Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexensturm

Hexensturm

Titel: Hexensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
Vom Netzwerk:
Toilette, schnell. Solange du kannst. Der Herr … ergötzt sich an Demütigungen.« Sie sprach leise, aber unmissverständlich. » Beeil dich. Das Läuten bedeutet, dass ich ihn zu dir bringen soll.«
    Hastig benutzte ich den Abtritt und wusch mir zitternd die Hände in der Schüssel mit kaltem Wasser daneben.
    Als ich hinter Hanna her durch ein Labyrinth aus Stollen ging, gab ich die Hoffnung immer noch nicht ganz auf, dass irgendein Wunder geschehen würde. Der Weg kann nur ein paar Minuten gedauert haben, aber mir kamen sie wie Stunden vor. Dann standen wir unvermittelt im Eingang zu einer riesigen Höhle. Im hinteren Bereich sah ich eine große Plattform, und vor diesem Podium stand ein kleinerer Thron, aus dem Fels des Berges gehauen. Irgendwoher wusste ich sofort, dass die Plattform für Hyto in seiner Drachengestalt war.
    Wir standen noch im Eingang, als ich ein leises Geräusch hinter dem Podium hörte. Im Schein des hellen Feuers auf einer Seite erschien Hyto in seinen fließenden Gewändern. Quer durch den Saal trafen sich unsere Blicke, und ohne mich aus den Augen zu lassen, ging er zu dem Thron und ließ sich darauf nieder. Dann befahl er mir mit einer knappen Geste, vorzutreten.
    Hanna stockte der Atem, und ich hörte deutlich, wie erstickt ihre Stimme klang, als sie mir übers Haar strich und mir zuraunte: »Es tut mir leid, Camille. Es tut mir leid. Ich hoffe … Ich werde da sein, wenn du … falls du …«
    »Falls ich überlebe«, sagte ich langsam. Und dann ging ich, weil mir nichts anderes übrigblieb, langsam hinein in die Höhle des Drachen.

    Tiefe Trommelschläge schienen meine Schritte zu begleiten – vielleicht war es mein pochendes Herz. Ich zitterte so sehr, dass mir die Zähne klapperten. Nichts hätte ich lieber getan, als meine Brüste zu bedecken, meinen halbnackten Körper, und mich irgendwo zu verstecken, aber ich wusste, dass er genau dieses Gefühl bei mir erzeugen wollte. Er wollte mich demütigen, mich brechen, also zwang ich mich, die Schultern zu straffen und nicht die Augen niederzuschlagen.
    Als ich näher trat, glitt sein Blick über meinen Körper, und sein Haar begann sich um ihn zu bewegen wie die Arme irgendeines wilden Geschöpfs, schlängelnd und beängstigend – ganz anders als Smokys Haar, wenn es sein Eigenleben entwickelte.
    »Ah, da kommt sie ja, mit rosigen Wangen und nackten Brüsten …« Hytos Stimme troff vor Sarkasmus, und er beugte sich vor. »Wenn du ein Drache wärst, müsste ich dich als hässliches Entlein bezeichnen. Aber für eine Sterbliche bist du recht ansehnlich.« Er machte eine Pause, und urplötzlich schoss eine Haarsträhne vor und traf mich so hart in die Magengrube, dass ich rücklings von den Füßen geschleudert wurde.
    Mit einem erschrockenen Aufschrei knallte ich auf den Felsboden. Die Rückseite meiner Oberschenkel schrammte über rauhe Kanten. Hyto lachte.
    »Steh auf, Mädchen. Sofort.«
    Ich rappelte mich hoch und bemühte mich, die Schmerzen von seinem Schlag zu ignorieren.
    »Regel Nummer eins: Wenn ich dich anspreche, wirst du mit ›Ja, Herr‹ antworten. Hast du verstanden?« Der Befehl ließ keinerlei Verhandlungsspielraum, und ich würde ihn nicht wegen so etwas verärgern. Es war viel klüger, meine Kräfte einzuteilen, und dieser Punkt war es nicht wert, darum zu kämpfen.
    »Ja, Herr«, zwang ich mich mit bebender Stimme zu sagen.
    »Du lernst schnell. Regel Nummer zwei: Wenn du vor mir erscheinst, kniest du nieder, bis ich dir befehle, aufzustehen.«
    »Ja, Herr.«
    Dieselbe Haarsträhne, die mich niedergeschlagen hatte, landete auf meiner Schulter. Ich wartete nicht auf weitere Aufforderungen, sondern fiel auf die Knie und wurde diesmal nicht geschlagen.
    Hyto stand auf und trat vor. Ich spürte deutlich, wie seine Laune umschlug.
    Ich war darauf trainiert, einen Gegner im Kampf nicht aus den Augen zu lassen, und es kostete mich große Überwindung, den Blick auf den Boden zu richten. Männern wie Hyto war ich schon ein paarmal begegnet – Männern, die absolute Macht, absolute Kontrolle haben wollten. Ebenso gut könnte man einem gereizten Hund ins Gesicht starren – sie waren fähig, wegen eines solchen Affronts zu töten. Ich spielte das Spielchen mit und erkaufte mir damit hoffentlich etwas Zeit.
    Obwohl ich kaum Aussicht hatte, heil und ganz wieder hier rauszukommen – je mehr jemand mich zu demütigen versuchte, umso stärker wurde mein Drang nach Rache. Hyto würde mich wahrscheinlich töten, aber

Weitere Kostenlose Bücher