Hexensturm
der Hölle bin ich für alles zu haben, was mir einen Vorteil verschafft.« Ich schlüpfte in die Handschuhe und ergriff eine der Handschellen. »Ich bin hin- und hergerissen, ob ich das Horn des Schwarzen Tiers mitnehmen soll oder nicht. Wir bekommen es mit Feen zu tun, und ich weiß nicht, ob es unseren Feinden nicht eher helfen könnte, statt sie zu verletzen.«
»Nimm es mit. Bitte. Wir brauchen es vielleicht, und was es bei Alten Feen bewirkt, erfährst du erst, wenn du es ausprobierst.«
»Das stimmt.« Ich steckte die Handschellen und die Geißel ein, und Delilah nahm das zweite Paar Handschellen und den eisernen Dolch. »Ich hole es schnell, dann können wir fahren.« Sie lief schon nach unten, während ich zu meinem Kleiderschrank ging, andere Schuhe anzog und dann das Horn aus dem Versteck unter einer Bodendiele holte, zusätzlich von einem Teppich verborgen.
Ich hielt das schimmernde Horn in die Höhe. Es war aus Kristall und mit goldenen und silbernen Adern durchzogen. Soweit ich wusste, war dieses Horn eines von nur neun des Schwarzen Einhorns. Bei jeder Reinkarnation warf es eines ab.
Und mit diesem Horn hatte ich das Schwarze Tier getötet und in seine nächste Inkarnation geschickt. Das Einhorn tollte jetzt als junger Hengst durch die Welt, um weitere tausend Jahre zu leben. Ich war das Mittel seiner Selbstopferung gewesen, und dadurch hatte ich mir, blutig und übel zugerichtet, meinen Platz als Priesterin der Mondmutter erkämpft.
Ich zögerte immer noch, es einzusetzen – jedes Mal hatte ich das Gefühl, als versuchte das Horn, irgendeine Art Macht über mich zu gewinnen. Davon hatte ich allerdings noch niemandem erzählt. Im Herzen des Horns wohnte Eriskel, der Dschindasel, durch den die Elementarkräfte des Horns ihre Energie kanalisierten. Und Eriskel leitete diese Kraft dann in mich.
Ich steckte das Horn in die tiefe, verborgene Tasche meines Rocks, die mit einem Klettverschluss gesichert war. Iris hatte die meisten meiner Röcke so umgearbeitet, dass ich das Horn sicher darin verwahren konnte. So konnte ich es mitnehmen, auch ohne den Umhang des Schwarzen Tiers zu tragen, der aus seiner Haut gefertigt war.
Ich schlüpfte in eine warme, schwarze Mikrofaserjacke, vergewisserte mich, dass meine Stiefel fest geschnürt waren, und fragte mich dabei, was uns wohl bevorstehen mochte. Den Beutel mit den Handschellen und der Eisengeißel befestigte ich an einem silbernen Gürtel. Delilah wartete draußen bei meinem Auto auf mich. Wir wollten zusammen fahren, und mein Lexus hatte Winterreifen und kam mit dem Schnee besser zurecht als ihr Jeep.
Schweigend schnallten wir uns an, und als ich den Wagen anließ, hauchte ich ein kurzes, aber inniges Gebet um Schutz. Ich konnte nur hoffen, dass die Mondmutter mich hörte.
Kapitel 6
A eval stand im verschneiten Park und wartete auf uns. Sie sah nicht gerade glücklich aus. Ich stupste Delilah mit dem Ellbogen an und sank in einen tiefen Knicks. Sie verneigte sich hastig.
»Genug. Ihr kommt zu spät. Das wird nicht wieder vorkommen, Camille, schon gar nicht, wenn du zu meinem Hof gehörst. Nun – bist du sicher, dass du die Gefälligkeit einfordern willst, die ich dir schuldig bin? Wegen eines bloßen Sterblichen?« Sie sah mir fest in die Augen, eine Erscheinung in Seide und zarten Schleiern, Funken in der Dunkelheit und Nebel einer Winternacht.
»Meine Königin, ich werde Euch nicht enttäuschen. Und ja, ich bin sicher.« Ich legte in einer uralten Geste der Ehrerbietung die Finger an die Stirn. »Was müssen wir tun?«
Umringt von fünf Leibwächtern schritt Aeval hinüber zu der Stelle, wo das Portal gewesen war. »Es ist hier – ich kann die Signatur sehen. Camille, komm her.«
Gehorsam trat ich neben sie. Sie stellte sich hinter mich, legte mir die Hände auf die Schultern und schnappte leise nach Luft. Dicht an meinem Ohr raunte sie: »Ich spüre Eisen in deiner Aura. Du bist schlau. Du wirst eine großartige Ergänzung meines Gefolges sein. Doch jetzt sieh hin, schau mit deiner Magie. Blicke durch die Augen der Mondmutter.«
Ich ließ den Blick verschwimmen und meine Gedanken treiben und betrachtete die Stelle wie durch Nebel. Und dann hatte ich es – da war sie, eine funkelnde Signatur. Das Portal, das wir gestern gesehen hatten, war gar nicht verschwunden. Es war hier, für Sterbliche unsichtbar und auch für Feen, die nicht gezielt danach suchten. Der blaue Wirbel knisterte und knackte vor Energie, und hinter uns hörte ich
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