Hexensturm
aber, mich aufrecht zu halten. Dann schlug ich alle Vorsicht in den Wind, starrte zu ihm auf und weigerte mich, den Blick niederzuschlagen. Ich wollte mir sein Gesicht einprägen, jeden Zug, jede Falte und Narbe. Denn irgendwie würde ich es schaffen und ihn eines Tages sterben sehen – unter Schmerzen, rasend vor Wut und Qual.
Aber jetzt musste ich erst einmal überleben. Er wartete, bereit, mich für meine Aufsässigkeit erneut zu bestrafen. Also sagte ich nur: »Ja, Herr.«
Und dann war er weg, verschwunden wie ein Dieb in der Nacht, und ich blieb allein zurück.
Als ich mich auf dem Boden zusammenkrümmte, eilte auch schon Hanna herein. Ein einziger Blick in ihr Gesicht sagte mir, dass sie alles mit angesehen hatte. Stumm streckte sie den Arm aus und erlaubte mir, mich auf sie zu stützen, während sie mich zu dem kleinen Gemach zurückbrachte. Ich konnte kaum gehen, und Blut rann an meinen Oberschenkeln hinab, die sein rauhes, brutales Haar wund gescheuert hatte.
»Bitte nimm mir dieses Halsband ab.« Ich zog daran, doch sie schüttelte den Kopf.
»Der Herr hat es mit Magie verschlossen. Es lässt sich nicht ausziehen. Es tut mir leid, Camille, es tut mir so schrecklich leid.« Sie hatte schon ein neues, heißes Bad vorbereitet.
»Wie lange … wie lange war ich bei ihm?« Es kam mir vor wie eine Ewigkeit.
»Die halbe Nacht, meine Liebe. Hier – das wird brennen, aber mit warmem Wasser und diesen Kräutern heilen deine Wunden schneller. Steig in die Wanne.« Sie zog mir die Kleider aus und warf sie in eine Ecke.
Ich schaffte es nicht einmal, über den niedrigen Rand des Bassins zu steigen, so sehr tat mir alles weh. Hanna biss sich auf die Lippe und half mir in das heiße Wasser. Ich wimmerte vor Schmerz, doch allmählich breitete sich eine willkommene Taubheit in meinen Beinen und meinem Bauch aus. Hanna musste dem Bad irgendetwas Betäubendes zugesetzt haben.
Stumm starrte ich in das Wasser, auf die Blutergüsse und Schürfwunden, die meinen Körper bedeckten, und all meine tapferen Vorsätze lösten sich in Tränen auf. Mein Magen rebellierte, und ich drehte mich rasch zur Seite und auf die Knie, um mich über den Rand des Bassins zu beugen. Hanna bemerkte mein Problem und brachte mir eine Schüssel. Ich erbrach alles, was ich vorhin gegessen hatte. Sie hielt mir den Kopf, strich mir übers Haar und wischte mir Stirn und Nacken mit einem feuchten Tuch ab.
Als ich fertig war, reichte sie mir etwas Wasser. Ich spülte den Mund aus, und dann drängte sie mich zurück in die Wanne und gab mir einen Becher heißen Tee zu trinken. Der süße Duft von Beeren stieg mir in die Nase und beruhigte mich ein wenig.
»Danke.«
Sie biss sich auf die Lippe. »Ich will mehr tun. Ich will mehr für dich tun …«
»Dein Sohn. Ich weiß.«
»Was ich tue, ist nicht richtig. Ich bin zur Kriegerin geboren worden. Jetzt diene ich einem bösen Drachen, der mich mit meinem eigen Fleisch und Blut erpresst. Ich bin ein Feigling.« Scham stand ihr ins Gesicht geschrieben, als sie mir einen Waschlappen und ein Stück Seife brachte. Sie bedeutete mir, mich vornüberzubeugen. »Ich glaube, ich muss ein paar Entscheidungen treffen«, murmelte sie und wusch mir den Rücken. Sacht streifte der Waschlappen meine zerschundene Haut.
»Ich werde dich nicht bitten, etwas für mich zu tun. Aber falls du dich dafür entscheidest, mir zu helfen … Ich könnte Hilfe wirklich brauchen.« Trübsinnig nippte ich an meinem Tee. Der besänftigte meinen Magen und auch ein wenig die Krämpfe und Schmerzen von Hytos Misshandlung.
Smoky hatte mich niemals so behandelt. Wir spielten auch Fesselspielchen, aber die waren liebevoll – einvernehmlich, vergnüglich, lustvoll. Nicht schmerzhaft.
Hyto hatte mich auf eine Art attackiert, die ich noch nie erlebt hatte. Vor Jahren hatte mein damaliger Vorgesetzter – Lathe – mich erpressen wollen, damit ich mit ihm ins Bett ging. Mit Trillians Hilfe war es mir gelungen, seine Pläne zu vereiteln. Aber das hier … diese brutale Schändung …
Ich dachte an Menolly und die Folter, die sie in Dredges Händen hatte ertragen müssen, und dieser Gedanke verlieh mir Kraft. Hyto hatte mich verletzt, ja, und er würde mich wahrscheinlich umbringen, aber nicht auch noch zum Vampir machen. Und bisher hatte ich die Demütigungen, die er so sehr genoss, ertragen können. Im Lauf der Jahre hatte ich gelernt, stark zu bleiben.
Ich fand Trost in Gedanken an zu Hause, wo ich geliebt wurde, an alles,
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