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Hexensturm

Hexensturm

Titel: Hexensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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gehen. Bitte … pass gut auf dich auf. Ich hoffe, du findest wieder nach Hause.« Und dann saß ich urplötzlich wieder in dem Bassin, und Hanna nahm mir den Waschlappen weg und drückte mich unter Wasser. Ich prustete vor Schreck, zerrte an ihren Händen und versuchte, an die Oberfläche zu gelangen. Nach ein paar Augenblicken ließ sie los, und ich tauchte japsend auf.
    »Was soll das denn, verdammt? Willst du mich ertränken?« Ich spuckte einen Mundvoll von dem süßlich schmeckenden Wasser aus und sah mich nach etwas um, womit ich mir die brennenden Augen wischen konnte.
    Sie reichte mir ein überraschend weiches Handtuch und ließ mir Zeit, mir damit über die Augen zu fahren. »Ich habe dich gebeten, dir die Haare zu waschen, und du hast nicht gehorcht.« Sie nahm mir das Handtuch wieder weg und gab mir die Seife. »Jetzt wasch deine Locken und spül sie aus. Und zwar schnell, sonst mache ich das für dich.«
    Ich funkelte sie an, aber es wäre natürlich ein Fehler gewesen, ihr zu erklären, dass ich in Trance gewesen war und sie deshalb nicht gehört hatte. Ich verteilte Seife auf meinem Kopf und spülte sie wieder aus. Hanna brummte befriedigt und bedeutete mir dann, dass ich aufstehen sollte. Widerstrebend verließ ich das warme Wasser und spürte die Kälte der Höhle, ehe sie mich in ein frisches Handtuch hüllen konnte. Ich zog es fest um mich zusammen und versuchte, mich warm zu halten, während sie mich zu einer Bank an der Feuerstelle führte.
    Ich setzte mich, und sie nahm mir das Handtuch ab, wickelte mich stattdessen in eine Decke, holte dann einen groben Kamm hervor und begann mein wirres Haar zu kämmen. Gleich darauf hörte ich einen erstickten Laut hinter mir, und als ich mich zu ihr umwandte, sah ich Tränen in ihren Augen. Sie schaute finster drein.
    »Hanna? Was ist?«
    Sie schüttelte erst den Kopf, doch dann sagte sie: »So habe ich meinen kleinen Mädchen immer das Haar gekämmt. Lange und gründlich gekämmt und dann geflochten. Sie mochten das so sehr. Das war unsere besondere Zeit zusammen, jeden Tag, wenn alle Arbeit getan war. Du erinnerst mich an eine von ihnen. Sie kommt nach ihrem Vater, mit dunklem Haar und heller Haut.«
    Das könnte nützlich sein, dachte ich und seufzte dann über meine eigene Abgebrühtheit. Aber hier ging es um mein Leben. Ich musste jede Möglichkeit nutzen.
    »Wie hieß sie denn? Und wie alt war sie?«
    »Ein junges Mädchen – alt genug zum Heiraten, aber noch sehr jung. Sie hieß Sinofar. Sie war … sie war sehr schön, und viele junge Männer wollten sie zur Frau. Aber sie wollte nicht heiraten – noch nicht. Sie hat sich ein Leben voller Abenteuer gewünscht. Und jetzt … jetzt weiß ich nicht einmal, ob sie noch am Leben ist. Wahrscheinlich werde ich sie und ihre Schwestern nie wiedersehen«, erzählte Hanna leise und zog den Kamm immer sanfter durch mein Haar.
    Ich biss mir auf die Lippe, atmete dann tief ein und langsam wieder aus. »Das fühlt sich gut an. Danke.«
    »Hmpf.« Hanna runzelte die Stirn, als ich wieder über die Schulter zu ihr aufblickte, kämmte aber weiter, und zehn Minuten später war mein Haar halb trocken und begann sich wieder zu wellen. Ich sagte nichts mehr, sondern kauerte mich so nah wie möglich ans Feuer und versuchte, mich warm zu halten.
    »Dir ist wohl kalt, Mädchen?«
    »Ich heiße Camille«, sagte ich langsam. »Und ja, mir ist kalt.«
    »Die Nordlande sind das Herz des Winters. Hier wird es niemals warm. Im Sommer schmilzt der Schnee ein wenig, ein paar dürftige Pflanzen und Blumen wachsen, aber wirklich warm ist es nie.«
    »Ich weiß. Ich war gerade von einer Reise in die Nordlande nach Hause gekommen, als Hyto mich entführt hat. Ich war bei Wolfslied und seinen Leuten, in der Nähe von Hels Röcken.« Es war ein gewisses Risiko, den Großen Geist des Winterwolfs zu erwähnen, aber ich war bereit, es einzugehen.
    Hanna ließ ihren Kamm fallen. »Wolfslied? Du kennst den Schneefürsten?«
    »Ja, allerdings.« Ich stand auf und drehte mich zu ihr um. »Er war ein sehr freundlicher und großzügiger Gastgeber. Er ist ein Freund. Ein mächtiger Verbündeter. Ich glaube sogar, er ist nicht weit von hier, nicht wahr?«
    Ihr Blick huschte immer wieder angstvoll zum Käfig ihres Sohnes, und sie zögerte einen Moment, ehe sie den Kamm aufhob. »Dein Haar ist fast trocken. Jetzt musst du dich anziehen, der Herr erwartet dich in seinem Gemach.«
    Scheiße. Das war nicht genug, um sie dazu zu bringen, dass sie

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