Hexensturm
was wir schon durchgemacht hatten, und das stärkte meine Entschlossenheit. Hyto mochte mich umbringen, aber gewinnen würde er nicht. Ganz gleich, was noch geschehen mochte, gegen mich würde er nicht gewinnen. Zumindest würde ich dafür sorgen, dass der Schweinehund höllische Schmerzen litt, ehe er mir ein Ende machte.
Kapitel 12
N ach dem Bad konnte ich aus eigener Kraft aus dem Bassin steigen, aber ich war völlig erschöpft und wollte nur noch schlafen. Hanna konnte mir das Halsband nicht abnehmen, also musste ich es wohl weiter tragen. Es stank nach Hyto, und so hatte ich ihn ständig in der Nase.
»Bitte, hast du vielleicht etwas gegen den Geruch?« Ich wies auf das Lederband. »Es stinkt nach ihm.«
Rasch holte sie einen kleinen Tiegel, und ich strich mir etwas von der Salbe darin unter die Nase. Sie roch beinahe wie Erkältungsbalsam … intensiv genug, um den Drachengestank zu übertünchen, ohne Hyto später zu verärgern. Erleichtert und in eine dicke Decke gewickelt, ließ ich mich von ihr zum Tisch führen, wo schon eine leichte Mahlzeit aus Eiern, Apfelkompott, Brot und Honig auf mich wartete.
»Das dürfte dein Magen vertragen«, erklärte Hanna und reichte mir noch ein Glas Wein. »Du musst essen, damit du bei Kräften bleibst. Aber vorher … ich bringe dich ungern in Verlegenheit …«
»Was ist?« Ich dachte mir, dass sie mich kaum schlimmer demütigen konnte, als Hyto es bereits getan hatte.
»Ich muss eine Salbe auf deine Oberschenkel und … dein Geschlecht auftragen. Der Herr hat dich ziemlich übel zugerichtet, meine Liebe. Und wir wollen doch nicht, dass die Wunden sich entzünden.« Sie hielt einen Tiegel hoch.
Errötend nickte ich, lehnte mich zurück und spreizte die Beine. Rasch und sanft strich sie die Salbe auf die Verletzungen zwischen meinen Beinen. Dann tupfte sie noch etwas davon auf die violetten Blutergüsse, die sich auf meinem Rücken und meinem Bauch bildeten.
»Das wird auch gegen die Prellungen helfen. So, jetzt iss, und dann musst du schlafen. Wir haben keine Ahnung, wann er wieder nach dir verlangen wird.« Sie wickelte mich wieder fest in die Decke ein, so fürsorglich, als brächte sie ein kleines Kind zu Bett.
»Wie lange … wie oft … hat er denn nach seinen anderen Spielzeugen verlangt?« Ich blickte zu ihr auf und wollte eigentlich lieber nicht wissen, wie viele Frauen Hyto im Lauf seines Lebens schon gequält hatte.
Hanna schluckte schwer. »Du bist die Erste, die aus seinem Gemach zurückgekehrt ist.«
Ich starrte sie an. »Und die anderen …«
»Eine Nacht. In den letzten paar Jahren habe ich die Knochen von mindestens zwei Dutzend jungen Frauen entsorgt … Der Herr hat sich diese Höhlen vor einer Weile eingerichtet, schon bevor …« Hanna blickte sich um und senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Bevor seine Frau ihn aus den Drachenreichen verjagt hat. Ich bin seit fünf Jahren seine Gefangene. In dieser Zeit sind alle Frauen, die er hierhergebracht hat, zu Tode gekommen.«
Wieder einmal drehte es mir den Magen um. Er hatte dieses Gemach also schon benutzt, während er noch mit Smokys Mutter verheiratet gewesen war. Ich fragte mich, ob sie davon wusste. Und wenn ja, was sie wohl davon hielt? Ich konnte mir kaum vorstellen, dass sie erfreut darüber gewesen wäre. Nach allem, was Iris mir über Drachen erzählt hatte, standen Silberdrachen – wie Smokys Mutter – an der Spitze der Drachenhierarchie. Da konnte es einem eigentlich nur peinlich sein, wenn der eigene Mann als weißer Drache sich so etwas erlaubte.
Und dann wurde mir erst richtig bewusst, was Hanna gerade gesagt hatte. »Du bist seit fünf Jahren hier? Und dein Sohn?« Ich blickte zu dem Käfig hinüber, in dem der Junge lag und schlief.
»Kjell steckt seit fünf langen Jahren in diesem Käfig. Er … er hat schon eine ganze Weile nichts mehr zu mir gesagt. Er kann nicht mehr sprechen. Ich weiß nicht einmal, ob er mich verstehen kann. Aber er mag es, wenn ich ihm etwas vorsinge.« Ihre leise Stimme verstummte, sie neigte den Kopf zur Seite, und lautlose Tränen liefen ihr über die Wangen.
Ich hätte mit ihr weinen können. Um Hanna. Um Kjell. Um Dutzende von Frauen, die Hyto ermordet hatte. Um mich. Um meine Liebsten, so weit weg von hier. Um alles Elend der Welt. Aber die ungeheuerliche Dimension dessen, was ich heute erlebt hatte, traf mich mit der Wucht eines Vorschlaghammers, und ich sackte am Tisch zusammen. »Es tut mir leid. Ich kann nicht mehr. Ich muss
Weitere Kostenlose Bücher