Hexensturm
he … ist schon gut. Ich lebe noch. Ich wundere mich nur, wie du mich gefunden hast. Ich laufe schon eine ganze Weile hier draußen herum.« Langsam löste er sich von mir und lächelte auf mich herab. »Wie lange suchst du schon nach mir? Wie viel Zeit ist vergangen? Ich bin doch hoffentlich nicht seit Jahren verschollen, oder?«
Ich zitterte immer noch und erkannte erst allmählich, dass er keinen Schimmer hatte, was los war. Natürlich nicht – er saß ja in seiner eigenen, persönlichen Hölle fest.
»Chase … entschuldige … Ich bin nicht hier, weil ich dich suche, aber ich bin überglücklich, dass ich dich gefunden habe. Eigentlich versuche ich, Kontakt zu Smoky, Morio oder Trillian aufzunehmen. Hör zu – bitte, ich habe vielleicht nicht viel Zeit, bis ich gezwungen werde, aus der Trance aufzutauchen. Hyto hat mich entführt. Er hält mich in den Nordlanden fest, um Smoky in die Falle zu locken. Wenn du irgendwie einen Weg aus dem Astralraum herausfindest und sie dann noch nicht wissen, wo ich bin … bitte sag ihnen Bescheid. Und sag allen … dass ich sie liebhabe.«
Ich brach erneut in Tränen aus. Chase starrte mich einen Moment lang an, dann zog er mich in seine Arme, drückte sacht meinen Kopf an seine Schulter und tätschelte mir den Rücken.
»Ganz ruhig … das wird schon. Ich finde einen Weg hier raus, und dann kommen wir und retten dich. Hat er dich verletzt? Hat er …« Er verstummte und schüttelte den Kopf. »Du brauchst mir nicht zu antworten.«
Ich senkte den Kopf. »Er hat etwas Abscheuliches mit mir vor. Mehr weiß ich nicht. Bisher hat er mich nicht allzu schwer verletzt. Aber, Chase …« Auf einmal klang meine Stimme ganz heiser. »Ich glaube nicht, dass ich aus dieser Sache wieder herauskomme. Nicht ohne schweren Schaden zu nehmen. Wenn überhaupt. Versprich mir, dass du … falls er mich tötet, ehe ich fliehen kann, wirst du gut auf meine Familie aufpassen?«
Chase nickte – ich spürte, wie sich sein Kopf bewegte. Ich fühlte mich schon ein wenig besser, räusperte mich, trat zurück und trocknete meine Tränen. Immerhin war ich nicht die Einzige, die hilflos gefangen war. »Was ist mit dir? Wo bist du? Wir sind dir bis zu einem Ring aus Pilzen gefolgt, aber wir konnten nicht durchgehen, ohne zu wissen, was uns auf der anderen Seite erwartet. Hat der Sumpfschlinger dich in seiner Gewalt?«
Er neigte den Kopf zur Seite und machte ein verwirrtes Gesicht. »Der Sumpfschlinger? Gefällt mir gar nicht, wie sich das anhört … wer immer das sein mag. Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, wo ich bin. Irgendeine alte Hexe mit mehr Händen, als ich zählen möchte, hat mich durch dieses Portal gezerrt und ist mit mir losgerannt. Sie erinnert mich an eine Spinne. Ich bin ihr entkommen – ich habe meine Waffe gezogen und geschossen, aber inzwischen war ich orientierungslos. Sie hat mich wieder eingefangen, mit einem silbernen Faden, und mich durch diesen Ring aus Pilzen geschleppt. Dann wurde ich gefesselt in einer Höhle unter einem Hügel eingesperrt. Sie hat mir immerzu Honig und Brot gebracht und mich mit einer dieser vielen Hände in die Rippen gepiekst.«
»Wir haben deine Waffe und deine Uhr gefunden. Delilah hat sie.« Ich verzog das Gesicht. Sein Abenteuer hörte sich etwa so angenehm an wie das, was ich gerade durchmachte. »Wie viele Hände hat sie denn genau?«
Er zuckte mit den Schultern. »Weiß ich nicht, aber mindestens fünf oder sechs. Ich habe ernsthaft befürchtet, dass sie mich fressen wollte. Schließlich habe ich beschlossen, es einfach mal mit meinen neuen Kräften zu versuchen, was immer sich da in mir entwickelt, und … na ja … hier bin ich gelandet. Ich weiß gar nicht, wie … Ich habe keine Ahnung, ob mein Körper vielleicht noch dort ist.«
Ich fokussierte meinen Geist auf ihn und versuchte, den Umriss seiner Aura nachzuzeichnen. Aber die war fest, solide. Was zum Teufel …? Chase hatte es geschafft, sich körperlich auf die Astralebene zu versetzen? Wie hatte er das gemacht?
»Chase, ich weiß nicht, wie ich dir das erklären soll, aber du bist hier. Vollständig. Körperlich. Hör zu – sei ja vorsichtig. Hier draußen auf der Astralebene gibt es eine Menge fieser Geschöpfe, aber wenn du vorsichtig bist, findest du vielleicht jemanden, der dir helfen kann, wieder nach Hause zu kommen …«
Alles verschwamm mir vor Augen, und ich merkte, dass ich die Trance verlor. Anscheinend versuchte Hanna, mich zu wecken. »Ich muss
Weitere Kostenlose Bücher