsterblichkeit verlieren kannst? Daß du noch in der Umwandlung vernichtet werden kannst?«
    »Nein. Ich werde nichts verlieren. Und wenn ich in meiner neuen Form erschaffen bin, dann werde ich auch dir den Weg zu einer neuen Form eröffnen.«
    »Du willst sagen, ich kann unsterblich werden.«
    »Ja.«
    »Und das siehst du?«
    »Das habe ich immer gesehen. Du bist meine vollkommene Gefährtin. Du bist die Hexe aller Hexen. Du hast Juliens Kraft und die Kraft Mary Beths. Du hast die Schönheit von Deborah und Suzanne. Die Seelen der Toten sind in deiner Seele. Durch das Mysterium der Zellen sind sie herab gekommen zu dir, haben dich geformt und vervollkommnet. Du strahlst hell wie Charlotte. Du bist schöner als Marie Claudette oder Angelique. Du hast ein Feuer in dir, das heißer brennt als in Marguerite oder in meiner armen, unglückseligen Stella. Du hast Visionen, die weit größer sind als die, welche meine liebliche Antha oder Deirdre jemals hatten. Du bist die Eine.« »Sind die Seelen der Toten in diesem Haus?« »Die Seelen der Toten sind nicht mehr auf der Erde.« »Was hat Michael denn hier im Zimmer gesehen?« »Die Eindrücke, die die Toten hinterlassen haben. Diese Eindrücke entsprangen für ihn den Gegenständen, die er berührte. Sie gleichen den Rillen einer Schallplatte. Man legt die Nadel an die Rille, und der Sänger singt. Aber der Sänger ist nicht da.«
    »Aber warum haben sie sich um ihn herum gedrängt, als er die Puppen anfaßte?«
    »Ich sagte schon, es waren Eindrücke. Michaels Vorstellungskraft hat sie genommen und sie bewegt wie Marionetten. Wenn sie belebt waren, so waren sie es durch ihn.« »Warum haben die Hexen die Puppen dann gehabt?« »Um das gleiche Spiel zu spielen. Wie wenn du ein Photo deiner Mutter aufbewahrst – und wenn du es ins Licht hältst, scheinen die Augen lebendig zu strahlen. Vielleicht auch wegen des Glaubens, daß die tote Seele irgend wie erreicht werden könne, daß jenseits dieser Erde ein Reich der Ewigkeit liege.«
    »Ich glaube, sie riefen durch die Puppen die Seelen der Toten an.« »Wie beim Beten; das sagte ich ja. Und um sich an diesen Eindrücken zu wärmen. Mehr ist nicht möglich. Die Seelen der Toten sind nicht hier. Die Seele meiner armen Suzanne zog an mir vorbei aufwärts. Die Seele meiner Deborah stieg empor wie auf Flügeln, als ihr zarter Körper von den Bastionen der Kirche stürzte. Die Puppen sind Erinnerungsstücke, weiter nichts. Aber verstehst du es nicht? Nichts von all dem ist noch von Bedeutung. Wir verlassen das Reich der Zeichen und Erinnerungsstücke und Prophezeiungen. Wir gehen über in eine neue Existenz. Die Tür stelle dir vor, wenn du willst. Wir werden hindurch gehen, hinaus aus diesem Haus, hinaus in die Welt.«
    »Und diese Transmutation läßt sich wiederholen. Ist es das, was du mich glauben machen willst?«
    »Das ist es, was du weißt, Rowan. Ich lese das Buch des Lebens über deine Schulter hinweg. Es gibt Möglichkeiten, von denen wir nicht einmal angefangen haben zu träumen.«
    »Und ich werde unsterblich werden.«
    »Ja. Meine Gefährtin. Meine Geliebte. Unsterblich wie ich.«
    »Wann soll es geschehen?«
    »Wenn du es weißt, werde ich es wissen. Und du wirst es sehr bald wissen.«
    »Du bist dir meiner sehr sicher, nicht wahr? Ich weiß nicht, wie ich es anfangen soll. Das habe ich dir schon gesagt.«
    Schweigen.
    »Nein, geh weg von mir. Sprich nur. Mehr will ich jetzt nicht von dir.«
    »Du bist die Tür, meine Geliebte. Ich hungere nach dem Fleisch. Ich bin meiner Einsamkeit müde. Weißt du nicht, daß der Augenblick bevorsteht? Meine Mutter, meine Schöne… Dies ist die Zeit, da ich wieder geboren werde.«
    Sie schloß die Augen, fühlte seine Lippen im Nacken, fühlte seine Finger, die an ihrer Wirbelsäule entlangstrichen. Der Druck einer warmen Hand an ihrem Geschlecht, Finger, die in sie hineinglitten, Lippen an ihren Lippen. Finger drückten ihre Brustwarzen, schmerzhaft und köstlich.
    »Ich will dich mit meinen Armen umschlingen«, flüsterte er. »Andere werden kommen. Und du wirst ihnen stundenlang gehören, und ich muß hungrig abseits

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